24.07.2019

Ausbildung bei der Polizei: Ernsthaftes Betreiben der Ausbildung eines Angehörigen der Spitzensportförderung?

Das FG München hat sich mit der Frage befasst, wann im Rahmen eines Ausbildungsverhältnis bei der Polizei das Vorliegen eines ernsthaften und nachhaltigen Betreibens der Ausbildung angenommen werden kann, wenn es sich um eines Angehörigen der Spitzensportförderung handelt. Für die Annahme eines ernsthaften und nachhaltigen Betreibens der Ausbildung genügt es nicht, dass das Ausbildungsverhältnis auch während der Freistellungsphase für Training, Lehrgänge und Wettkämpfe fortbesteht, während der Freistellung die Bezüge fortgezahlt werden, Dienstunfallschutz besteht und die Ausbildung an drei Präsenztagen in acht Monaten in der Dienststelle stattfindet.

FG München v. 16.5.2019 - 10 K 135/19
Der Sachverhalt:
Streitig ist der Anspruch auf Kindergeld für A für Februar bis September 2018. Die Klägerin stellte mit E-Mail an die beklagte Familienkasse vom 6.10.2017 die Frage, ob ein Kindergeldanspruch für A bestehe, und fügte als Anlage eine Ausbildungsbescheinigung der Bereitschaftspolizeiabteilung vom 28.3.2017 bei. Danach hatte A (als Angehöriger der Spitzensportförderung der Bayerischen Polizei) mehrere Ausbildungsabschnitte zu durchlaufen (nämlich vom 15.9.2016 bis zum 31.1.2017, vom 1.10.2017 bis zum 31.1.2018, vom 1.10.2018 bis zum 31.1.2019, vom 1.10.2019 bis zum 31.1.2020 sowie vom 1.9.2020 bis zum 31.1.2021), zwischen denen er für Training und Wettkämpfe freigestellt sei. Weiter legte die Klägerin das Schreiben einer ausländischen Behörde vom 7.4.2017 bei, wonach dem Kindesvater ausländische Familienleistungen für A von September 2016 bis Januar 2017, jeweils Oktober bis Januar ab 2017 bis 2020 und September 2020 bis Oktober 2020 gewährt werden.

Der ausgefüllte Vordruck für den Antrag auf Kindergeld für A ging am 28.6.2018 bei der Familienkasse ein. Die Familienkasse lehnte den Antrag der Klägerin "vom 28.6.2018" auf Kindergeld für A ab Dezember 2017 ab. Deutsches Kindergeld sei nachrangig und nur in Höhe des Unterschiedsbetrags zu den ausländischen Leistungen zu gewähren. Der Betrag der ausländischen Leistungen erreiche der Höhe nach das der Klägerin zustehende Kindergeld, so dass eine Zahlung ausgeschlossen sei. Die Klägerin ist demgegenüber der Ansicht, die ausländischen Leistungen erreichten nicht die Höhe des zustehenden Kindergeldes, denn im Ausland seien lediglich von September 2016 bis Januar 2017 und von Oktober 2017 bis Januar 2018 Familienleistungen gezahlt worden.

Das FG wies die Klage ab. Die Revision zum BFH wurde wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen.

Die Gründe:
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Kindergeld für A für die Monate Februar bis September 2018.

A ist nicht nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG zu berücksichtigen. Nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG wird ein Kind, das das 18. Lebensjahr vollendet hat, berücksichtigt, wenn es noch nicht das 25. Lebensjahr vollendet hat und für einen Beruf ausgebildet wird. Nach ständiger BFH-Rechtsprechung ist unter Berufsausbildung die Ausbildung zu einem künftigen Beruf zu verstehen. In Berufsausbildung befindet sich, wer sein Berufsziel noch nicht erreicht hat, sich aber ernstlich darauf vorbereitet. Auch wenn das Ausbildungsverhältnis fortbesteht, kann eine Unterbrechung der Ausbildung eintreten, wenn keine auf die Ausbildung gerichteten Maßnahmen stattfinden. Ein Kindergeldanspruch nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG kann in diesem Fall gegeben sein, wenn es sich um eine nur vorübergehende Unterbrechung der Ausbildung handelt und die Unterbrechung von dem Kind nicht zu vertreten ist.

Nach diesen Maßgaben hat die Klägerin im Streitzeitraum für A keinen Kindergeldanspruch nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG. Das Ausbildungsverhältnis bei der Polizei bestand zwar auch während der Freistellungsphase für Training, Lehrgänge und Wettkämpfe fort. Zudem wurden während der Freistellung die Bezüge fortgezahlt, bestand Dienstunfallschutz und wurde A an drei Tagen in der Dienststelle ausgebildet. Dies genügt aber nicht für die Annahme eines ernsthaften und nachhaltigen Betreibens der Ausbildung. Training, Lehrgänge und Wettkämpfe haben im Hinblick auf das angestrebte Berufsziel keinen Ausbildungscharakter, da die damit erworbenen Kenntnisse keinen konkreten Bezug zu dem angestrebten Beruf aufweisen und weder Ausbildungsinhalt noch Ausbildungsziel vorgegeben werden. Die nur drei Präsenztage in acht Monaten stellen sich als Ausbildungsmaßnahmen von untergeordneter Bedeutung dar. Insofern liegt eine Unterbrechung der Ausbildung vor.

Auch die Voraussetzungen des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b EStG für eine Berücksichtigung des A sind nicht erfüllt. Nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b EStG wird ein Kind, das das 18. Lebensjahr vollendet hat, berücksichtigt, wenn es noch nicht das 25. Lebensjahr vollendet hat und sich in einer Übergangszeit von höchstens vier Monaten befindet, die zwischen zwei Ausbildungsabschnitten oder zwischen einem Ausbildungsabschnitt und der Ableistung des gesetzlichen Wehr- oder Zivildienstes, einer vom Wehr- oder Zivildienst befreienden Tätigkeit als Entwicklungshelfer oder als Dienstleistender im Ausland nach § 14b des Zivildienstgesetzes oder der Ableistung des freiwilligen Wehrdienstes nach § 58b des Soldatengesetzes oder der Ableistung eines freiwilligen Dienstes i.S.d. Buchstaben d liegt. Hier scheitert eine Berücksichtigung des A nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b EStG daran, dass die Freistellungsphase für Training und Wettkämpfe nicht zwischen zwei Ausbildungsabschnitten in diesem Sinne liegt.

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