22.04.2021

Anerkennung einer ausländischen Stiftung als gemeinnützig richtet sich alleine nach deutschem Recht

Bei der Prüfung der Voraussetzungen der §§ 51, 59, 60 und 61 AO ist allein das (innerstaatliche) deutsche Recht maßgeblich, unabhängig davon, dass die betreffende Körperschaft im Ausland ansässig ist. Die Bundesrepublik Deutschland ist auch aus Gründen des Unionsrechts - insbesondere der Grundfreiheiten - nicht verpflichtet, den Gemeinnützigkeitsstatus ausländischen Rechts anzuerkennen.

Niedersächsisches FG v. 4.5.2020 - 6 K 53/18
Der Sachverhalt:
Klägerin war eine rechtsfähige Stiftung nach österreichischem Recht, die unter Anwendung des sog. Typenvergleichs nach ihrer wirtschaftlichen und rechtlichen Struktur einem deutschen Körperschaftsteuersubjekt entspricht. Sie fällt damit in den Anwendungsbereich des § 2 Nr. 1 KStG, sodass im Streitfall das Verfahren wegen gesonderter Feststellung gem. § 60a Abs. 1 Satz 1 AO i.V. mit § 60a Abs. 2 Nr. 2 AO über die Einhaltung der satzungsmäßigen Voraussetzungen nach den §§ 51, 59, 60 und 61 AO als Annexverfahren zur Körperschaftsteuer anzuwenden war.

Die Klägerin verfügte über Vermögen im Inland sowie in Österreich und war nach österreichischem Recht als gemeinnützig anerkannt. Nach ihrer Satzung ist Stiftungszweck die Förderung von Kunst und Kultur, insbesondere des politischen deutschsprachigen Kabaretts im Sinne des Lebenswerkes des Stifterehepaares. Nach den weiteren Bestimmungen der Satzung verfolgt die Stiftung mildtätige und gemeinnützige Ziele im Sinne der österreichischen Bundesabgabenordnung. Die Satzung der Klägerin entspricht nicht vollständig der Mustersatzung nach § § 60 Abs. 1 Satz 2 AO.

Mit dem Fragebogen zur steuerlichen Erfassung anlässlich der Errichtung der Klägerin beantragte die Klägerin die Erteilung eines ges. Feststellungsbescheides nach § 60a AO. Das Finanzamt lehnte den Antrag ab. Grundsätzlich sei das Verfahren nach § 60a AO als Annexverfahren zur Körperschaftsteuerveranlagung auch bei - wie der Klägerin - beschränkt steuerpflichtigen Körperschaften anzuwenden. Die Klägerin erfülle jedoch nicht die satzungsmäßigen Voraussetzungen der Abgabenordnung.

Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage statt. Allerdings wurde die Revision zum BFH zugelassen.

Die Gründe:
Das Finanzamt ist zum Erlass eines Feststellungsbescheides nach § 60a AO verpflichtet.

Die Satzung der Klägerin erfüllt durchaus die Voraussetzungen der §§ 51, 59, 60 und 61 AO. Ausgangspunkt und Maßstab der Prüfung ist dabei allein das (innerstaatliche) deutsche Recht, unabhängig davon, dass die betreffende Körperschaft im Ausland ansässig ist. Die Bundesrepublik Deutschland ist auch aus Gründen des Unionsrechts - insbesondere der Grundfreiheiten - nicht verpflichtet, den Gemeinnützigkeitsstatus ausländischen Rechts anzuerkennen.

Ausgangspunkt und Maßstab sind allein § 5 Abs. 1 Nr. 9 Satz 1 KStG i.V. mit §§ 52 ff. AO. Die Satzung der Klägerin muss daher gem. § 60 Abs. 1 Satz 2 AO die in der Anlage 1 zur AO bezeichneten Festlegungen enthalten. Dabei ist bei der im Streitfall vorliegenden grenzüberschreitenden Gemeinnützigkeit im Anwendungsbereich der unionsrechtlichen Grundfreiheiten jedoch zu berücksichtigen, dass ausländische Körperschaften typischerweise keine den Vorgaben des § 60 Abs. 1 Satz 2 AO entsprechende Satzung haben, sodass die vorgenannten Regelungen eine (mittelbare) Diskriminierung der ausländischen Körperschaften beinhalten, ohne dass hierfür eine Rechtfertigung besteht.

§ 60 Abs. 1 Satz 2 AO muss damit im Lichte der Grundfreiheiten einschränkend in der Weise ausgelegt werden, dass im Ergebnis auch eine nicht in deutscher Sprache abgefasste Satzung genügt, wenn diese materiell vergleichbare Festlegungen enthält. Dies muss zur Überzeugung des Senates auch dann gelten, wenn die Satzung zwar - wie im Streitfall - in deutscher Sprache abgefasst ist, aber von der Mustersatzung abweichende Formulierungen enthält. Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze war festzustellen, dass das Finanzamt zum Erlass eines Feststellungsbescheides nach § 60a AO verpflichtet ist.

Allerdings hat der Senat die Revision zugelassen, da die Frage des Zusammenwirkens der Vorschriften anderer Staaten (hier der österreichischen Bundesabgabenordnung) mit den deutschen Vorschriften des Gemeinnützigkeitsrechts bei im Inland beschränkt steuerpflichtigen ausländischen Stiftungen bisher nicht höchstrichterlich entschieden wurde.
Niedersächsisches FG Newsletter 4/2021 v. 21.4.2021
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