Alle weiteren am 25.5.2023 veröffentlichten Entscheidungen des BFH
BFH v. 20.4.2023 - III R 25/22
Änderung von Antrags- und Wahlrechten
1. Die Ausübung von Antrags- oder Wahlrechten, die dem Grunde nach keiner zeitlichen Begrenzung unterliegen, kann geändert werden, solange der entsprechende Steuerbescheid nicht formell und materiell bestandskräftig ist.
2. Die Änderung des Wahlrechts auf Inanspruchnahme der ermäßigten Besteuerung nach § 34 Abs. 3 EStG kommt im Falle einer partiellen Durchbrechung der Bestandskraft nur in Betracht, wenn die damit verbundenen steuerlichen Folgen nicht über den durch § 351 Abs. 1 AO und § 177 AO gesetzten Rahmen hinausgehen Dies gilt auch dann, wenn die partielle Durchbrechung der Bestandskraft des Folgebescheids durch einen den Veräußerungsgewinn ändernden Grundlagenbescheid ausgelöst wird.
3. Die Änderungsvorschrift des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO durchbricht die Bestandskraft nur insoweit, als ein Folgebescheid an den Grundlagenbescheid anzupassen ist.
4. Die Rücknahme des Antrags nach § 34 Abs. 3 EStG stellt kein rückwirkendes Ereignis i.S. des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO dar.
BFH v. 14.12.2022 - VII R 21/21
Anpassung des steuerfreien Rententeils nach Einführung der "Mütterrente"
1. Die Erhöhung einer bereits laufenden gesetzlichen Altersrente durch einen Zuschlag an persönlichen Rentenentgeltpunkten für Kindererziehungszeiten ("Mütterrente") führt zu einer Anpassung des bisherigen steuerfreien Teils der Rente (Rentenfreibetrag). Hierbei bleiben zwischenzeitliche regelmäßige Rentenanpassungen außer Betracht.
2. Bezieht ein Steuerpflichtiger Altersrenten sowohl aus einer berufsständischen Versorgungseinrichtung als auch aus der gesetzlichen Rentenversicherung und kann er wegen Beitragszahlungen oberhalb des Höchstbeitrags zur gesetzlichen Rentenversicherung hinsichtlich der Rente aus der berufsständischen Versorgungseinrichtung zum Teil die Ertragsanteilsbesteuerung beanspruchen (sog. Öffnungsklausel), erstreckt sich dieses Recht nicht auch auf die Besteuerung der gesetzlichen Rente.
3. Der steuerfreie Teil der Rente nach § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa Satz 4 EStG ist ohne Berücksichtigung desjenigen Teils der Rentenleistungen zu berechnen, der auf Antrag des Steuerpflichtigen der Ertragsanteilsbesteuerung unterliegt (Anschluss an Senatsurteil vom 03.05.2017 - X R 12/14, BFHE 258, 317, Rz 24 ff.).
4. § 127 FGO ist auch dann anwendbar, wenn ein geänderter Steuerbescheid nicht während des Revisionsverfahrens, sondern während des vorgelagerten Verfahrens der Nichtzulassungsbeschwerde ergangen ist und gemäß § 121 Satz 1, § 68 Satz 1 FGO zum Gegenstand des Verfahrens geworden ist.
BFH v. 18.1.2023 - I R 16/19
BgA bei Beteiligung an gewerblich tätiger Personengesellschaft
1. Beteiligt sich eine juristische Person des öffentlichen Rechts an einer gewerblich tätigen Personengesellschaft, wird hierdurch ein BgA (hier: BgA Beteiligung) begründet (Bestätigung der Rechtsprechung, z.B. Senatsurteil vom 29.11.2017 - I R 83/15, BFHE 260, 327, BStBl II 2018, 495, Rz 18, m.w.N.). Fungiert die Personengesellschaft als Holdinggesellschaft und begründet sie ertragsteuerrechtliche Organschaften mit Tochter-Kapitalgesellschaften, werden durch die Tätigkeiten der Tochtergesellschaften keine weiteren BgA vermittelt.
2. Das steuerliche Ergebnis einer Beteiligung an einer Personengesellschaft, durch die auf Ebene einer juristischen Person des öffentlichen Rechts ein BgA begründet wird, kann nur dann durch Erfassung der Beteiligung als gewillkürtes Betriebsvermögen eines weiteren BgA (hier: BgA Hallenbad) mit dem steuerlichen Ergebnis jenes weiteren BgA verrechnet werden, wenn die Voraussetzungen der sog. Zusammenfassungsgrundsätze erfüllt sind.
BFH v. 13.12.2022 - VII R 49/20
Energiesteuerverbindlichkeiten als Masseverbindlichkeiten
1. § 55 Abs. 4 InsO in der Fassung des Haushaltsbegleitgesetzes vom 09.12.2010 (BGBl I 2010, 1885, 1893) erfasste auch Energiesteuerverbindlichkeiten.
2. Verbindlichkeiten werden nach § 55 Abs. 4 InsO nur im Rahmen der für den vorläufigen Insolvenzverwalter bestehenden rechtlichen Befugnisse begründet (Fortführung BFH-Urteil vom 24.09.2014 - V R 48/13 (BFHE 247, 460, BStBl II 2015, 506).
3. Energiesteuerverbindlichkeiten können nur dann Masseverbindlichkeiten nach § 55 Abs. 4 InsO darstellen, wenn sie aus sog. Neugeschäften entstehen, weshalb durch bereits bei Bestellung des schwachen vorläufigen Insolvenzverwalters bestehende Lieferverträge ("Altgeschäfte") keine Masseverbindlichkeiten begründet werden können.
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Änderung von Antrags- und Wahlrechten
1. Die Ausübung von Antrags- oder Wahlrechten, die dem Grunde nach keiner zeitlichen Begrenzung unterliegen, kann geändert werden, solange der entsprechende Steuerbescheid nicht formell und materiell bestandskräftig ist.
2. Die Änderung des Wahlrechts auf Inanspruchnahme der ermäßigten Besteuerung nach § 34 Abs. 3 EStG kommt im Falle einer partiellen Durchbrechung der Bestandskraft nur in Betracht, wenn die damit verbundenen steuerlichen Folgen nicht über den durch § 351 Abs. 1 AO und § 177 AO gesetzten Rahmen hinausgehen Dies gilt auch dann, wenn die partielle Durchbrechung der Bestandskraft des Folgebescheids durch einen den Veräußerungsgewinn ändernden Grundlagenbescheid ausgelöst wird.
3. Die Änderungsvorschrift des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO durchbricht die Bestandskraft nur insoweit, als ein Folgebescheid an den Grundlagenbescheid anzupassen ist.
4. Die Rücknahme des Antrags nach § 34 Abs. 3 EStG stellt kein rückwirkendes Ereignis i.S. des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO dar.
BFH v. 14.12.2022 - VII R 21/21
Anpassung des steuerfreien Rententeils nach Einführung der "Mütterrente"
1. Die Erhöhung einer bereits laufenden gesetzlichen Altersrente durch einen Zuschlag an persönlichen Rentenentgeltpunkten für Kindererziehungszeiten ("Mütterrente") führt zu einer Anpassung des bisherigen steuerfreien Teils der Rente (Rentenfreibetrag). Hierbei bleiben zwischenzeitliche regelmäßige Rentenanpassungen außer Betracht.
2. Bezieht ein Steuerpflichtiger Altersrenten sowohl aus einer berufsständischen Versorgungseinrichtung als auch aus der gesetzlichen Rentenversicherung und kann er wegen Beitragszahlungen oberhalb des Höchstbeitrags zur gesetzlichen Rentenversicherung hinsichtlich der Rente aus der berufsständischen Versorgungseinrichtung zum Teil die Ertragsanteilsbesteuerung beanspruchen (sog. Öffnungsklausel), erstreckt sich dieses Recht nicht auch auf die Besteuerung der gesetzlichen Rente.
3. Der steuerfreie Teil der Rente nach § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa Satz 4 EStG ist ohne Berücksichtigung desjenigen Teils der Rentenleistungen zu berechnen, der auf Antrag des Steuerpflichtigen der Ertragsanteilsbesteuerung unterliegt (Anschluss an Senatsurteil vom 03.05.2017 - X R 12/14, BFHE 258, 317, Rz 24 ff.).
4. § 127 FGO ist auch dann anwendbar, wenn ein geänderter Steuerbescheid nicht während des Revisionsverfahrens, sondern während des vorgelagerten Verfahrens der Nichtzulassungsbeschwerde ergangen ist und gemäß § 121 Satz 1, § 68 Satz 1 FGO zum Gegenstand des Verfahrens geworden ist.
BFH v. 18.1.2023 - I R 16/19
BgA bei Beteiligung an gewerblich tätiger Personengesellschaft
1. Beteiligt sich eine juristische Person des öffentlichen Rechts an einer gewerblich tätigen Personengesellschaft, wird hierdurch ein BgA (hier: BgA Beteiligung) begründet (Bestätigung der Rechtsprechung, z.B. Senatsurteil vom 29.11.2017 - I R 83/15, BFHE 260, 327, BStBl II 2018, 495, Rz 18, m.w.N.). Fungiert die Personengesellschaft als Holdinggesellschaft und begründet sie ertragsteuerrechtliche Organschaften mit Tochter-Kapitalgesellschaften, werden durch die Tätigkeiten der Tochtergesellschaften keine weiteren BgA vermittelt.
2. Das steuerliche Ergebnis einer Beteiligung an einer Personengesellschaft, durch die auf Ebene einer juristischen Person des öffentlichen Rechts ein BgA begründet wird, kann nur dann durch Erfassung der Beteiligung als gewillkürtes Betriebsvermögen eines weiteren BgA (hier: BgA Hallenbad) mit dem steuerlichen Ergebnis jenes weiteren BgA verrechnet werden, wenn die Voraussetzungen der sog. Zusammenfassungsgrundsätze erfüllt sind.
BFH v. 13.12.2022 - VII R 49/20
Energiesteuerverbindlichkeiten als Masseverbindlichkeiten
1. § 55 Abs. 4 InsO in der Fassung des Haushaltsbegleitgesetzes vom 09.12.2010 (BGBl I 2010, 1885, 1893) erfasste auch Energiesteuerverbindlichkeiten.
2. Verbindlichkeiten werden nach § 55 Abs. 4 InsO nur im Rahmen der für den vorläufigen Insolvenzverwalter bestehenden rechtlichen Befugnisse begründet (Fortführung BFH-Urteil vom 24.09.2014 - V R 48/13 (BFHE 247, 460, BStBl II 2015, 506).
3. Energiesteuerverbindlichkeiten können nur dann Masseverbindlichkeiten nach § 55 Abs. 4 InsO darstellen, wenn sie aus sog. Neugeschäften entstehen, weshalb durch bereits bei Bestellung des schwachen vorläufigen Insolvenzverwalters bestehende Lieferverträge ("Altgeschäfte") keine Masseverbindlichkeiten begründet werden können.