10.03.2017

Anforderungen an die Bezeichnung des Klagebegehrens

Inwieweit der schlichte Verweis auf die Einspruchsentscheidung ausreicht und in welchen Fällen sich noch "unschwer" ein Begehren erkennen lässt, ist hingegen in der höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht eindeutig geklärt. Da der Senat mit seinen entscheidungserheblichen Ausführungen zur Bezeichnung des Gegenstandes des Klagebegehrens durch bloße Beifügung der Einspruchsentscheidung von der Rechtsprechung einzelner Senate des BFH abweicht, wurde die Revision zugelassen.

FG Köln 27.10.2016, 15 K 748/16
Der Sachverhalt:
Die Klägerin ist eine Kommanditgesellschaft. Sie stritt mit dem Finanzamt im Rahmen eines Verfahrens wegen Nachforderungsbescheid über Lohnsteuer, Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer sowie Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung für den Zeitraum vom September 2009 bis Ende 2012 vorrangig über die Frage, ob das Klagebegehren hinreichend konkretisiert war oder der Klägerin (jedenfalls) Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in eine versäumte Ausschlussfrist gem. § 65 Abs. 2 S. 2 FGO zu gewähren ist. In materieller Hinsicht stritten sie über die Frage, ob und inwieweit Aufwendungen der Klägerin für eine Betriebsveranstaltung einen lohnsteuerpflichtigen geldwerten Vorteil der Arbeitnehmer darstellen.

Außer der Nennung und Beifügung der Einspruchsentscheidung enthielt die Klageschrift keinen näheren Hinweis auf das Begehren, geltend gemachte Lebenssachverhalte oder den Sach- und Streitstand der Einspruchsentscheidung. Der Klageschrift lag die Einspruchsentscheidung ohne den Nachforderungsbescheid bei. Mit Schreiben vom 25.4.2016 setzte das Gericht zur Bezeichnung des Gegenstandes des Klagebegehrens gem. § 65 Abs. 1 S. 1 FGO eine Ausschlussfrist gem. § 65 Abs. 2 S. 2 FGO sowie eine Ausschlussfrist gem. § 79b Abs. 1 FGO bis zum 30.5.2016, d.h. dem von der Klägerin zuvor beantragten Fristende. Auf die ausschließende Wirkung und die Möglichkeit einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wurde hingewiesen.

Zugleich wurde darauf hingewiesen, dass im Fall einer Versäumung dieser Ausschlussfrist die Klage allein aus diesem Grunde als unzulässig abzuweisen sei, sofern nicht eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in Betracht komme. Am 8.6.2016 ging bei Gericht ein Schriftsatz des Bevollmächtigten ein, in dem er wegen der eingetretenen Versäumnis einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand stellte und diesen dadurch begründete, dass die Fristversäumnis durch ein Büroversehen entstanden sei.

Das FG wies die Klage als unzulässig ab. Allerdings wurde zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung die Revision zum BFH zugelassen.

Die Gründe:
Die Klägerin hatte den Gegenstand des Klagebegehrens i.S.d. § 65 Abs. 1 S. 1 FGO bei Klageerhebung nicht bezeichnet. Der Senat ist der Ansicht, dass die bloße Bezeichnung des angefochtenen Verwaltungsaktes nicht ausreicht, da § 65 Abs. 1 S. 1 FGO neben der Bezeichnung des Klagebegehrens auch die Bezeichnung des Verwaltungsaktes und die Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf verlangt wird.

Aus einem gestellten Klageantrag kann zwar im Einzelfall nach dem Grundsatz der rechtsschutzgewährenden Auslegung eine hinreichende Bezeichnung des Klagebegehrens entnommen werden, etwa wenn der Kläger einen Aufhebungsantrag stellt und damit deutlich macht, dass er sich gegen den Bescheid dem Grunde nach wendet. Ebenso kann der Verweis auf eine Einspruchsentscheidung nach der BFH-Rechtsprechung im Einzelfall eine hinreichende Bezeichnung des Klagebegehrens darstellen, wenn das Gericht aus dieser die einzelnen Streitpunkte unschwer entnehmen kann. Inwieweit der schlichte Verweis auf die Einspruchsentscheidung ausreicht und in welchen Fällen sich noch "unschwer" ein Begehren erkennen lässt, ist hingegen in der höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht eindeutig geklärt.

Nach der Rechtsprechung einzelner BFH-Senate scheint das FG grundsätzlich davon ausgehen zu können oder müssen, dass ein Kläger das im Verwaltungsverfahren geäußerte Begehren zunächst unverändert auch im Klageverfahren geltend machen will. So hat es der XI. Senat etwa in einem Beschluss vom 17.11.2003 (Az.: XI B 213/01) bereits als ausreichend angesehen, dass der Kläger u.a. auf die Einspruchsentscheidung verwies und sich in seinen Rechten verletzt sah, da diese rechtswidrig sei.

In ähnlicher Weise hatte der III. Senat in einem Beschluss vom 12.3.2014 (Az.: III B 65/13) entschieden, dass eine Ausschlussfrist bereits dann nicht gesetzt werden dürfe, wenn dem FG die Einspruchsentscheidung vorliegt, aus der drei abgegrenzte Streitpunkte hervorgingen. Der III. Senat hat damit wohl die bloße Nennung der Einspruchsentscheidung als ausreichende Bezeichnung des Klagebegehrens angesehen. Noch weitgehender hatte der III. Senat im Beschluss vom 26.3.2014 (Az.: III B 133/13) angenommen, dass die dortigen Kläger bereits mit Nennung der angegriffenen Bescheide und der angegriffenen Einspruchsentscheidungen das Klagebegehren genau bezeichnet hätten. In Entscheidungen anderer BFH-Senate wurde die bloße Bezeichnung des Verwaltungsaktes und der Einspruchsentscheidung im jeweiligen Einzelfall als nicht ausreichende Konkretisierung des Klagebegehrens angesehen.

Da der Senat mit seinen entscheidungserheblichen Ausführungen zur Bezeichnung des Gegenstandes des Klagebegehrens durch bloße Beifügung der Einspruchsentscheidung von der Rechtsprechung einzelner Senate des BFH abweicht, wurde die Revision zugelassen.

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