08.05.2014

Auch nachrangig Berechtigte können eine Kindergeldbescheinigung verlangen

Auch ein sog. nachrangig Berechtigter, also ein Berechtigter, dessen Anspruch gegenüber der Anspruchsberechtigung einer anderen Person gem. § 64 Abs. 2 EStG zurücktritt, kann die Erteilung einer Bescheinigung über das für das Kalenderjahr ausgezahlte Kindergeld verlangen. Das Steuergeheimnis steht dem nicht entgegen.

BFH 27.2.2014, III R 40/13
Der Sachverhalt:
Der Kläger bezog für seine Tochter bis einschließlich Januar 2009 Kindergeld. Nachdem die Familienkasse ihm Ende Dezember 2008 mitgeteilt hatte, dass die geschiedene Ehefrau des Klägers und Mutter der Tochter als vorrangig Berechtigte bei ihr einen Kindergeldantrag gestellt habe, hob sie die Kindergeldfestsetzung gegenüber dem Kläger ab Februar 2009 auf.

Daraufhin bat der Kläger die Familienkasse zunächst um Mitteilung, ob und ggf. seit wann im Jahr 2009 Kindergeld für seine Tochter an die Kindsmutter gezahlt worden sei. Die Familienkasse antwortete, die gewünschte Auskunft könne wegen des Steuergeheimnisses nicht erteilt werden. Der Kläger stellte nochmals förmlich einen Antrag auf Erteilung einer Bescheinigung nach § 68 Abs. 3 EStG. Auch diesen Antrag lehnte die Familienkasse mit der Begründung ab, dass einen solchen Antrag nur die Kindsmutter als Berechtigte stellen könne.

Das FG gab der Klage auf Ausstellung der Kindergeldbescheinigung statt. Die Familienkasse hielt die Auslegung des FG hinsichtlich § 68 Abs. 3 EStG für unzutreffend. Die Revision vor dem BFH blieb allerdings erfolglos.

Die Gründe:
Das FG hatte zu Recht entschieden, dass dem Kläger eine Kindergeldbescheinigung ausgestellt werden muss.

Berechtigter i.S.d. § 68 Abs. 3 EStG ist jeder Steuerpflichtige, der Anspruch auf Kindergeld gem. § 62 i.V.m. § 63 Abs. 1 EStG hat. Das kann auch ein sog. nachrangig Berechtigter sein, also ein Berechtigter, dessen Anspruch gegenüber der Anspruchsberechtigung einer anderen Person gem. § 64 Abs. 2 EStG zurücktritt. Der Wortlaut des § 68 Abs. 3 EStG bestätigt diese Deutung. Zu den Regelungen, die offenkundig nur den sog. vorrangig Berechtigten ansprechen (wie etwa § 75 EStG), gehört die Vorschrift nicht. § 68 Abs. 3 EStG ist auch nicht dahingehend formuliert, dass über das an ihn, also den Berechtigten, ausgezahlte Kindergeld eine Bescheinigung auszustellen ist.

Die in den Gesetzesmaterialien niedergelegte Einschätzung des Gesetzgebers, dass die zu bescheinigende "Höhe des ausgezahlten Kindergeldes nur in wenigen Fällen im Besteuerungsverfahren von Bedeutung ist", betrifft die praktische Bedeutung des § 68 Abs. 3 EStG insgesamt, kann aber keinesfalls so interpretiert werden, als habe überhaupt nur beim vorrangig Berechtigten ein Bedürfnis für eine Bescheinigung bestanden. Die Familienkasse reduzierte den Zweck der Bescheinigung ganz auf deren Bedeutung für das Besteuerungsverfahren. Dem vermochte der Senat nicht zu folgen.

Das Steuergeheimnis stand der Ausstellung der Kindergeldbescheinigung nicht entgegen. Das FG hatte zu Recht auf die Offenbarungsbefugnis gem. § 30 Abs. 4 Nr. 2 AO abgestellt. § 68 Abs. 3 EStG stellt eine Befugnisnorm i.S.d. § 30 Abs. 4 Nr. 2 AO dar. Aus ihr geht unmissverständlich hervor, dass jedem Kindergeldberechtigten eine Bescheinigung über das für das Kalenderjahr ausgezahlte Kindergeld auszustellen ist, auch wenn an den Berechtigten selbst wegen des Vorrangs eines anderen Berechtigten oder wegen einer Abzweigung oder Pfändung keine Zahlung erfolgt ist. Die Norm legt genau fest, unter welchen Voraussetzungen (Antrag und eigene nachzuweisende Berechtigung) und welchem eng umgrenzten Personenkreis (nur Berechtigte i.S.d. § 62 i.V.m. § 63 Abs. 1 EStG) eine Bescheinigung zu erteilen ist und welche Informationen darin enthalten sein dürfen.

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