Aufwendungen für eine Tomatis-Therapie sind keine außergewöhnliche Belastungen
Niedersächsisches FG v. 11.6.2020 - 9 K 182/19
Der Sachverhalt:
Die Tomatis-Therapie ist eine "Horch-" und Hörtherapie, die von dem französischen Arzt Alfred A. Tomatis entwickelt wurde. Sie beschäftigt sich mit der Interaktion von auditiven, phonatorischen und psychischen Prozessen und dient der Behandlung eines weiten Spektrums des Funktions- und Gleichgewichtssystems. Rechtlich zählt die Tomatis-Therapie zu den komplemetärmedizinischen Behandlungsmethoden.
Im zugrunde liegenden Streitfall litt der Sohn der Kläger an einer Hyperakusis (krankhaften Überempfindlichkeit gegen Schall). Auf Vorschlag des behandelnden HNO-Arztes ließen die Kläger zur Behandlung der Hyperakusis eine Hörtherapie nach Tomatis bei einem entsprechenden Institut durchführen. Nach der Behandlung bescheinigte der HNO-Arzt den Erfolg der Therapie.
Da weder Krankenkasse noch Beihilfestelle zur Kostenübernahme bereit waren, machten die Kläger die Kosten i.H.v. 4.000 € mit der Einkommensteuererklärung 2017 als außergewöhnliche Belastungen geltend. Da die Kläger jedoch weder ein vor Beginn der Therapie ausgestelltes amtsärztliches Gutachten noch eine vorherige ärztliche Bescheinigung eines medizinischen Dienstes der Krankenversicherung vorlegen konnten, lehnte das Finanzamt die steuerliche Berücksichtigung ab.
Mit der Klage machten die Kläger geltend, dass die Tomatis-Therapie eine wissenschaftlich anerkannte Methode zur Behandlung des Krankheitsbildes ihres Sohnes sei. Sie verwiesen auf eine Vielzahl von Fachstudien, die insbesondere auf der Internetseite www.tomatis.com veröffentlicht seien, eine veröffentlichte Studie mit insgesamt 12 hörbeeinträchtigten Kindern sowie die Befundberichte des behandelnden HNO-Arztes.
Gleichwohl hatte die Klage beim Niedersächsischen FG keinen Erfolg. Die Entscheidung ist rechtskräftig.
Die Gründe:
Bei der Tomatis-Therapie handelt es sich um eine wissenschaftlich nicht anerkannte Behandlungsmethode, bei der zum Nachweis der Zwangsläufigkeit der Heilbehandlungskosten ein qualifizierter Nachweis in Form eines vor Beginn der Therapie ausgestellten amtsärztlichen Gutachtens oder eine vorherige ärztliche Bescheinigung eines medizinischen Dienstes der Krankenversicherung erforderlich ist (§ 64 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 Buchst. f der Einkommensteuerdurchführungsverordnung).
Die Entscheidung stützt sich im Wesentlichen auf eine im Klageverfahren eingeholte Stellungnahme der Deutschen Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie. Die Gesellschaft hatte an frühere Stellungnahmen - teilweise in sozialgerichtlichen Verfahren - angeknüpft und war zu dem Ergebnis gekommen, dass es bis zum Streitjahr 2017 und darüber hinaus bis heute keine relevanten wissenschaftlichen Arbeiten dazu gibt, ob die Tomatis-Therapie zur Behandlung speziell einer Hyperakusis geeignet ist. Daraus ist zu schließen, dass die große Mehrheit der einschlägigen Fachleute diese Behandlungsmethode nicht befürwortet und über die Zweckmäßigkeit der Therapie kein Konsens besteht. Zudem gibt es über Qualität und Wirksamkeit der Methode keine zuverlässigen, wissenschaftlich nachprüfbaren Aussagen. Der Erfolg der Therapie lässt sich im Ergebnis nicht aus wissenschaftlich einwandfrei durchgeführten Studien über die Zahl der behandelten Fälle und die Wirksamkeit der Methode ablesen. Es ist auch nicht ersichtlich, dass die Tomatis-Therapie in einer für die sichere Beurteilung ausreichenden Zahl von Behandlungsfällen erfolgreich gewesen ist.
Niedersächsisches FG PM Nr. 8 vom 19.8.2020
Die Tomatis-Therapie ist eine "Horch-" und Hörtherapie, die von dem französischen Arzt Alfred A. Tomatis entwickelt wurde. Sie beschäftigt sich mit der Interaktion von auditiven, phonatorischen und psychischen Prozessen und dient der Behandlung eines weiten Spektrums des Funktions- und Gleichgewichtssystems. Rechtlich zählt die Tomatis-Therapie zu den komplemetärmedizinischen Behandlungsmethoden.
Im zugrunde liegenden Streitfall litt der Sohn der Kläger an einer Hyperakusis (krankhaften Überempfindlichkeit gegen Schall). Auf Vorschlag des behandelnden HNO-Arztes ließen die Kläger zur Behandlung der Hyperakusis eine Hörtherapie nach Tomatis bei einem entsprechenden Institut durchführen. Nach der Behandlung bescheinigte der HNO-Arzt den Erfolg der Therapie.
Da weder Krankenkasse noch Beihilfestelle zur Kostenübernahme bereit waren, machten die Kläger die Kosten i.H.v. 4.000 € mit der Einkommensteuererklärung 2017 als außergewöhnliche Belastungen geltend. Da die Kläger jedoch weder ein vor Beginn der Therapie ausgestelltes amtsärztliches Gutachten noch eine vorherige ärztliche Bescheinigung eines medizinischen Dienstes der Krankenversicherung vorlegen konnten, lehnte das Finanzamt die steuerliche Berücksichtigung ab.
Mit der Klage machten die Kläger geltend, dass die Tomatis-Therapie eine wissenschaftlich anerkannte Methode zur Behandlung des Krankheitsbildes ihres Sohnes sei. Sie verwiesen auf eine Vielzahl von Fachstudien, die insbesondere auf der Internetseite www.tomatis.com veröffentlicht seien, eine veröffentlichte Studie mit insgesamt 12 hörbeeinträchtigten Kindern sowie die Befundberichte des behandelnden HNO-Arztes.
Gleichwohl hatte die Klage beim Niedersächsischen FG keinen Erfolg. Die Entscheidung ist rechtskräftig.
Die Gründe:
Bei der Tomatis-Therapie handelt es sich um eine wissenschaftlich nicht anerkannte Behandlungsmethode, bei der zum Nachweis der Zwangsläufigkeit der Heilbehandlungskosten ein qualifizierter Nachweis in Form eines vor Beginn der Therapie ausgestellten amtsärztlichen Gutachtens oder eine vorherige ärztliche Bescheinigung eines medizinischen Dienstes der Krankenversicherung erforderlich ist (§ 64 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 Buchst. f der Einkommensteuerdurchführungsverordnung).
Die Entscheidung stützt sich im Wesentlichen auf eine im Klageverfahren eingeholte Stellungnahme der Deutschen Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie. Die Gesellschaft hatte an frühere Stellungnahmen - teilweise in sozialgerichtlichen Verfahren - angeknüpft und war zu dem Ergebnis gekommen, dass es bis zum Streitjahr 2017 und darüber hinaus bis heute keine relevanten wissenschaftlichen Arbeiten dazu gibt, ob die Tomatis-Therapie zur Behandlung speziell einer Hyperakusis geeignet ist. Daraus ist zu schließen, dass die große Mehrheit der einschlägigen Fachleute diese Behandlungsmethode nicht befürwortet und über die Zweckmäßigkeit der Therapie kein Konsens besteht. Zudem gibt es über Qualität und Wirksamkeit der Methode keine zuverlässigen, wissenschaftlich nachprüfbaren Aussagen. Der Erfolg der Therapie lässt sich im Ergebnis nicht aus wissenschaftlich einwandfrei durchgeführten Studien über die Zahl der behandelten Fälle und die Wirksamkeit der Methode ablesen. Es ist auch nicht ersichtlich, dass die Tomatis-Therapie in einer für die sichere Beurteilung ausreichenden Zahl von Behandlungsfällen erfolgreich gewesen ist.