27.07.2011

AltEinkG gilt auch für Rentennachzahlung

Rentennachzahlungen, die für Jahre vor 2005 geleistet werden, können nicht mit dem Ertragsanteil, sondern müssen mit dem durch das AltEinkG normierten Besteuerungsanteil besteuert werden, wenn die Rentenzahlungen erst nach dem 1.1.2005, dem Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes, zugeflossen sind. Die Anwendung des AltEinkG auf Nachzahlungen einer Rente, deren Beginn vor 2005 liegt, ist verfassungsgemäß.

BFH 13.4.2011, X R 1/10
Der Sachverhalt:
Die Klägerin hatte im Streitjahr 2005 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung erhalten, die bis Ende 2006 befristet war. Der Rentenantrag der damals 54-Jährigen von Februar 2003 war zunächst abgelehnt worden. Auf den hiergegen gerichteten Widerspruch der Klägerin fiel der Abhilfebescheid vom Februar 2005 positiv aus. Die bis Ende Dezember 2004 entstandenen, aber erst 2005 ausgezahlten Renten betrugen rund 10.691 €.

Das Finanzamt besteuerte die Nachzahlung gem. § 22 Nr. 1 S. 3a Doppelbuchst. aa EStG i.d.F. des AltEinkG vom 5.7.2004 mit einem Besteuerungsanteil von 50 %. Hiergegen wandte sich die Klägerin. Sie war der Ansicht, die Nachzahlung sei nach dem bis zum 31.12.2004 geltenden Recht zu besteuern, und zwar mit einem Ertragsanteil i.H.v. 4 %.

Das Niedersächsische FG gab der Klage statt. Es war der Auffassung, Nachzahlungen für eine Zeit vor dem Inkrafttreten des AltEinkG seien jedenfalls dann noch nach der alten Rechtslage zu besteuern, wenn der Steuerpflichtige seine Rente so frühzeitig beantragt habe, dass er die Zahlungen vor dem 1.1.2005 hätte erwarten können. Auf die Revision des Finanzamtes hob der BFH das Urteil auf und wies die Klage ab.

Die Gründe:
Die von der Klägerin im Jahr 2005 bezogene Erwerbsminderungsrente war zu Recht mit einem Besteuerungsanteil von 50 % der Besteuerung unterworfen worden. Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit der Einbeziehung der Erwerbsminderungsrenten in die Vorschrift des § 22 Nr. 1 S. 3a Doppelbuchst. aa EStG bestanden nicht.

Die gesetzliche Neuregelung der Besteuerung der Renten ist ausdrücklich auf alle Rentenzahlungen anzuwenden, die nach dem 31.12.2004 zugeflossen sind. Sowohl die laufenden Rentenbezüge der Klägerin als auch die Rentennachzahlungen waren Leistungen i.S.d. § 22 Nr. 1 S. 3a Doppelbuchst. aa EStG, weil sie aus der gesetzlichen Rentenversicherung stammten. Es gab keinen Anlass anzunehmen, dass Nachzahlungen nicht von dieser Vorschrift umfasst sein sollten. So bestand für eine Einschränkung dieser Vorschrift vor allem keine verfassungsrechtliche Notwendigkeit.

§ 52 Abs. 1 S. 1 EStG i.d.F. des AltEinkG bestimmt, dass die neue Fassung des § 22 Nr. 1 S. 3a EStG erstmals für den Veranlagungszeitraum 2005 anzuwenden ist, soweit in den folgenden Absätzen nichts anderes geregelt ist. Die Vorschrift war - im Gegensatz zur Auffassung der Kläger und des FG - nicht im Wege einer teleologischen Auslegung so zu reduzieren, dass Nachzahlungen von Renten - dazu gehören sowohl Erwerbsminderungsrenten als auch Altersrenten -, die bis zum 31.12.2004 entstanden und erst ab dem Veranlagungszeitraum 2005 ausgezahlt wurden, nach der bisherigen Systematik besteuert werden. Eine solche Rechtsfortbildung setzt eine verdeckte Regelungslücke voraus, die nicht erkennbar war.

Zwar bestand eine weitere Besonderheit des Streitfalls darin, dass die Klägerin nach eigener Aussage alles getan hatte, um noch im Jahr 2004 die Rentenzahlungen zu erhalten, es aber auf Grund von Umständen, die - wie sie behauptete - nicht von ihr zu beeinflussen waren, nicht zu einer rechtzeitigen Auszahlung vor dem 1.1.2005 gekommen war. Ein besonders gelagerter Einzelfall erfordert jedoch keine gesetzliche Einschränkung des generellen Anwendungsbereichs eines Grundprinzips der Einkommensbesteuerung, nämlich der Besteuerung des tatsächlich verwirklichten und nicht des gewünschten Sachverhalts.

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BFH PM Nr. 57 vom 27.7.2011
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