Aufwendungen zur Beseitigung nachträglicher Schäden stellen Erhaltungsaufwendungen dar
FG Düsseldorf 21.1.2016, 11 K 4274/13 EDie Klägerin hatte im Februar 2007 eine Eigentumswohnung erworben und das bestehende Mietverhältnis übernommen. Die Wohnung befand sich zu diesem Zeitpunkt in einem mangelfreien Zustand. Die Klägerin erklärte für das Jahr 2007 keine Erhaltungsaufwendungen. Nach einiger Zeit kam es jedoch wegen der Nebenkosten zu Zahlungsstörungen. Nach gewonnenem Zivilrechtsstreit kündigte die Klägerin das Mietverhältnis im September 2008. Die Mieterin hinterließ die Wohnung daraufhin in einem beschädigten Zustand: eingeschlagene Scheiben, Schimmelbefall an Wänden und zerstörte Bodenfliesen. Darüber hinaus wurden Schäden aufgrund eines bisher von der Mieterin über Monate nicht gemeldeten Rohrbruchs im Badezimmer entdeckt.
Zur Beseitigung der Schäden machten die Klägerin in ihrer Einkommensteuererklärung für 2008 einen Betrag von 19.913 € als sofort abzugsfähigen Aufwand geltend. Das Finanzamt versagte jedoch letztlich den sofortigen Abzug und berücksichtigte stattdessen anschaffungsnahe Herstellungskosten, da die 15 %-Grenze des § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG basierend auf den Anschaffungskosten für die Wohnung von 104.101 € bei 15.615,15 € liege und überschritten sei.
Die Kläger war der Ansicht, anschaffungsnahe Erhaltungsaufwendungen seien nach BFH-Rechtsprechung nur dann als Anschaffungskosten zu bewerten, wenn der Grund für ihren Anfall bereits vor oder bei dem Erwerb bestanden habe, das Objekt also zumindest insoweit nicht betriebsbereit gewesen sei. Aufwendungen zur Beseitigung von Schäden, die erst nach dem Erwerb entstanden seien, seien jedoch im Hinblick auf den Zweck und die Entstehungsgeschichte der Rechtsprechung zu anschaffungsnahen Herstellungskosten nicht unter diese Positionen einzuordnen.
Das FG gab der Klage statt. Allerdings wurde zur Fortbildung des Rechts die Revision zum BFH zugelassen.
Die Gründe:
Das Finanzamt hatte die im Jahr 2008 geltend gemachten Erhaltungsaufwendungen i.H.v. 19.913 € zu Unrecht nicht als sofort abzugsfähige Werbungskosten, sondern als anschaffungsnahe Herstellungskosten berücksichtigt.
Zwar lagen nach dem Wortlaut des § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG an sich anschaffungsnahe Herstellungskosten vor. Der Senat sah sich aufgrund der gebotenen Auslegung der Vorschrift jedoch daran gehindert, diese im Streitfall nach ihrem Wortlaut anzuwenden. Denn in Fällen von Schäden an Gebäuden nach Erwerb bedarf die Vorschrift vielmehr einer teleologischen Reduktion. Der Senat folgte damit einer in der Literatur vertretenen Auffassung. So lassen sich der Gesetzesbegründung nach keine Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass der Aufwand zur Beseitigung von Schäden nach Erwerb unter die Regelung des § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG fallen sollte. Und auch die die Systematik spricht dafür, Aufwendungen zur Beseitigung von Schäden nach Erwerb eines Gebäudes nicht dem § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG zuzuordnen.
Insbesondere die Möglichkeit einer außerordentlichen Absetzung für Abnutzung gem. § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 7 i.V.m. § 7 Abs. 4 S. 3, Abs. 1 S. 7 EStG spricht dagegen, Instandhaltungsaufwand für nachträgliche Schäden als nachträgliche Herstellungskosten zu erfassen. § 6 Abs. 1 Nr. 1a S. 2 EStG steht einem solchen Aufwand nicht entgegen. Der Aufwand aus einer außerordentlichen Absetzung für Abnutzung begründet noch keine Instandsetzungs- oder Modernisierungsmaßnahme gem. § 6 Abs. 1 Nr. 1a S. 1 EStG. Eine Absetzung für außerordentliche technische Abnutzung kommt auch im Rahmen einer Vermietung und Verpachtung in Betracht, wenn die Mietsache in ihrer Substanz geschädigt ist.
Letztlich sprach auch der aus der Entstehungsgeschichte und der Systematik abgeleitete Sinn und Zweck der Vorschrift dafür, Aufwendungen zur Beseitigung nachträglicher Schäden zum sofortigen Abzug zuzulassen. Neben der gesetzlichen Verankerung der in H 157 Abs. 4 EStH 2002 festgehaltenen Rechtsprechungsgrundsätze ging es dem Gesetzgeber um eine Vereinfachung der Verwaltungspraxis durch eine typisierende Vorschrift. Durch die konkrete Ausgestaltung der Vorschrift mag es in einzelnen Fällen aus Vereinfachungsgründen zu einer steuerverschärfenden Rechtsänderung kommen. Der § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG ist anhand seines Wortlauts nur zwingend wörtlich auszulegen, soweit der Sinn und Zweck es erfordert. Danach könnte man jedenfalls dann, wenn der Schadenseintritt vor oder nach Erwerb streitig ist, § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG anwenden, da eine aufwändige Ermittlung dieses Zeitpunktes einem Vereinfachungszweck zuwiderläuft. Hier waren die Schäden allerdings eindeutig erst nach dem Erwerb durch die Klägerin eingetreten.
Ob Aufwendungen zur Beseitigung nachträglicher Schäden anschaffungsnahe Herstellungskosten gem. § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG auslösen können, hat der BFH bisher nicht entschieden. Infolgedessen wurde die Revision zugelassen.
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