12.03.2014

Abschreibungen für ein Gebäude können beim die Herstellungskosten tragenden nutzenden Nichteigentümer berücksichtigt werden

Für ein Gebäude, das nicht im Eigentum des Nutzenden steht, für das er aber die Herstellungs- oder Anschaffungskosten getragen hat, sind Abschreibungen und Zinszahlungen beim Nutzenden und Zahlenden gewinnmindernd zu berücksichtigen. Die Berechtigung zur Vornahme von AfA setzt nicht voraus, dass der Steuerpflichtige Eigentümer des Wirtschaftsguts ist, für das er Aufwendungen getätigt hat; ausschlaggebend ist vielmehr, ob er selbst Aufwendungen im betrieblichen Interesse trägt.

FG Düsseldorf 12.2.2014, 7 K 407/13 E
Der Sachverhalt:
Die Kläger sind für das Streitjahr 2006 zusammen zur Einkommensteuer veranlagte Eheleute. Der Kläger erzielte erhebliche Einkünfte aus einer selbständigen Tätigkeit, die Klägerin rd. 3.000 € Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Anfang 2001 erwarben die Kläger ein Haus, das sie in Wohnungseigentum aufteilten. Das Erdgeschoss wurde der Klägerin zugeordnet. In diesen Räumen betreibt der Kläger eine Praxis für Naturheilkunde. Das Obergeschoss des Hauses gehört dem Kläger, es wird von den Klägern zu eigenen Wohnzwecken genutzt. Der Anteil der Praxisräume an der Gesamtfläche beträgt 54 Prozent.

Die Praxisetage wurde von der Klägerin an den Kläger vermietet. Der Mietzins betrug laut Mietvertrag, dem jedoch Deckblatt und Unterschriften fehlen, zunächst 3.370 DM, zzgl. 200 DM Vorauszahlungen auf die Betriebskosten, und erhöhte sich am 1.7.2004, 2006 und 2008 um jeweils 120 DM (Staffelmiete). Zahlungen erfolgten durch Überweisung von einem gemeinsamen Konto "x". Dieses Konto wurde im Wesentlichen durch die Einnahmen des Klägers aus seiner selbständigen Tätigkeit gefüllt. Empfängerin war ein Konto "y" der Klägerin, über das diese alleine verfügungsberechtigt ist. Von Oktober 2004 bis Mai 2005 wurde entsprechend der zum 30.06.2004 vereinbarten Miete mtl. 1.825 € mit dem Vermerk "Miete" überwiesen. Im Folgenden wurden vom Konto "x" mtl. 3.174 € auf das Konto "y" überwiesen. Dieser Betrag wurde als "Umbuchung" bezeichnet. Im Streitjahr wurde insgesamt ein Betrag von 38.096 € überwiesen.

Zur Finanzierung hatte die Klägerin Darlehen aufgenommen, für die sich der Kläger verbürgte. Die Zins- und Tilgungsleistungen für das Darlehen wurden vom gemeinsamen Konto der Kläger "x" erbracht. In der Einkommensteuererklärung erklärte der Kläger 51.072 € Raumkosten, darin enthalten Miete und Pacht 38.096 €, sowie Heizung, Gas, Strom und Wasser. Die Klägerin erklärte für die an den Kläger vermietete Wohnung Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung i.H.v. 21.449 €. Das Finanzamt erkannte das Mietverhältnis nicht an; die erklärten Einkünfte der Klägerin aus Vermietung und Verpachtung blieben unberücksichtigt. Die Betriebsausgaben des Klägers aus seiner Naturheilpraxis wurden um den Aufwand "Miete und Pacht" erhöht. Hiergegen legten die Kläger Klage ein.

In der mündlichen Verhandlung erklärten die Kläger, die steuerrechtliche Anerkennung des Mietverhältnisses für das Streitjahr nicht mehr zu begehren. Die Kläger beantragen nunmehr, den Bescheid dahin zu ändern, dass bei den Einkünften aus selbständiger Tätigkeit des Klägers (Naturheilpraxis) weitere 20.181 € Betriebsausgaben anerkannt werden. Das FG gab der Klage statt. Die Revision zum BFH wurde zur Fortbildung des Rechts zugelassen.

Die Gründe:
Der von den Klägern ursprünglich vertretenen Auffassung, die geltend gemachten Beträge seien im Rahmen der Einkünfte der Klägerin aus Vermietung und Verpachtung als Werbungskosten steuermindernd zu berücksichtigen, war nicht zu folgen. Vermietungseinkünfte aus der Vermietung der Geschäftsräume durch die Klägerin an den Kläger sind hier nicht zu berücksichtigen, weil dem Mietverhältnis jedenfalls im Streitjahr die steuerliche Anerkennung zu versagen ist. Die geltend gemachten Aufwendungen sind jedoch nach § 7 EStG bei den Einkünften des Klägers aus sonstiger selbständiger Tätigkeit zu berücksichtigen.

Nach der neueren Rechtsprechung des BFH zur Frage der Afa für Gebäude, die nicht im Eigentum des Nutzenden stehen, für die er aber die Herstellungs- oder Anschaffungskosten getragen hat, sind Abschreibungen beim Nutzenden und Zahlenden zu berücksichtigen. Die Berechtigung zur Vornahme von AfA setzt danach nicht voraus, dass der Steuerpflichtige Eigentümer des Wirtschaftsguts ist, für das er Aufwendungen getätigt hat. Ausschlaggebend ist vielmehr, ob er selbst Aufwendungen im betrieblichen Interesse trägt. Das allen Einkunftsarten zugrundeliegende Nettoprinzip, demzufolge die erwerbssichernden Aufwendungen von den steuerpflichtigen Einnahmen abgezogen werden, gebietet grundsätzlich den Abzug der vom Steuerpflichtigen zur Einkunftserzielung getätigten Aufwendungen auch dann, wenn und soweit diese Aufwendungen auf in fremdem Eigentum stehende Wirtschaftsgüter erbracht werden.

In diesen Fällen wird der Aufwand bilanztechnisch "wie ein materielles Wirtschaftsgut" behandelt. Das bedeutet, dass die Herstellungskosten für ein fremdes Gebäude als Posten für die Verteilung eigenen Aufwands zu aktivieren und nach den für Gebäude geltenden AfA-Regeln abzuschreiben sind. Für den Abzug von Herstellungskosten durch AfA als Betriebsausgaben ist allein entscheidend, dass der Steuerpflichtige die Aufwendungen im eigenen betrieblichen Interesse selbst trägt und er das Wirtschaftsgut für betriebliche Zwecke nutzen darf. Die entgegenstehende ältere Rechtsprechung ist durch den Beschluss des Großen Senats des BFH vom 23.8.1999 (GrS 1/97) überholt. Die Voraussetzung, dass der Steuerpflichtige, der das Wirtschaftsgut für eigene betriebliche Zwecke nutzt, die Aufwendungen im eigenen betrieblichen Interesse selbst getragen hat, ist, wie der Große Senat in der vorgenannten Entscheidung klargestellt hat, jedenfalls dann gegeben, wenn der Steuerpflichtige (Mit-)Schuldner (§ 421 BGB) eines Darlehens ist, mit dem die Anschaffung oder Herstellung des Gebäudes finanziert wird, bei dem er die Tilgungen mitträgt.

Wie aus dem nachfolgenden Satz des Beschlusses deutlich wird, ist aber entscheidend nicht die mitschuldnerische Stellung, sondern allein, wer die laufenden Verpflichtungen aus dem Darlehen getragen hat. Maßgeblich ist allein die tatsächliche Tragung der Zins- und Tilgungsleistungen, nicht aber die schuldrechtliche Verpflichtung dazu. Eine Betrachtung, die hier auf die rein schuldrechtliche Stellung des Zahlenden abstellt, nicht aber auf die tatsächliche wirtschaftliche Belastung, steht im Widerspruch zum objektiven Nettoprinzip.

Die Aufwendungen wurden hier vom Kläger getragen. Die Zins- und Tilgungsleistungen für die zur Finanzierung der Räumlichkeiten aufgenommenen Darlehen wurden in den Streitjahren vom Konto "x" erbracht. Wegen der wirtschaftlichen Zuordnung dieses Kontos zur Sphäre des Klägers, die aus der nahezu ausschließlichen Zufuhr von Mitteln des Klägers und nicht der Klägerin zum Kontokorrent herzuleiten ist, folgt, dass der Kläger die Aufwendungen für die von ihm betrieblich genutzten Räume getragen hat. Er ist damit unter Anwendung der vorgenannten, aus dem objektiven Nettoprinzip abgeleiteten Grundsätze zur Geltendmachung der Afa berechtigt.

Linkhinweis:

FG Düsseldorf online
Zurück