19.08.2014

Abzugsverbot für Bestechungsgelder umfasst auch Kosten des Strafverfahrens und einen für verfallen erklärten Betrag

Das für die "Zuwendung von Vorteilen sowie damit zusammenhängende Aufwendungen" geltende Abzugsverbot des § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 10 EStG erfasst nicht nur Bestechungsgelder als solche, sondern auch die Kosten eines nachfolgenden Strafverfahrens. Außerdem fallen die Aufwendungen, die aufgrund einer im Strafurteil ausgesprochenen Verfallsanordnung entstehen, unter das oben genannte Abzugsverbot.

BFH 14.5.2014, X R 23/12
Der Sachverhalt:
Der Kläger betrieb ein Unternehmen zur Planung und Einrichtung von Kfz-Werkstätten. Er war zertifizierter Werkstatteinrichter des großen Automobilkonzerns A. Im Jahr 1996 kam es zu einer Absprache zwischen ihm sowie einem Angestellten der A., nämlich dem X. Dieser hatte damals unselbständige Niederlassungen sowie der selbständige Vertragshändler der A. in Fragen der Werkstattausrüstung und der entsprechenden Auftragsvergabe beraten. In der Absprache verpflichtete sich der Kläger, 50 % der "Erlöse" aus den Aufträgen für A-Niederlassungen und Vertragshändler an die X-GmbH abzuführen. Alleingesellschafterin der X-GmbH, deren Unternehmensgegenstand mit demjenigen des Betriebs des Klägers identisch war, war die Ehefrau des X, Frau Y. Geschäftsführer war der gemeinsame Sohn S.

Das LG verurteilte den Kläger im Jahr 2007 wegen Bestechung im geschäftlichen Verkehr (§ 299 Abs. 2 StGB) zu einer Bewährungsstrafe von zwei Jahren. Ferner ordnete es den Verfall von Wertersatz i.H.v. 210.000 € an. Dem Urteil lag u.a. ein umfassendes Geständnis des Klägers zugrunde. Das LG ging davon aus, dass der Kläger die Zahlungen geleistet habe, um bei der durch X. beeinflussten Vergabe von Aufträgen der A-Niederlassungen und -Vertragshändler bevorzugt zu werden. Zweck der Vereinbarung sei es außerdem gewesen, die X-GmbH bei der Auftragsvergabe "niederzuhalten".

Infolgedessen erließ das Finanzamt geänderte Einkommensteuer- und Gewerbesteuermessbescheide für 1999 und 2000, in denen es die Zahlungen an X. lediglich zu 50 % als Betriebsausgaben zuließ. Dies beruhte auf der Annahme, dass die andere Hälfte der Zahlungen auf einer - nicht strafbaren - Wettbewerbsabsprache zwischen dem Kläger und der X-GmbH (bzw. Frau Y.) beruhten. Außerdem lehnte die Finanzbehörde den Antrag des Klägers ab, für die Streitjahre 2003 und 2005 Rückstellungen für den Verfallsbetrag und für die Kosten des Strafverfahrens zu bilden.

Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Und auch die Revision vor dem BFH blieb erfolglos.

Die Gründe:
Rückstellungen konnten weder für 2003 noch für 2005 gebildet werden, da sowohl die Kosten des Strafverfahrens als auch Beträge, die aufgrund der strafgerichtlichen Anordnung des Verfalls des Wertersatzes zu zahlen waren, unter das Abzugsverbot des § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 10 EStG i.V.m. § 299 Abs. 2 StGB fielen.

Auch wenn der Kläger nur mit der Hälfte der Zuwendungen den Tatbestand des § 299 Abs. 2 StGB erfüllt hatte, war der Gesamtbetrag der Kosten des Strafverfahrens nicht abziehbar. Schließlich war die Höhe der Kosten des Strafverfahrens nicht dadurch beeinflusst worden, dass nur die Hälfte der Zahlungen der Erlangung einer unlauteren Bevorzugung des Klägers durch X., die andere Hälfte aber der Ausschaltung des Wettbewerbs zwischen dem Kläger und der X-GmbH dienen sollte. Es handelte sich vielmehr um einheitliche Zahlungen; der Kläger war im Strafverfahren nicht etwa von einem Teil der Anklagevorwürfe freigesprochen worden; die Höhe der Verfahrenskosten hing von der differenzierten strafrechtlichen Einordnung der Zahlungen nicht ab.

Auch eine Rückstellung für die Beträge, die der Kläger als Verfall des Wertersatzes zu zahlen hatte, konnte nicht gebildet werden. Zwar war der Anwendungsbereich des Abzugsverbots nach § 12 Nr. 4 EStG nicht eröffnet. Es handelte sich vielmehr dem Grunde nach um Betriebsausgaben, die auch nicht unter das Abzugsverbot nach § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 8 EStG fielen. Ebenso wie Kosten des Strafverfahrens sind aber auch für verfallen erklärte Beträge als "mit der Zuwendung von Vorteilen zusammenhängende Aufwendungen" gem. § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 10 EStG vom Betriebsausgabenabzug ausgeschlossen.

Aus verfassungsrechtlichen Gründen durfte es zwar nicht zu einer Belastungskumulation und einer Über-Abschöpfung kommen. Dies wäre etwa der Fall, wenn nicht nur die korruptiv erlangten Gewinne einkommensteuerpflichtig sind, sondern auch der Verfall einerseits die Bruttoerlöse ohne Berücksichtigung einer ertragsteuerlichen Belastung umfasste, die ertragsteuerliche Behandlung andererseits den verfallenen (Brutto-)Betrag vom Betriebsausgabenabzug ausschlösse. Das LG hatte allerdings bei der Bemessung des Verfallsbetrags die Ertragsteuerbelastung berücksichtigt, sodass das Abzugsverbot im Streitfall nicht zu einer verfassungswidrigen Übermaßbesteuerung führte.

Letztlich konnten auch die Kosten des Strafverfahrens nicht unter dem Gesichtspunkt der außergewöhnlichen Belastung einkommensteuerrechtlich berücksichtigt werden. Kosten der Strafverteidigung, die einem wegen einer vorsätzlichen Tat verurteilten Steuerpflichtigen entstanden sind, können nicht als außergewöhnliche Belastungen abgezogen werden (Urt. v. 16.4.2013, Az.: IX R 5/12). Im Streitfall kam hinzu, dass die dem Kläger entstandenen Aufwendungen dem Grunde nach Betriebsausgaben darstellten und deshalb gem. § 33 Abs. 2 S. 2 EStG nicht zu außergewöhnlichen Belastungen führen konnten.

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