10.08.2023

Auf Krankengeld entfallende Rentenversicherungsbeiträge können nicht steuermindernd berücksichtigt werden

Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung, die vom Krankengeld einbehalten und abgeführt werden, können nicht steuermindernd bei der Einkommensteuer berücksichtigt werden. Ein unmittelbarer wirtschaftlicher Zusammenhang ist vielmehr schon dann gegeben, wenn sich eine klar abgrenzbare Beziehung der Vorsorgeaufwendungen zu den steuerfreien Einnahmen eindeutig feststellen lässt.

FG Köln v. 25.5.2023, 11 K 1306/20
Der Sachverhalt:
Die Klägerin erzielte zu Beginn des Jahres 2018 Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Darüber hinaus bezog sie Krankengeld. Davon wurden Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung einbehalten und abgeführt. Das Finanzamt behandelte das Krankengeld als steuerfrei, unterwarf es aber einschließlich der Rentenversicherungsbeiträge dem sog. Progressionsvorbehalt, was zu einer Erhöhung der zu zahlenden Einkommensteuer für den Arbeitslohn führte. Eine steuermindernde Berücksichtigung der Rentenversicherungsbeiträge unterblieb.

Die Klägerin begehrte den Abzug der vom Krankengeld einbehaltenen Beiträge zur Rentenversicherung als Sonderausgaben gem. § 10 Abs. 1 Nr. 2 a EStG und hilfsweise den Abzug der Beiträge im Rahmen des Progressionsvorbehalts. Sie war der Ansicht, durch die nachgelagerte Besteuerung von Altersrenten dürfe keine Doppelbesteuerung eintreten. Das sei jedoch der Fall, wenn die auf das Krankengeld entfallenden Rentenversicherungsbeiträge nicht steuermindernd berücksichtigt würden. § 10 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EStG stehe dem nicht entgegen. Denn die auf das Krankengeld entfallenden Rentenversicherungsbeiträge stünden nicht in einem unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang mit steuerfreien Einnahmen, sondern mit der später bezogenen steuerpflichtigen Altersrente.

Das FG wies die Klage ab.

Die Gründe:
Bei den von der Klägerin getragenen Beiträgen zu Rentenversicherung handelt es sich zwar um Sonderausgaben i.S.d. § 10 Abs. 1 Nr. 2 a EStG. Gleichwohl können sie aufgrund von § 10 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Halbsatz 1 EStG nicht als Sonderausgaben bei der Ermittlung des Einkommens gem. § 2 Abs. 4 EStG abgesetzt werden.

Danach können u.a. solche Rentenversicherungsbeiträge i.S.d. § 10 Abs. 1 Nr. 2 a EStG nicht abgezogen werden, die in einem unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang mit steuerfreien Einnahmen stehen. Für ein solches Vorliegen ist es nicht erforderlich, dass die Beiträge zweckgerichtet und final geleistet werden, um (ggf. später) steuerfreie Einnahmen zu erzielen. Ein unmittelbarer wirtschaftlicher Zusammenhang ist vielmehr schon dann gegeben, wenn sich eine klar abgrenzbare Beziehung der Vorsorgeaufwendungen zu den steuerfreien Einnahmen eindeutig feststellen lässt. Daher ist ein unmittelbarer wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen Einnahmen und Aufwendungen insbesondere dann anzunehmen, wenn die steuerfreien Einnahmen einerseits und die fraglichen Aufwendungen andererseits durch dasselbe Ereignis veranlasst sind.

Diese Voraussetzung ist insbesondere dann erfüllt, wenn ein Steuerpflichtiger steuerfreie Einnahmen erzielt und dieser Tatbestand gleichzeitig Pflichtbeiträge an einen Sozialversicherungsträger auslöst. In diesem Fall geht die Steuerbefreiung dem Sonderausgabenabzug logisch vor. Die mit der Verausgabung der Pflichtbeiträge verbundene Minderung der Leistungsfähigkeit wird bereits durch die Steuerbefreiung der Einnahmen aufgefangen.

Infolgedessen musste hier der Sonderausgabenabzug auf Grundlage von § 10 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EStG versagt bleiben. Die von der Klägerin getragenen Pflichtbeiträge standen ausschließlich in einem unmittelbaren Zusammenhang mit dem steuerfreien Krankengeld. Die Beitragszahlung löste dagegen nicht unmittelbar einen steuerpflichtigen Rentenbezug aus. Hierfür hätten weitere Voraussetzungen (z.B. Erreichen der Altersgrenze, Vorliegen der Schwerbehinderung, hinreichende Beitragsjahre) hinzutreten müssen. Eine Berücksichtigung der Rentenbeiträge im Rahmen des Progressionsvorbehalts kam ebenfalls nicht in Betracht, da ein solcher Abzug gesetzlich nicht vorgesehen ist.

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FG Münster - Pressemitteilung vom 10.7.2023
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