19.10.2020

Aufwendungen für die Inanspruchnahme einer Eventagentur bei der Bewertung von Sachzuwendungen nach § 8 Abs. 2 Satz 1 und nach § 37b Abs. 1 Satz 2 EStG

Wird die Höhe des dem Arbeitnehmer zugeflossenen Sachbezugs (hier: die Teilnahme an einer (betrieblichen) Veranstaltung) im Wege einer Schätzung anhand der Kosten des Arbeitgebers bestimmt, sind in die Schätzungsgrundlage nur solche Kosten des Arbeitgebers einzubeziehen, die geeignet sind, beim Arbeitnehmer einen geldwerten Vorteil auszulösen. Die Aufwendungen für einen Eventmanager sind nicht zu berücksichtigen. In die Bemessungsgrundlage nach § 37b Abs. 1 Satz 2 EStG sind demgegenüber alle der Zuwendung direkt zuzuordnenden Aufwendungen (Einzelkosten) einzubeziehen, ungeachtet, ob sie beim Zuwendungsempfänger einen Vorteil begründen können.

BFH v. 15.10.2020 - VI R 13/18
Der Sachverhalt:
Auf der Grundlage eines Rahmenvertrags zwischen der Klägerin und der T-GmbH organisierte diese während der Wochenenden für ausgewählte Kunden und Arbeitnehmer der Klägerin sog. "Business Veranstaltungen". Dabei hatten die Teilnehmer u.a. Zugang zu einer besonderen Lounge, aus der sie das Ereignis verfolgen konnten. Nach den vertraglichen Vereinbarungen zwischen der Klägerin und der T-GmbH übernahm diese als sog. "Lead-Agentur" im Rahmen einer Gesamtbetreuung verschiedene organisatorische Tätigkeiten für die Klägerin.

Die Klägerin zahlte an die T-GmbH im Streitzeitraum für deren Leistungen 71.400 € einschließlich Umsatzsteuer. Sie berücksichtigte diese Zahlung aber nicht im Rahmen ihrer Lohnsteuer-Anmeldungen als Arbeitslohn oder als Zuwendung gem. § 37b EStG. Das Finanzamt vertrat hingegen die Auffassung, die Agenturleistungen der T-GmbH seien in Bezug auf die Kunden der Klägerin nach § 37b Abs. 1 EStG und hinsichtlich der Arbeitnehmer gem. § 40 Abs. 1 Satz 1 EStG zu versteuern.

Die Klägerin unterhielt zudem als eine Motivationsplattform für ihre Arbeitnehmer den "Fanclub M". Der Fanclub bot den Arbeitnehmern die Möglichkeit, gemeinsam an organisierten Sportaktivitäten, insbesondere in den Sportarten Fußball, Laufen und Radfahren, teilzunehmen. Es wurden u.a. Fußballturniere zwischen Mitarbeitermannschaften der Klägerin organisiert, Startplätze für Breitensportveranstaltungen zur Verfügung gestellt und die Arbeitnehmer bei der Organisation von lokalen Sportaktivitäten und Sporttreffs unterstützt. Das Finanzamt war der Auffassung, die Klägerin habe die Agenturleistungen gem. § 40 Abs. 1 Satz 1 EStG zu versteuern.

Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Auf die Revision der Klägerin hob der BFH das Urteil auf und gab der Klage teilweise statt.

Die Gründe:
Bei der kostenlosen Teilnahme an den sog. "Business Veranstaltungen" im Rahmen der Wochenenden und an den Veranstaltungen des Fanclubs handelt es sich um sonstige, nicht in Geld bestehende (Sach-)Bezüge (§§ 8 Abs. 2 Satz 1, 38a Abs. 1 Satz 3 EStG). Die teilnehmenden Arbeitnehmer der Klägerin erhielten hierdurch in Geldeswert bestehende Vorteile, die ihnen nicht laufend gewährt wurden. Diese Vorteile waren auch durch das Dienstverhältnis veranlasst. Die kostenlose Teilnahme an den jeweiligen Veranstaltungen stand im wirtschaftlichen Zusammenhang mit dem Dienstverhältnis zur Klägerin und stellte für die Arbeitnehmer eine Frucht ihrer Arbeitsleistung dar. Es bestand auch kein ganz überwiegend eigenbetriebliches Interesse der Klägerin. Das Interesse der Arbeitnehmer an der kostenlosen Teilnahme an den Wochenenden und an den Veranstaltungen des Fanclubs trat gegenüber den von der Klägerin mit den jeweiligen Zuwendungen verfolgten eigenbetrieblichen Interessen nicht nahezu vollständig in den Hintergrund.

Die Bewertung der geldwerten Vorteile, die die Klägerin ihren Arbeitnehmern durch die kostenlose Teilnahme an den "Business Veranstaltungen" im Rahmen der Wochenenden und an den Veranstaltungen des Fanclubs zuwandte, richtet sich nach § 8 Abs. 2 Satz 1 EStG. Bei der Ableitung des üblichen Endpreises anhand der Kosten des Arbeitgebers handelt es sich um eine Schätzung des nach § 8 Abs. 2 Satz 1 EStG zu bewertenden Vorteils. Es ist deshalb konsequent, bei der Schätzung des Werts dieses Vorteils nur solche Kosten einzubeziehen, die geeignet sind, eine objektive Bereicherung der Arbeitnehmer zu bewirken. Die Aufwendungen des Arbeitgebers für eine Veranstaltung können unter diesem Gesichtspunkt nicht als Einheit angesehen werden. Die Zusammenfassung der vom Arbeitgeber anlässlich einer Veranstaltung gewährten Leistungen zu einer Gesamtzuwendung kann zwar den Umständen des Einzelfalls entsprechen. Sie wird aber den tatsächlichen Verhältnissen nicht immer gerecht; es ist nicht einmal richtig, sie als Regelfall anzusehen.

Im Streitfall hat das FG in Bezug auf die Aufwendungen der Klägerin für die Eventmanager eine Bereicherung der Arbeitnehmer zu Unrecht bejaht. Denn die Arbeitnehmer hatten durch die Einschaltung der Eventmanager keinen Vorteil erlangt. Zwar mögen die Eventmanager für eine professionelle Ausrichtung der jeweiligen Veranstaltungen gesorgt haben. Dies führt als solches aber noch nicht zu einem geldwerten Vorteil, der über die kostenlose Teilnahme an den jeweiligen Veranstaltungen hinausgeht. Vorliegend bestand zwischen den Beteiligten Einigkeit, dass die Voraussetzungen für die Pauschalierung der Einkommensteuer nach § 37b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG in Bezug auf die Zuwendungen an die Kunden der Klägerin aus der kostenlosen Teilnahme an den "Business Veranstaltungen" während der Wochenenden vorlagen.

§ 37b Abs. 1 Satz 2 EStG enthält für die Bewertung der Zuwendungen nach § 37b Abs. 1 Satz 1 EStG eine eigenständige Bemessungsgrundlage. Diese verdrängt in ihrem Anwendungsbereich die Bewertung nach § 8 Abs. 2 Satz 1 EStG. Sich hierdurch ergebende unterschiedliche Bewertungsmaßstäbe und daraus folgende unterschiedliche Ergebnisse bei der Bewertung einer Sachzuwendung sind im Gesetz angelegt und vom Rechtsanwender daher hinzunehmen. Ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz in Art. 3 Abs. 1 GG ist insoweit nicht zu besorgen. Denn die Pauschalierung der Einkommensteuer nach § 37b EStG und die damit einhergehende, von § 8 Abs. 2 Satz 1 EStG abweichende Bewertung der Zuwendungen steht zur Wahl des Steuerpflichtigen. Der Steuerpflichtige hat es damit selbst in der Hand zu bestimmen, auf welcher Grundlage die Bewertung vorzunehmen ist. In die Bemessungsgrundlage nach § 37b Abs. 1 Satz 2 EStG sind alle der Zuwendung direkt zuzuordnenden Aufwendungen (Einzelkosten) einzubeziehen. Soweit die Aufwendungen Teil einer Gesamtleistung sind, ist der auf die jeweilige Zuwendung entfallende Anteil an diesen Aufwendungen anzusetzen, der gegebenenfalls im Wege der Schätzung zu ermitteln ist.

Darüber hinaus besteht gem. § 37b Abs. 1 Satz 2 EStG keine Rechtsgrundlage dafür, bestimmte einzelne Aufwendungen des Steuerpflichtigen aus der Bemessungsgrundlage auszuscheiden. Nach dem insoweit eindeutigen Wortlaut des Gesetzes bemisst sich die pauschale Einkommensteuer nach den "Aufwendungen des Steuerpflichtigen einschließlich Umsatzsteuer". Einschränkungen oder Ausnahmen hiervon sieht das Gesetz nicht vor. Es kommt hiernach für die Einbeziehung einer Aufwendung des Steuerpflichtigen in die Bemessungsgrundlage nach § 37b Abs. 1 Satz 2 EStG insbesondere nicht darauf an, ob die betreffende Aufwendung, sofern sie der zu bewertenden Zuwendung direkt zurechenbar ist, ihrerseits (isoliert betrachtet) zu einem Vorteil des Zuwendungsempfängers führen würde.

Die Erwägungen, die den BFH bei der Bewertung einer Sachzuwendung gem. § 8 Abs. 2 Satz 1 EStG dazu veranlasst haben, die Kosten für den äußeren Rahmen einer Veranstaltung nicht in die Bewertung des Sachbezugs einzubeziehen, sind auf die Bewertung einer Zuwendung nach § 37b Abs. 1 Satz 2 EStG somit nicht übertragbar. Im Streitfall hat das FG die streitigen Aufwendungen der Klägerin für das Eventmanagement der T-GmbH einschließlich Umsatzsteuer im Ergebnis zu Recht in die Bemessungsgrundlage des § 37b Abs. 1 Satz 2 EStG einbezogen. Die Klägerin hat die Aufwendungen getragen. Sie waren den (steuerbaren) Sachzuwendungen zugunsten der an den "Business Veranstaltungen" während der Wochenenden teilnehmenden Kunden der Klägerin zudem direkt zurechenbar.
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