Anforderungen an eine Bescheinigung nach § 4 Nr. 21a, bb UStG für Fahrschulen
Niedersächsisches FG 19.4.2018, 11 K 262/17Der Kläger betrieb in den Streitjahren 2011 bis 2015 als Einzelunternehmer eine Fahrschule. Die Besteuerung erfolgte nach vereinnahmten Entgelten. In seinen Umsatzsteuererklärungen für die Streitjahre erfasste er seine Entgelte aus seiner Fahrschullehrertätigkeit als Umsätze zum allgemeinen Steuersatz. Die Erklärungen wurden vom Finanzamt der Umsatzsteuerfestsetzung zugrunde gelegt.
Nach einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung war der Prüfer u.a. der Ansicht, der Kläger hätte in den Streitjahren Lehrgänge zur Ausbildung für die Fahrerlaubnis der Klassen C, CE, D, DE, D1, D1E, T und L sowie Lehrgänge zum Erwerb der Grundqualifikation nach § 4 Abs. 1 Nr. 1 BKrFQG, zum Erwerb der beschleunigten Grundqualifikation nach § 4 Abs. 2 BKrFQG sowie für die nach § 5 BKrFQG erforderlichen Weiterbildungen durchgeführt. Die Entgelte hätte er zwar der Umsatzsteuer zum allgemeinen Steuersatz unterworfen, jedoch sei die Steuerbefreiungsvorschrift des § 4 Nr. 21a, bb UStG einschlägig. Eine Optionsmöglichkeit nach § 9 Abs. 1 UStG bestehe nicht. Die erklärten Umsätze zum allgemeinen Steuersatz seien deshalb zu stornieren. Da der Kläger gegenüber seinen Auftraggebern Rechnungen mit offen ausgewiesener Umsatzsteuer erteilt habe, schulde er diese nach § 14 c Abs. 1 UStG bis zu einer erfolgten Rechnungsberichtigung.
Das Finanzamt folgte der Auffassung des Sonderprüfers und erließ entsprechende Umsatzsteuerbescheide, mit denen auch der Vorbehalt der Nachprüfung aufgehoben wurde. Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage statt. Allerdings wurde die Revision zum BFH zugelassen.
Die Gründe:
Die Umsatzsteuerbescheide 2011 bis 2015 sind aufzuheben, weil die Änderungen der ursprünglichen Steuererklärungen nach den Ergebnissen der Umsatzsteuer-Sonderprüfung keinen Bestand haben können. Eine Steuerbefreiung der vom Kläger getätigten Umsätze nach § 4 Nr. 21a, bb UStG ist nicht gegeben.
§ 4 Nr. 21a, bb UStG erfasst die unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienenden Leistungen privater Schulen und anderer allgemeinbildender oder berufsbildender Einrichtungen, wenn die zuständige Landesbehörde bescheinigt, dass sie auf einen Beruf oder eine von einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegenden Prüfung ordnungsgemäß vorbereiten. Die Bescheinigung der zuständigen Landesbehörde ist dabei materiell-rechtliche Voraussetzung für die Steuerbefreiung der in der oben genannten Norm bezeichneten Umsätze. Infolgedessen ist für die Umsätze des Klägers eine Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 21a, bb UStG - ungeachtet des Problems des unmittelbaren Schul- oder Bildungszwecks - schon wegen der gänzlich fehlenden Bescheinigung einer Landesbehörde ausgeschlossen.
Aber auch soweit der Kläger Lehrgänge zur Ausbildung für die verschiedenen Fahrerlaubnisse oder zum Erwerb der Qualifikationen nach dem BKrFQG erbracht hat, ist eine Steuerbefreiung nach dieser Vorschrift ausgeschlossen, weil die vom Finanzamt als Bescheinigungen akzeptierte Fahrschulerlaubnisurkunde nicht den Anforderungen genügt. Zum einen wird mit den Erlaubnisurkunden keinesfalls bescheinigt, dass die entsprechenden Lehrgänge auf einen Beruf oder auf eine vor einer juristischen Person des Öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung vorbereiten. Zum anderen sind für die Erteilung der Fahrschulerlaubnis die Landkreise und kreisfreien Städte zuständig.
Allerdings war die Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zuzulassen, weil mit der Entscheidung von den Regelungen in Abschn. 4.21.2. UStAE abgewichen wird und der BFH die Frage der Anerkennung von Fahrschulerlaubnissen als Bescheinigungen nach § 4 Nr. 21a, bb UStG ausdrücklich offengelassen hat (BFH, EuGH-Vorlage vom 16.3.2017, Az.: V R 38/16).
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