07.12.2020

Änderung eines Grunderwerbsteuerbescheids nach Kaufpreisherabsetzung aufgrund vertraglich vereinbarter Anpassungsklausel

Die Herabsetzung der Gegenleistung i.S.d. § 16 Abs. 3 GrEStG ermöglicht keine Änderung nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO. Eine entsprechende Anwendung des § 16 Abs. 3 Nr. 2 GrEStG auf einen im Kaufvertrag vereinbarten, einseitig durchsetzbaren Anspruch auf Herabsetzung der Gegenleistung ist nicht möglich.

BFH v. 22.7.2020 - II R 32/18
Der Sachverhalt:
Mit notariell beurkundetem Vertrag vom 28.10.2008 hatte die Klägerin von einer GmbH Ackerflächen, Grünland, Umland, Wald und sonstige Flächen zu einem Gesamtkaufpreis von 1.003.973,90 € erworben. Der Erwerb bedurfte der Genehmigung nach der Grundstücksverkehrsordnung. Am 1.12.2008 teilte der Notar dem seinerzeit zuständigen Finanzamt mit, dass der Kaufvertrag rechtswirksam geworden sei. Mit Bescheid vom 10.2.2009 setzte die Behörde Grunderwerbsteuer i.H.v. 35.139 € fest. Als Bemessungsgrundlage zog es den Kaufpreis heran. Der Bescheid wurde bestandskräftig.

Mit Urteil des LG vom 15.4.2015 wurde die GmbH verurteilt, an die Klägerin 131.550,81 € nebst Zinsen zu zahlen, da nach dem Ausgleichleistungsgesetz (AusglLeistG) der zutreffende Kaufpreis 872.423,09 € betrage. Die GmbH zahlte die Differenz am 10.6.2015 an die Klägerin zurück. Den daraufhin von der Klägerin mit Schreiben vom 18.8.2015 gestellten Antrag auf Änderung der festgesetzten Grunderwerbsteuer - ausgehend nunmehr von einer Bemessungsgrundlage i.H.v. 872.422 € lehnte das mittlerweile zuständig gewordene Finanzamt ab. Es war der Ansicht, die Voraussetzungen des § 16 Abs. 3 GrEStG seien nicht erfüllt.

Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage statt. Auf die Revision des Finanzamtes hob der BFH das Urteil auf und wies die Klage ab.

Gründe:
Entgegen der Auffassung des FG konnte der Grunderwerbsteuerbescheid aufgrund der Herabsetzung des Kaufpreises nicht nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO geändert werden. Eine Änderungsbefugnis ergibt sich auch nicht aus anderen Vorschriften. Das Finanzamt hatte die Grunderwerbsteuer in zutreffender Höhe festgesetzt.

Im Streitfall lag zwar eine von § 16 Abs. 3 GrEStG erfasste Herabsetzung der Gegenleistung vor, jedoch waren die übrigen Voraussetzungen für die begehrte Änderung der bestandskräftigen Steuerfestsetzung nicht erfüllt. Wird die Gegenleistung für das Grundstück herabgesetzt, so wird auf Antrag die Steuer entsprechend niedriger festgesetzt oder die Steuerfestsetzung geändert, wenn die Herabsetzung innerhalb von zwei Jahren seit der Entstehung der Steuer stattfindet (§ 16 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG).Gemäß § 16 Abs. 3 Nr. 2 GrEStG ist eine Herabsetzung der Steuer auf Antrag bei Herabsetzung der Gegenleistung für das Grundstück unbefristet möglich, wenn die Herabsetzung (Minderung) aufgrund des § 437 BGB vollzogen wird.

Ob aufgrund des nachträglichen Bekanntwerdens von neuen Tatsachen oder Beweismitteln ein Anspruch auf Änderung des unstreitig bestandskräftigen Bescheids nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO gegeben wäre, konnte im Streitfall dahingestellt bleiben. Denn für eine Änderung war die vierjährige Festsetzungsverjährungsfrist bereits abgelaufen.

§ 5 Abs. 2 Satz 2 BewG begründete ebenfalls keinen Anspruch auf Herabsetzung der bestandskräftig festgesetzten Grunderwerbsteuer. Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 BewG werden Wirtschaftsgüter, die unter einer auflösenden Bedingung erworben sind, wie unbedingt erworbene behandelt. Tritt die Bedingung ein, so ist die Festsetzung der nicht laufend veranlagten Steuern auf Antrag nach dem tatsächlichen Wert des Erwerbs zu berichtigen. Der Antrag ist bis zum Ablauf des Jahres zu stellen, das auf den Eintritt der Bedingung folgt (§ 5 Abs. 2 Sätze 1 und 2 BewG).

§ 5 Abs. 1 Satz 1 BewG bezieht sich auf Wirtschaftsgüter, die unter einer auflösenden Bedingung erworben sind. Ein solcher Fall lag im Streitfall nicht vor. Auch eine entsprechende An-wendung des § 16 Abs. 3 Nr. 2 GrEStG bei einem bereits im Kaufvertrag vereinbarten, einseitig durchsetzbaren Anspruch auf Herabsetzung der Gegenleistung war nicht möglich. Mangels Regelungslücke schied auch eine die Änderungsmöglichkeiten nach § 16 Abs. 3 GrEStG erweiternde entsprechende Anwendung des § 5 Abs. 2 BewG oder Berücksichtigung der erst mit Entscheidung des LG entstandenen Erstattungsverpflichtung als aufschiebend bedingte Last (entsprechend § 6 Abs. 2 BewG) aus.
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