Ankauf sämtlicher Eintrittskarten einer Theaterveranstaltung durch ein Reisebüro kann steuerfrei sein
BFH 21.11.2013, V R 33/10Die Klägerin ist eine Reiseveranstalterin. Sie erstellte u.a. als "Paketreiseveranstalter" für Busunternehmen und Reisebüros Reiseprogramme wie etwa Rund- oder Studienreisen, Städte-, Theater- und Festspielreisen. In den Streitjahren 2001 bis 2003 bot sie überwiegend Hotelübernachtungen mit Frühstück, Stadtführung sowie Theaterkarten zum Besuch der Oper mit je nach Reisetermin unterschiedlicher Opernvorstellung an.
Die Klägerin vereinbarte mit der jeweiligen Oper, dass diese der Klägerin die an einem bestimmten Tag stattfindende Vorstellung "als geschlossene Veranstaltung" gegen einen Pauschalpreis überließ. Die Karten wurden von der Oper erstellt und enthielten den Hinweis, dass die Klägerin die Vorstellung präsentiere. Diese trug auch das wirtschaftliche Risiko des Kartenverkaufs. Gegenüber den Busreiseunternehmen wurde der Verkauf der Eintrittskarten für die Oper neben den Hotelleistungen und der Stadtrundfahrt jeweils gesondert ohne Ausweis von Umsatzsteuer in Rechnung gestellt. Darüber hinaus erbrachte die Klägerin im Zusammenhang mit für andere Reiseunternehmer arrangierten Hotelübernachtungen im Ausland auch Verpflegungsleistungen, die einen Anteil von 4 bis 4,5 % des Leistungspreises ausmachten.
In der Folgezeit stritt die Klägerin mit dem Finanzamt, ob der Verkauf sämtlicher Theaterkarten eine steuerfreie "Veranstaltung von Theatervorführungen" i.S.d. § 4 Nr. 20b UStG 1999 ist und ob für die Bestimmung des Leistungsortes nach § 3a UStG im Ausland gewährte Verpflegungsleistungen als Nebenleistung zur Hotelübernachtung anzusehen sind. Das FG gab der Klage im Hinblick auf die Steuerfreiheit statt. Die Revision des Finanzamtes vor dem BFH blieb erfolglos.
Die Gründe:
Die Umsätze aus dem Verkauf der Theaterkarten waren umsatzsteuerfrei.
Kauft ein Touristikunternehmen - wie hier - sämtliche Eintrittskarten einer Theatervorführung, übernimmt es das volle wirtschaftliche Risiko der Aufführung und tritt im eigenen Namen als Veranstalter auf, kann darin durchaus eine steuerfreie "Veranstaltung von Theatervorführungen" i.S.d. § 4 Nr. 20b UStG liegen. Unionsrechtliche Grundlage ist Art. 13 Teil A Abs. 1n Richtlinie 77/388/EWG, wonach die Mitgliedstaaten von der Steuer bestimmte kulturelle Dienstleistungen und eng damit verbundene Lieferungen von Gegenständen befreien, die von Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder anderen von dem betreffenden Mitgliedstaat anerkannten Einrichtungen erbracht werden. Nachdem zweifelhaft geworden war, ob die Steuerbefreiung auch bei Gastspielen eines Theaterensembles gegen feste Vergütung gegeben war, wenn die Gastbühne den Ticketverkauf im eigenen Namen und auf eigene Rechnung vornahm, wurde durch das Umsatzsteuergesetz (Mehrwertsteuer) 1967 § 4 Nr. 20 UStG neu gefasst und um § 4 Nr. 20b UStG ergänzt.
Soweit sich die Finanzbehörde darauf berief, dass der BFH zur Steuerermäßigungsvorschrift des § 12 Abs. 2 Nr. 7 UStG a.F. den Begriff der Veranstaltung einschränkend dahingehend ausgelegt hatte, es sei zusätzlich erforderlich, dass der Veranstalter "die organisatorischen Maßnahmen dafür trifft, dass Theatervorführungen abgehalten werden können, wobei er die Umstände, den Ort und die Zeit seiner Darbietungen selbst bestimmt", war dies nicht auf § 4 Nr. 20a UStG zu übertragen. Denn es entspricht dem Sinn und Zweck der Vorschrift, die Eintrittspreise von Theatern als Teil der Kultur nicht mit Umsatzsteuer zu belasten. Das FG hatte auch zu Recht entschieden, dass bei einer Pauschalreise außerhalb des Anwendungsbereichs der Margenbesteuerung (§ 25 UStG) die Veranstaltungsleistung vom Theater nicht untrennbarer Teil der Reiseleistung ist.
Zutreffend hatte das FG auch den Leistungsort für die von der Klägerin bei anderen Reisen erbrachten oder vermittelten Verpflegungsleistungen bei Hotelübernachtungen bestimmt. Der Leistungsort gem. § 3a Abs. 2 Nr. 1 UStG richtet sich bei Verpflegungsleistungen im Hotel nach der Belegenheit des Hotelgrundstücks. Die Hotelverpflegung dient dazu, die Hauptleistung des Hoteliers unter optimalen Bedingungen in Anspruch zu nehmen und zählt nach der Verkehrsauffassung zu den traditionellen Aufgaben eines Hoteliers. An dieser Rechtsprechung, der auch der XI. Senat des BFH inzwischen gefolgt ist, hält der Senat trotz des entgegenstehenden Nichtanwendungserlasses des BMF vom 4.5.2010 (IV D 2 -S 7100/08) fest.
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