Aufwendungen für die operative Entfernung eines Lipödems nicht als außergewöhnliche Belastung steuerlich absetzbar
FG Rheinland-Pfalz 18.8.2016, 4 K 2173/15Die Klägerin machte mit ihrer Einkommensteuererklärung für 2013 u.a. Kosten i.H.v. 2.250 € für eine Fettabsaugung bei Lipödem ("Bananenrolle, Oberschenkel und Unterschenkel beiderseits") als außergewöhnliche Belastung nach § 33 EStG geltend, weil ihre Krankenkasse diese Kosten trotz ärztlicher Verordnung nicht ersetzt hatte. Das Finanzamt erkannte die Aufwendungen nicht an mit der Begründung, dass sie nicht "zwangsläufig" i.S.d. § 33 EStG gewesen seien, denn die Klägerin habe die medizinische Notwendigkeit der Maßnahme nicht nachgewiesen.
Das Finanzamt verwies auf das Urteil des BFH vom 18.6.2015 (VI R 68/14) und das diesem Urteil zu Grunde liegende "Gutachten Liposuktion bei Lip- und Lymphödemen" der Sozialmedizinischen Expertengruppe 7 des Medizinischen Dienstes des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen e.V. von 2011. Danach fehle dieser Methode die wissenschaftliche Anerkennung. Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Klage. Sie macht u.a. geltend, dieses Gutachten sei inzwischen veraltet, daher müsse ein neues Gutachten eingeholt werden.
Das FG wies die Klage - ohne Einholung des beantragten Gutachtens - ab. Die Revision zum BFH wurde nicht zugelassen.
Die Gründe:
Die Klägerin kann die Kosten für die Fettabsaugung nicht als außergewöhnliche Belastung nach § 33 EStG geltend machen.
Die Einholung eines neuen Gutachtens war nicht erforderlich, weil es nicht darauf ankommt, ob die Liposuktion heute wissenschaftlich anerkannt ist. Maßgeblich ist der Stand der Wissenschaft zum Zeitpunkt der Behandlung bzw. Operation, hier also im Jahr 2013. Seinerzeit war das Gutachten von Oktober 2011 noch nicht veraltet und immer noch aktuell. Im Übrigen fehlen selbst heute noch (2016) wissenschaftliche Belege für die Wirksamkeit der Liposuktion zur Behandlung eines Lipödems. Dies ist der aktuellen Rechtsprechung der Sozialgerichte (zuständig für Klagen gegen Krankenkassen) zu entnehmen.
Zwar können auch Kosten für wissenschaftlich nicht anerkannte Behandlungsmethoden als außergewöhnliche Belastung abzugsfähig sein. Dies setzt jedoch voraus, dass vor der Behandlung ein amtsärztliches Gutachten oder eine ärztliche Bescheinigung eines Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung erstellt worden ist. Die von der Klägerin vorgelegte Verordnung ihres behandelnden Arztes reicht daher nicht aus.