05.12.2019

Änderbarkeit der Steuerfestsetzung als Voraussetzung für die Verlustfeststellung

Weder die gleichzeitige Nacherklärung noch die dieser zugrunde liegenden Unterlagen derselben Bank stellen den notwendigen sachlichen Zusammenhang her. Nichts anderes ergäbe sich, wenn als maßgebliche Tatsache nicht der Saldo aller Gewinne und Verluste aus privaten Veräußerungsgeschäften angesehen würde, sondern der Gewinn oder Verlust aus jedem einzelnen privaten Veräußerungsgeschäft.

FG München 12.9.2019, 10 K 3043/18
Der Sachverhalt:
Die Kläger hatten in ihren Einkommensteuererklärungen für 2007 und 2008 (eingegangen im Juli 2008 und August 2009) alle Kästchen zu privaten Veräußerungsgeschäften ("lt. Anlage SO", "wurden nicht getätigt", "führten zu einem Gewinn von weniger als 512 bzw. 600 €") durchgestrichen. Anlagen SO reichten sie nicht ein. Das Finanzamt setzte die Einkommensteuer für 2007 auf 1.766 € und für 2008 auf 2.156 € fest.

Im Dezember 2014 reichten die Kläger Nacherklärungen u.a. betreffend Einkommensteuer 2007 und 2008 ein. Sie erklärten weitere Einnahmen und Werbungskosten bei Einkünften der Klägerin aus Kapitalvermögen sowie Verluste der Klägerin aus privaten Veräußerungsgeschäften gem. § 23 EStG aufgrund von X-Bank getätigter Wertpapiergeschäfte i.H.v. 1.259 € in 2007 und 18.008 € in 2008 nach. Zum Ende des Jahres 2006 gab es keine Verlustfeststellung. Das Finanzamt setzte die Einkommensteuer daraufhin auf 2.373 € (2007) und 2.555 € (2008) fest. Dabei berücksichtigte es höhere Einkünfte der Klägerin aus Kapitalvermögen. In den Erläuterungen zur Festsetzung führte es u.a. aus, Verluste aus privaten Veräußerungsgeschäften seien wegen groben Verschuldens am nachträglichen Bekanntwerden nicht zu berücksichtigen.

Die Kläger begehrten weiterhin, verbleibende Verlustvorträge zum Ende des Jahres 2007 und 2008 mit Verlusten aus Wertpapiergeschäften gem. § 23 Abs. 3 Satz 8 Halbsatz 2 EStG i.H.v. 1.494 € aus 2006, 1.259 € aus 2007 und 18.008 € aus 2008 festzustellen. Sie waren der Ansicht, dass die Klägerin als steuerliche Laiin kein grobes Verschulden i.S.d. § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO treffe, soweit sie die Verluste aus Wertpapiergeschäften nicht laufend erklärt habe. Das Finanzamt ging darauf nicht ein. Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Allerdings wurde wegen grundsätzlicher Bedeutung die Revision zum BFH zugelassen.

Die Gründe:
Die Einkommensteuerbescheide 2007 und 2008 sind verfahrensrechtlich nicht mehr änderbar. Dass die Einkommensteuerbescheide aus anderen Gründen geändert und daraufhin angefochten worden waren, genügt nicht.

Eine Änderung nach § 173 Abs. 1 AO schied aus. Zwar führte der nacherklärte Verlust aus privaten Veräußerungsgeschäften nicht zu einer niedrigeren Einkommensteuerfestsetzung. Bei der von den Klägern begehrten Berücksichtigung des Verlusts handelt es sich aber dennoch um eine die Klägerin begünstigende Tatsache, da eine gesonderte Feststellung des Verlusts erfolgen soll. An dem nachträglichen Bekanntwerden der Tatsache trifft die Klägerin ein grobes Verschulden. Die Kläger hatten - wahrheitswidrig - in der Steuererklärung für 2007 und 2008 das Kästchen mit der Frage nach privaten Veräußerungsgeschäften durchgestrichen. Die Klägerin hätte die Bankunterlagen schon für die Erstellung der Steuererklärungen anfordern können und müssen. Die Entstehung von Verlusten aus privaten Veräußerungsgeschäften wäre dann nicht erst durch die Nacherklärung in 2014 bekannt geworden.

Das Verschulden der Klägerin ist nicht nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 AO unbeachtlich. Denn anders als die Kläger meinten, besteht kein jedenfalls mittelbarer sachlicher Zusammenhang im Sinne dieser Vorschrift der Verluste aus privaten Veräußerungsgeschäften mit den nacherklärten Einkünften oder Einnahmen aus Kapitalvermögen. Weder die gleichzeitige Nacherklärung noch die dieser zugrunde liegenden Unterlagen derselben Bank stellen den notwendigen sachlichen Zusammenhang her. Nichts anderes ergäbe sich, wenn als maßgebliche Tatsache nicht der Saldo aller Gewinne und Verluste aus privaten Veräußerungsgeschäften angesehen würde, sondern der Gewinn oder Verlust aus jedem einzelnen privaten Veräußerungsgeschäft.

Eine andere Korrekturnorm war nicht ersichtlich.
 
Bayern.Recht
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