12.01.2023

Alle weiteren am 12.1.2023 veröffentlichten Entscheidungen des BFH

Hier finden Sie die Leitsätze der weiteren am Donnerstag veröffentlichten Entscheidungen des BFH. Mit den Auswirkungen und Konsequenzen setzen sich die Autoren unserer steuerrechtlichen Zeitschriften vertiefend auseinander.


BFH v. 24.8.2022 - XI R 3/22
Kein Vorsteuerabzug für bürgerliche Kleidung
Der Vorsteuerabzug für bürgerliche Kleidung des Unternehmers ist nach § 15 Abs. 1a Satz 1 UStG ausgeschlossen, soweit es sich bei den hierfür aufgewendeten Beträgen um unverzichtbare Aufwendungen für die private Lebensführung i.S. des § 12 Nr. 1 EStG handelt (Anschluss an BFH-Urteil vom 16.03.2022 - VIII R 33/18, BFHE 276, 120, BStBl II 2022, 614). Es bleibt offen, ob das Abzugsverbot nach § 15 Abs. 1a Satz 1 UStG i.V.m. § 12 Nr. 1 EStG unionsrechtskonform ist.


BFH v. 18.8.2022 - V R 15/20
Formelle Satzungsmäßigkeit einer ausländischen Satzung
1. Der nationale Gesetzgeber ist unionsrechtlich nicht verpflichtet, einen Gemeinnützigkeitsstatus nach ausländischem Recht anzuerkennen.

2. Die Festschreibung des Satzungszwecks und die Art seiner Verwirklichung in der Satzung sollen es der Finanzbehörde ermöglichen, die Voraussetzungen der Steuervergünstigung leicht und einwandfrei zu überprüfen. Dies ist nicht der Fall, wenn in der Satzung auf ausländische Regelungen verwiesen wird, die vom nationalen Recht abweichen, und sich auch sonst aus der Satzung selbst nicht ergibt, dass die Anforderungen des nationalen Gemeinnützigkeitsrechts gewahrt werden.

3. Wird nach den Angaben in der Satzung neben einem begünstigten Zweck ein nicht begünstigter Zweck verfolgt, verstößt die Satzung gegen das Gebot der Ausschließlichkeit i.S. von §§ 51 Abs. 1 Satz 1, 56 AO.


BFH v. 3.8.2022 - XI R 44/20
Zur Aufrechnung im Insolvenzverfahren
1. Entsteht ein Vorsteuerberichtigungsanspruch dadurch, dass das Insolvenzgericht einen vorläufigen Insolvenzverwalter mit allgemeinem Zustimmungsvorbehalt bestellt, liegt keine anfechtbare Rechtshandlung vor.

2. Lohnsteuer ist nicht Teil eines Bargeschäfts i.S. des § 142 InsO, wenn es weder zu einer zeitnahen Zahlung derselben noch zu einer zeitnahen Aufrechnung mit dieser gekommen ist.


BFH v. 1.6.2022 - III R 56/20
Gewerbesteuerrechtliche Hinzurechnung von Mieten für Mehrwegbehältnisse im Handel
1. Eine gewerbesteuerrechtliche Hinzurechnung von Mieten für Mehrwegbehältnisse scheidet aus, wenn das Vertragsverhältnis neben der Gebrauchsüberlassung auch umfangreiche Werk-, Dienstleistungs- und Transportvertragselemente enthält und das Mietvertragselement dem gesamtvertraglichen Leistungsbündel nicht das Gepräge gibt.

2. Gibt ein Handelsunternehmen seinem mit ihm in einer dauerhaften Geschäftsbeziehung stehenden Lieferanten vor, dass dieser die Ware in einem bestimmten Steigentyp zu liefern hat, führt eine wiederholte Anmietung dieses Steigentyps bei unterstelltem Eigentum zur Annahme von Anlagevermögen.


BFH v. 1.6.2022 - VII R 3/20
Hinzurechnung von Beförderungskosten bei passiver Veredelung
Bei der Wiedereinfuhr von Veredelungserzeugnissen nach einer passiven Veredelung sind die Beförderungskosten bis zum Ort des Verbringens der Waren in das Zollgebiet der Union gemäß Art. 71 Abs. 1 Buchst. e Ziff. i UZK in den Zollwert einzubeziehen und den Kosten für den außerhalb des Zollgebiets der Union vorgenommenen Veredelungsvorgang (Art. 86 Abs. 5 UZK) hinzuzurechnen.


BFH v. 29.9.2022 - V R 4/20
Zur zeitnahen Dokumentation der Zuordnungsentscheidung
Steht anhand objektiver Anhaltspunkte, die innerhalb der Zuordnungsfrist erkennbar geworden sind, fest, dass der Steuerpflichtige einen Gegenstand dem Unternehmen zugeordnet hat, ist es nicht zusätzlich erforderlich, dass er die erfolgte Zuordnung der Finanzverwaltung innerhalb dieser Frist mitteilt (Anschluss an BFH-Urteile vom 04.05.2022 - XI R 28/21 (XI R 3/19), BFH/NV 2022, 878, und XI R 29/21 (XI R 7/19), BFH/NV 2022, 881).


BFH v. 29.9.2022 - V R 29/20
Vorsteuerabzug und private Verwendung im Rahmen eines Ehegatten-Vorschaltmodells
1. Der Erwerb eines PKW zur langfristigen Überlassung an den freiberuflich tätigen Ehegatten kann eine unternehmerische (wirtschaftliche) Tätigkeit begründen.

2. Der Vorsteuerabzug des Vermieters eines PKW ist nicht systemwidrig und daher auch nicht missbräuchlich. Dies gilt bei einer Vermietung unter Ehegatten jedenfalls für die Vermietung von PKW, die nicht dem unmittelbaren Familienbedarf dienen.

3. Einer Besteuerung der privaten Verwendung des vermieteten PKW durch den Vermieter-Ehegatten steht eine vertraglich geregelte Vollvermietung an den anderen Ehegatten nicht entgegen.
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