25.09.2019

Auskunftsanspruch eines Insolvenzverwalters aus Steuerakten - Welcher Rechtsweg?

§ 32i Abs. 2 AO ist mit Blick auf von einem Insolvenzverwalter erhobene informationsfreiheitsrechtliche Ansprüche kein den Finanzrechtsweg eröffnendes Bundesgesetz i.S.d. § 33 Abs. 1 Nr. 4 FGO. Allerdings ist es höchstrichterlich noch nicht geklärt, ob trotz der materiellen Gleichschaltung durch § 32e AO für Ansprüche nach den Informationsfreiheitsgesetzen weiterhin die Verwaltungsgerichte zuständig bleiben, weshalb die Beschwerde zugelassen wurde.

FG Mecklenburg-Vorpommern v. 15.7.2019 - 3 K 91/19
Der Sachverhalt:
Der Kläger hat als gerichtlich bestellter Insolvenzverwalter über das Vermögen des Insolvenzschuldners gegenüber dem Finanzamt u.a. darüber Auskunft beantragt, wann die Finanzverwaltung gegen den Insolvenzschuldner erstmals Vollstreckungsmaßnahmen eingeleitet hatte, die nicht zur sofortigen Befriedigung der zu vollstreckenden Forderungen in voller Höhe geführt haben bzw. sämtliche Zahlungen aufzulisten, die das Finanzamt seit den erfolglosen Zwangsvollstreckungsmaßnahmen bzw. Anträgen auf Stundung, Aussetzung der Vollstreckung bzw. Abschluss einer Ratenzahlungsvereinbarung von dem Schuldner erhalten hat. Der Auskunftsanspruch wurde ausschließlich auf § 1 Informationsfreiheitsgesetz Mecklenburg-Vorpommern -IFG M-V- gestützt.

Das Finanzamt hat den Auskunftsantrag nach § 32c Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO abgewiesen. Es war der Ansicht, dass die Auskunftserteilung das Land Mecklenburg-Vorpommern in der Geltendmachung, Ausübung oder Verteidigung zivilrechtlicher Ansprüche oder in der Verteidigung gegen das Land geltend gemachte zivilrechtliche Ansprüche i.S.d. Artikels 23 Abs. 1 Buchst. j Datenschutz-Grundverordnung beeinträchtigen würde. Die gewünschten Auskünfte dienten offensichtlich der Durchsetzung etwaiger zivilrechtlicher Anfechtungsansprüche nach §§ 129 ff. InsO. In der Rechtsbehelfsbelehrung wurde darauf hingewiesen, dass gegen die Entscheidung Klage beim FG erhoben werden kann.

Gegen den Ablehnungsbescheid hat der Kläger entsprechend der Rechtsbehelfsbelehrung Klage bei dem FG erhoben und nachfolgend beantragt, den Rechtsstreit an das zuständige VG zu verweisen. Zur Begründung verwies er auf die BSG-Entscheidung vom 4.4.2012 (B 12 SF 1710 R) sowie die Entscheidung des VG Düsseldorf vom 7.3.2019 (29 K 8023/18). Das Finanzamt blieb bei seiner Auffassung, dass zulässiger Rechtsweg der Finanzrechtsweg sei und dem Verweisungsantrag nicht stattzugeben sei.

Das FG hat den Rechtsstreit nach § 17a Abs. 2 GVG an das zuständige VG verwiesen. Allerdings wurde wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache die Beschwerde zugelassen.

Die Gründe:
Ob der Rechtsweg zu den Finanzgerichten oder zu den allgemeinen Verwaltungsgerichten eröffnet ist, ist aufgrund des Sachvortrags des Rechtssuchenden und nach der Rechtsnatur des Klagebegehrens zu entscheiden. Handelt es sich um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit über eine Abgabenangelegenheit i.S.d. § 33 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 FGO, ist der Rechtsweg zu den Finanzgerichten eröffnet. Handelt es sich um eine sonstige öffentlich-rechtliche Streitigkeit nichtverfassungsrechtlicher Art, ist nach § 40 Abs. 1 VwGO der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten gegeben, soweit die Streitigkeit nicht durch Bundesgesetz einem anderen Gericht ausdrücklich zugewiesen worden ist. Der Rechtsweg zu den Finanzgerichten für den vom Kläger als Insolvenzverwalter gegenüber dem Beklagten geltend gemachten Anspruch auf Auskunft ist nach mittlerweile gefestigter Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte jedenfalls dann nicht gegeben, wenn - wie im Streitfall - der Kläger seinen Anspruch nicht auf die Vorschriften der AO, sondern ausschließlich auf die Vorschriften des Informationsfreiheitsgesetzes stützt. Der Kläger macht insofern einen Anspruch geltend, der nicht mit der Verwaltung von Abgaben i.S.d. § 33 FGO zusammenhängt.

Infolgedessen ist der Verwaltungsrechtsweg nach § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO eröffnet. Entgegen der Auffassung der Finanzbehörde ist der Finanzrechtsweg auch nicht aufgrund von § 33 Abs. 1 Nr. 4 FGO i.V.m. § 32i Abs. 2 AO gegeben. Denn gem. § 32i Abs. 2 AO ist für Klagen der betroffenen Person hinsichtlich der Verarbeitung personenbezogener Daten gegen Finanzbehörden oder gegen deren Auftragsverarbeiter wegen eines Verstoßes gegen datenschutzrechtliche Bestimmungen im Anwendungsbereich der Verordnung (EU) 2016/679 - DSGVO - oder der darin enthaltenen Rechte der betroffenen Person der Finanzrechtsweg gegeben. § 32i Abs. 2 AO ist mit Blick auf von einem Insolvenzverwalter erhobene informationsfreiheitsrechtliche Ansprüche kein den Finanzrechtsweg eröffnendes Bundesgesetz i.S.d. § 33 Abs. 1 Nr. 4 FGO. Vielmehr erfasst die Norm Klagen der Steuerpflichtigen in dem jeweiligen Besteuerungsverfahren nach Art. 79 Abs. 1 DSGVO gegen Finanzbehörden und Auftragsverarbeiter. Der Insolvenzverwalter ist aber weder eine betroffene Person i.S.v. Art. 4 Nr. 1 DSGVO, noch verfolgt er datenschutzrechtliche Betroffenenrechte aus Art. 12 ff. DSGVO.

Allerdings ist es höchstrichterlich noch nicht geklärt, ob trotz der materiellen Gleichschaltung durch § 32e AO für Ansprüche nach den Informationsfreiheitsgesetzen weiterhin die Verwaltungsgerichte zuständig bleiben, weshalb die Beschwerde zugelassen wurde.

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