Auch ohne Helm: Schadensersatz für Fahrradfahrer wegen Kopfverletzung
OLG Celle 12.2.2014, 14 U 113/13Der Kläger fuhr mit seinem Sportfahrrad auf einer öffentlichen Straße. Dort kollidierte er mit einer weiteren Radfahrerin, der Beklagten. Bei dem anschließenden Sturz zog sich der Kläger u.a. erhebliche Kopfverletzungen zu. Im Zeitpunkt des Unfalls trug er keinen Helm. Der Kläger macht Ansprüche auf Zahlung von Schmerzensgeld sowie materiellen Schadensersatz gegenüber der Beklagten geltend.
Das LG gab der Klage teilweise statt und sprach dem Kläger nur einen Teil des begehrten Schmerzensgeldes, gekürzt um 20 Prozent, zu. Dies sei die zu berücksichtigende Höhe des Mitverschuldens des Klägers, da er keinen Fahrradhelm getragen habe. Auf der Grundlage des vom Landgericht eingeholten Sachverständigengutachtens ließe sich nachweisen, dass ein Fahrradhelm diese Verletzung jedenfalls teilweise hätte verhindern können. Einem solchen Abzug stehe auch nicht entgegen, dass es keine gesetzliche Helmtragepflicht für Fahrradfahrer gibt.
Auf die Berufung des Klägers änderte das OLG das Urteil ab und gab der Klage vollumfänglich statt. Die Revision zum BGH wurde ausdrücklich zugelassen, da die Frage einer Helmpflicht bislang noch nicht einheitlich beantwortet wird.
Die Gründe:
Der Kläger hat Anspruch auf Zahlung von Schmerzensgeld und materiellem Schadensersatz in ungekürzter Höhe.
Eine allgemeine Helmtragepflicht für Radfahrer besteht nicht. Eine solche Verpflichtung existiert weder auf Grund einer gesetzlichen Regelung noch als allgemeine Obliegenheit. Dies entspricht auch dem derzeitigen Stand der Rechtsprechung. Die Lage eines Radfahrers ist entgegen der Ansicht des LG auch nicht mit der eines Reiters oder Skifahrers vergleichbar. Denn dies sind reine Hobbys, bei denen die spezifischen Risiken sich auch gerade aus dem Fehlen allgemeiner Verkehrsregeln wie etwa der StVO ergäben. Ein Fahrrad hingegen wird auch im Alltag ganz allgemein zur Beförderung genutzt.
Aber selbst auf einer Trainingsfahrt besteht keine Helmpflicht, wenn der Radfahrer dabei weder zu schnell noch besonders risikobehaftet fährt. Nur wenn ein Sport-Radfahrer sich im Straßenverkehr bewusst erhöhten Risiken aussetzt, die über das hinausgehen, was jeden normalen "Alltagsfahrer" betrifft und er sich dabei verletzt, kann ihm vorgeworfen werden, dass er keinen Helm getragen hat. In diesem vom OLG Celle entschiedenen Fall, konnte jedoch gerade keine risikobehaftete Fahrweise festgestellt werden.
Der Kläger war zwar auf einem Sportrad zum Zwecke des Ausdauertrainings und auf einer abschüssigen Straße mit einer Geschwindigkeit von 25 bis 30 km/h unterwegs. Zu der Kollision kam es aber allein, weil die Beklagte nach links in ein Grundstück einbiegen wollte und dabei ihrer Rückschaupflicht nicht nachkam. Zudem ist bislang auch nicht hinreichend nachgewiesen, dass Sturzhelme signifikant zur Abwendung von Kopfverletzungen führen. Jedenfalls ist aber das Ausmaß des Schutzes nur schwer zu qualifizieren. Allein die tendenzielle Schutzwirkung des Fahrradhelmes begründet jedoch noch keine allgemeine Helmtragepflicht.