Auch ein krankheitsbedingter Auszug aus dem Familienheim führt zum Wegfall der Steuerbefreiung
FG Münster v. 10.12.2020 - 3 K 420/20 Erb
Der Sachverhalt:
Die Klägerin beerbte ihren im Jahr 2017 verstorbenen Ehemann zur Hälfte. Zur Erbschaft gehörte auch das hälftige Miteigentum an dem bislang von den Eheleuten gemeinsam bewohnten Einfamilienhaus. Ende 2018 veräußerte die Klägerin das Einfamilienhaus und zog im Jahr 2019 in eine zuvor erworbene Eigentumswohnung um.
Das Finanzamt änderte daraufhin den Erbschaftsteuerbescheid und versagte die Steuerbefreiung für das Familienheim. Hiergegen wandte die Klägerin ein, dass sie nach dem Tod ihres Ehemannes unter Depressionen und Angstzuständen gelitten habe, insbesondere weil ihr Mann in dem Haus verstorben sei. Daraufhin habe ihr Arzt ihr geraten, die Wohnumgebung zu wechseln, weshalb sie aus zwingenden Gründen an einer weiteren Selbstnutzung gehindert gewesen sei.
Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Die Revision zum BFH wurde zur Fortbildung des Rechts zugelassen.
Die Gründe:
Für den hälftigen Miteigentumsanteil an dem Einfamilienhaus hat das Finanzamt zu Recht keine Steuerbefreiung nach § 13 Abs. 1 Nr. 4b Satz 1 ErbStG berücksichtigt, weil der Nachversteuerungstatbestand des § 13 Abs. 1 Nr. 4b Satz 5 ErbStG erfüllt war.
Steuerfrei bleibt nach § 13 Abs. 1 Nr. 4b Satz 1 ErbStG u.a. der Erwerb von Todes wegen des Miteigentums an einem im Inland belegenen bebauten Grundstück i.S.d. § 181 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 BewG durch den überlebenden Ehegatten, soweit der Erblasser darin bis zum Erbfall eine Wohnung zu eigenen Wohnzwecken genutzt hat und die beim Erwerber unverzüglich zur Selbstnutzung zu eigenen Wohnzwecken bestimmt ist (Familienheim). Die Steuerbefreiung fällt nach § 13 Abs. 1 Nr. 4b Satz 5 ErbStG mit Wirkung für die Vergangenheit weg, wenn der Erwerber das Familienheim innerhalb von zehn Jahren nach dem Erwerb nicht mehr zu Wohnzwecken selbst nutzt.
Die Steuerbefreiung fällt in einem solchen Fall nur dann nicht weg, wenn der Erbe aus zwingenden Gründen an einer Selbstnutzung gehindert ist. Derartige zwingende Gründe liegen bei der Klägerin jedoch nicht vor. Die Depressionserkrankung und der Tod des Ehemannes im Einfamilienhaus haben die Klägerin zwar erheblich psychisch belastet. Ein "zwingender Grund" i.S.d. Gesetzes ist jedoch nur dann gegeben, wenn das Führen eines Haushalts schlechthin (etwa aufgrund von Pflegebedürftigkeit) unmöglich ist. Dies war bei der Klägerin aufgrund des Umzugs in die Eigentumswohnung nicht der Fall. Eine solche restriktive Gesetzesauslegung der Rückausnahme zum Steuerbefreiungstatbestand ist verfassungsrechtlich geboten, da die Steuerbefreiung für Familienheime Grundeigentümer gegenüber Inhabern anderer Vermögenswerte bevorzugt.
FG Münster NL vom 15.1.2021
Die Klägerin beerbte ihren im Jahr 2017 verstorbenen Ehemann zur Hälfte. Zur Erbschaft gehörte auch das hälftige Miteigentum an dem bislang von den Eheleuten gemeinsam bewohnten Einfamilienhaus. Ende 2018 veräußerte die Klägerin das Einfamilienhaus und zog im Jahr 2019 in eine zuvor erworbene Eigentumswohnung um.
Das Finanzamt änderte daraufhin den Erbschaftsteuerbescheid und versagte die Steuerbefreiung für das Familienheim. Hiergegen wandte die Klägerin ein, dass sie nach dem Tod ihres Ehemannes unter Depressionen und Angstzuständen gelitten habe, insbesondere weil ihr Mann in dem Haus verstorben sei. Daraufhin habe ihr Arzt ihr geraten, die Wohnumgebung zu wechseln, weshalb sie aus zwingenden Gründen an einer weiteren Selbstnutzung gehindert gewesen sei.
Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Die Revision zum BFH wurde zur Fortbildung des Rechts zugelassen.
Die Gründe:
Für den hälftigen Miteigentumsanteil an dem Einfamilienhaus hat das Finanzamt zu Recht keine Steuerbefreiung nach § 13 Abs. 1 Nr. 4b Satz 1 ErbStG berücksichtigt, weil der Nachversteuerungstatbestand des § 13 Abs. 1 Nr. 4b Satz 5 ErbStG erfüllt war.
Steuerfrei bleibt nach § 13 Abs. 1 Nr. 4b Satz 1 ErbStG u.a. der Erwerb von Todes wegen des Miteigentums an einem im Inland belegenen bebauten Grundstück i.S.d. § 181 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 BewG durch den überlebenden Ehegatten, soweit der Erblasser darin bis zum Erbfall eine Wohnung zu eigenen Wohnzwecken genutzt hat und die beim Erwerber unverzüglich zur Selbstnutzung zu eigenen Wohnzwecken bestimmt ist (Familienheim). Die Steuerbefreiung fällt nach § 13 Abs. 1 Nr. 4b Satz 5 ErbStG mit Wirkung für die Vergangenheit weg, wenn der Erwerber das Familienheim innerhalb von zehn Jahren nach dem Erwerb nicht mehr zu Wohnzwecken selbst nutzt.
Die Steuerbefreiung fällt in einem solchen Fall nur dann nicht weg, wenn der Erbe aus zwingenden Gründen an einer Selbstnutzung gehindert ist. Derartige zwingende Gründe liegen bei der Klägerin jedoch nicht vor. Die Depressionserkrankung und der Tod des Ehemannes im Einfamilienhaus haben die Klägerin zwar erheblich psychisch belastet. Ein "zwingender Grund" i.S.d. Gesetzes ist jedoch nur dann gegeben, wenn das Führen eines Haushalts schlechthin (etwa aufgrund von Pflegebedürftigkeit) unmöglich ist. Dies war bei der Klägerin aufgrund des Umzugs in die Eigentumswohnung nicht der Fall. Eine solche restriktive Gesetzesauslegung der Rückausnahme zum Steuerbefreiungstatbestand ist verfassungsrechtlich geboten, da die Steuerbefreiung für Familienheime Grundeigentümer gegenüber Inhabern anderer Vermögenswerte bevorzugt.