Arbeitgeberleistungen auf einen Summenbescheid nach § 28f Abs. 2 SGB IV kein Arbeitslohn
Kurzbesprechung
BFH v. 15.6.2023 - VI R 27/20
EStG § 8 Abs. 1, § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1; SGB IV § 28f, § 28g; SvEV § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 14
Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) versteuert Sachzuwendungen an eigene Arbeitnehmer pauschal nach § 37b EStG. Hierbei handelte es sich im Streitzeitraum im Wesentlichen um Kosten für Veranstaltungen der Klägerin, beispielsweise um die Kosten einer Band bei einem "Get Together" im Rahmen einer Schulungsveranstaltung. Eine Individualisierung/Verteilung/Zuordnung der Kosten auf die einzelnen Teilnehmer fand nicht statt. Die Klägerin ging zunächst davon aus, dass es sich bei den pauschal versteuerten Sachzuwendungen nicht um sozialversicherungspflichtiges Entgelt der Arbeitnehmer handele, und führte hierauf dementsprechend keine Sozialversicherungsbeiträge ab.
Um eine konzerneinheitliche sozialversicherungsrechtliche Behandlung pauschal versteuerter Sachzuwendungen an Arbeitnehmer herbeizuführen, traf die Konzernmutter der Klägerin mit der Deutschen Rentenversicherung Bund eine schriftliche Vereinbarung, nach der die Zuwendungen nicht individuell den betroffenen Lohnkonten zugerechnet werden, sondern die Erhebung der Sozialversicherungsbeiträge über pauschalierte Summenbescheide gemäß § 28f Abs. 2 SGB IV erfolgt.
Diese Beträge unterwarf das FA der Nachversteuerung gemäß § 40 Abs. 1 Nr. 2 EStG und erließ einen insoweit auf § 40 EStG gründenden Lohnsteuer-Nachforderungsbescheid.
Der dagegen erhobenen Klage gab das FG statt. Die Revision des FA blieb erfolglos.
Die Nachforderung von Lohnsteuer beim Arbeitgeber durch Steuerbescheid komme in Betracht, wenn die Lohnsteuer vorschriftswidrig nicht angemeldet wurde und es sich um eine eigene Steuerschuld des Arbeitgebers handelt. Eine eigene Steuerschuld des Arbeitgebers liege auch vor, wenn die Voraussetzungen für eine Pauschalierung der Lohnsteuer nach § 40 EStG gegeben sind.
Zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit gehörten nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 8 Abs. 1 EStG alle Güter, die in Geld oder Geldeswert bestehen. Hierzu zählten neben Gehältern und Löhnen auch andere "Bezüge und Vorteile", die "für" eine Beschäftigung im öffentlichen oder privaten Dienst gewährt werden.
Demgemäß seien nach ständiger Rechtsprechung des BFH auch die Arbeitnehmeranteile zur Arbeitslosen‑, Kranken- und Rentenversicherung (Gesamtsozialversicherung) als Gegenleistung für die Erbringung der Arbeitsleistung und damit als Arbeitslohn nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 8 Abs. 1 EStG anzusehen. Zwar habe der Arbeitgeber als alleiniger Schuldner den Gesamtsozialversicherungsbeitrag an die Einzugsstelle zu zahlen und durch Lohnabzug beim Arbeitnehmer einzubehalten; wirtschaftlich habe aber der Arbeitnehmer die Beiträge zur Gesamtsozialversicherung zur Hälfte (Arbeitnehmeranteil) aus dem ihm zustehenden Bruttoentgelt zu tragen.
Nach Maßgabe dieser Rechtsgrundsätze sei das FG im Streitfall zu Recht zu dem Ergebnis gelangt, dass die streitigen Zahlungen der Klägerin auf die nach § 28f Abs. 2 SGB IV ergangenen Summenbescheide keinen Arbeitslohn darstellen. Denn es handelt sich insoweit nicht um "fremdnützige" Leistungen zugunsten ihrer Arbeitnehmer, sondern um "systemnützige" Zahlungen zum Vorteil der Sozialkassen.
Zweck der Regelung sei es, Einnahmeverluste der Sozialkassen infolge einer Aufzeichnungspflichtverletzung weitgehend zu vermeiden und zugleich auszuschließen, dass Arbeitgeber mittels einer Aufzeichnungspflichtverletzung Wettbewerbsvorteile erlangen könnten. Der nicht personenbezogenen Beitragsrechnung kommt dabei die Wirkung einer "Sonderabgabe" zu Lasten des Arbeitgebers zu. Denn ein Summenbescheid führe zwar für die beteiligten Versicherungsträger zu Einnahmen, Leistungsausgaben seien hierfür in der Regel jedoch nicht zu erbringen.
Verlag Dr. Otto Schmidt
EStG § 8 Abs. 1, § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1; SGB IV § 28f, § 28g; SvEV § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 14
Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) versteuert Sachzuwendungen an eigene Arbeitnehmer pauschal nach § 37b EStG. Hierbei handelte es sich im Streitzeitraum im Wesentlichen um Kosten für Veranstaltungen der Klägerin, beispielsweise um die Kosten einer Band bei einem "Get Together" im Rahmen einer Schulungsveranstaltung. Eine Individualisierung/Verteilung/Zuordnung der Kosten auf die einzelnen Teilnehmer fand nicht statt. Die Klägerin ging zunächst davon aus, dass es sich bei den pauschal versteuerten Sachzuwendungen nicht um sozialversicherungspflichtiges Entgelt der Arbeitnehmer handele, und führte hierauf dementsprechend keine Sozialversicherungsbeiträge ab.
Um eine konzerneinheitliche sozialversicherungsrechtliche Behandlung pauschal versteuerter Sachzuwendungen an Arbeitnehmer herbeizuführen, traf die Konzernmutter der Klägerin mit der Deutschen Rentenversicherung Bund eine schriftliche Vereinbarung, nach der die Zuwendungen nicht individuell den betroffenen Lohnkonten zugerechnet werden, sondern die Erhebung der Sozialversicherungsbeiträge über pauschalierte Summenbescheide gemäß § 28f Abs. 2 SGB IV erfolgt.
Diese Beträge unterwarf das FA der Nachversteuerung gemäß § 40 Abs. 1 Nr. 2 EStG und erließ einen insoweit auf § 40 EStG gründenden Lohnsteuer-Nachforderungsbescheid.
Der dagegen erhobenen Klage gab das FG statt. Die Revision des FA blieb erfolglos.
Die Nachforderung von Lohnsteuer beim Arbeitgeber durch Steuerbescheid komme in Betracht, wenn die Lohnsteuer vorschriftswidrig nicht angemeldet wurde und es sich um eine eigene Steuerschuld des Arbeitgebers handelt. Eine eigene Steuerschuld des Arbeitgebers liege auch vor, wenn die Voraussetzungen für eine Pauschalierung der Lohnsteuer nach § 40 EStG gegeben sind.
Zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit gehörten nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 8 Abs. 1 EStG alle Güter, die in Geld oder Geldeswert bestehen. Hierzu zählten neben Gehältern und Löhnen auch andere "Bezüge und Vorteile", die "für" eine Beschäftigung im öffentlichen oder privaten Dienst gewährt werden.
Demgemäß seien nach ständiger Rechtsprechung des BFH auch die Arbeitnehmeranteile zur Arbeitslosen‑, Kranken- und Rentenversicherung (Gesamtsozialversicherung) als Gegenleistung für die Erbringung der Arbeitsleistung und damit als Arbeitslohn nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 8 Abs. 1 EStG anzusehen. Zwar habe der Arbeitgeber als alleiniger Schuldner den Gesamtsozialversicherungsbeitrag an die Einzugsstelle zu zahlen und durch Lohnabzug beim Arbeitnehmer einzubehalten; wirtschaftlich habe aber der Arbeitnehmer die Beiträge zur Gesamtsozialversicherung zur Hälfte (Arbeitnehmeranteil) aus dem ihm zustehenden Bruttoentgelt zu tragen.
Nach Maßgabe dieser Rechtsgrundsätze sei das FG im Streitfall zu Recht zu dem Ergebnis gelangt, dass die streitigen Zahlungen der Klägerin auf die nach § 28f Abs. 2 SGB IV ergangenen Summenbescheide keinen Arbeitslohn darstellen. Denn es handelt sich insoweit nicht um "fremdnützige" Leistungen zugunsten ihrer Arbeitnehmer, sondern um "systemnützige" Zahlungen zum Vorteil der Sozialkassen.
Zweck der Regelung sei es, Einnahmeverluste der Sozialkassen infolge einer Aufzeichnungspflichtverletzung weitgehend zu vermeiden und zugleich auszuschließen, dass Arbeitgeber mittels einer Aufzeichnungspflichtverletzung Wettbewerbsvorteile erlangen könnten. Der nicht personenbezogenen Beitragsrechnung kommt dabei die Wirkung einer "Sonderabgabe" zu Lasten des Arbeitgebers zu. Denn ein Summenbescheid führe zwar für die beteiligten Versicherungsträger zu Einnahmen, Leistungsausgaben seien hierfür in der Regel jedoch nicht zu erbringen.