Anordnung der Eigenverwaltung beendet umsatzsteuerliche Organschaft
FG Münster 7.9.2017, 5 K 3123/15 UZwischen der klagenden GmbH und ihrer alleinigen Anteilseignerin, einer AG, bestand ursprünglich eine umsatzsteuerliche Organschaft. Auf eigenen Antrag beider Gesellschaften beschloss das Amtsgericht jeweils die vorläufige Eigenverwaltung (§ 270a InsO) und bestellte einen Rechtsanwalt zum vorläufigen Sachwalter beider Gesellschaften. Ferner ordnete es Vollstreckungsschutz gem. § 21 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 InsO an. Die Geschäftsführer der Klägerin waren (weiterhin) mit dem Vorstand der AG identisch.
Die Klägerin sah in der Bestellung des vorläufigen Sachwalters eine Beendigung der Organschaft und gab ab diesem Zeitpunkt eigene Umsatzsteuervoranmeldungen ab, die zu Vorsteuerüberhängen führten. Das Finanzamt lehnte demgegenüber die Umsatzsteuerfestsetzungen gegenüber der Klägerin ab, weil die Umsatzsteuern weiterhin bei der Organmutter zu erfassen seien.
Das FG gab der zunächst wegen der Insolvenzeröffnung unterbrochenen Klage, die nach den insolvenzrechtlichen Vorschriften wieder aufgenommen wurde, in vollem Umfang statt. Die Revision zum BFH wurde zur Fortbildung des Rechts und zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zugelassen.
Die Gründe:
Das Finanzamt hat zu Unrecht den Antrag der Klägerin auf Festsetzung der Umsatzsteuer für den Voranmeldungszeitraum August 2014 abgelehnt. Die Klägerin war ab dem 11.7.2014 - also im Streitzeitraum - Unternehmerin i.S.d. § 2 Abs. 1 S. 1 UStG und als solche eigenständiges Umsatzsteuer-Subjekt.
Insbesondere bestand ab dem 11.7.2014 keine umsatzsteuerliche Organschaft i.S.d. § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG mehr zwischen der Klägerin als Organgesellschaft und der Beigeladenen als Organträgerin. Mit der Bestellung des vorläufigen Sachwalters im Rahmen der vorläufigen Eigenverwaltung ist die organisatorische Eingliederung in die bisherige Organträgerin entfallen. Dies wurde höchstrichterlich bislang nur für Fälle der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens oder der Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters mit Zustimmungsvorbehalt entschieden.
Bei der vorläufigen Eigenverwaltung handelt der Insolvenzschuldner demgegenüber zwar grundsätzlich auf Grundlage seiner eigenen Verfügungs- und Verwaltungsbefugnis. Die Organträgerin kann ihren Willen bei der Klägerin aber nicht mehr in rechtlich zulässiger Weise durchsetzen, weil deren Geschäftsführer nunmehr zur Sicherung der zukünftigen Insolvenzmasse verpflichtet ist. Er darf im Interesse der Gesamtheit der Gläubiger nicht einzelne Gläubiger bevorzugen, so dass der dem Organträger bei Annahme einer umsatzsteuerlichen Organschaft zustehende Ausgleichsanspruch nach § 426 BGB nicht erfüllbar ist. Aufgrund des angeordneten Vollstreckungsschutzes ist dieser auch nicht durchsetzbar. Jedenfalls muss der vorläufigen Sachwalter im Fall der Zahlung durch den Geschäftsführer intern widersprechen.
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