Ausländische Kapitaleinkünfte unterliegen nicht dem Progressionsvorbehalt
FG Münster 7.12.2016, 11 K 2115/15 EDer Kläger hatte in den Streitjahren 2011 bis 2013 einen Wohnsitz in Österreich und bezog aus der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung eine Leibrente. Daneben erzielte er österreichische Kapitalerträge, für die in Österreich Kapitalertragsteuer einbehalten worden war.
Das Finanzamt behandelte den Kläger und seine Ehefrau (Klägerin) gem. § 1 Abs. 3 EStG antragsgemäß als unbeschränkt steuerpflichtig und veranlagte sie zusammen zur Einkommensteuer. Dabei unterwarf es die österreichischen Kapitaleinkünfte dem Progressionsvorbehalt. Hiergegen wandten die Kläger ein, dass Kapitalerträge, die der Abgeltungssteuer unterliegen, nicht zur Anwendung des Progressionsvorbehalts führen könnten. Das Finanzamt ging demgegenüber davon aus, dass die Kläger bei einem rein inländischen Sachverhalt aufgrund ihres niedrigen persönlichen Steuersatzes eine Günstigerprüfung beantragt hätten, die zu einer Besteuerung der Kapitaleinkünfte nach der tariflichen Einkommensteuer geführt hätte.
Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage statt. Die Revision zum BFH wurde wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen. Sie wird dort unter dem Az. VIII R 1/17 geführt.
Die Gründe:
Die österreichischen Kapitaleinkünfte des Klägers unterliegen nicht dem Progressionsvorbehalt.
Zum einen handelt es sich nicht um nach einem DBA steuerfreie Einkünfte. Das DBA Österreich ist nicht anwendbar, weil der Kläger die Einkünfte aus dem Staat bezogen hat, in dem er auch seinen Wohnsitz hatte, nämlich Österreich. Zum anderen liegen auch die Voraussetzungen des § 32b Abs. 1 S. 1 Nr. 5 EStG nicht vor. Nach dieser Vorschrift greift der Progressionsvorbehalt zwar für solche Einkünfte ein, die bei Anwendung von § 1 Abs. 3 EStG bei der Ermittlung des zu versteuernden Einkommens unberücksichtigt bleiben. Hierbei sind jedoch Kapitaleinkünfte außer Betracht zu lassen.
Dies folgt aus der gesetzlichen Anordnung (§ 2 Abs. 5b EStG), wonach Kapitaleinkünfte wegen des für sie geltenden einheitlichen Steuersatzes von 25 % einem besonderen Besteuerungsregime unterliegen. Hierfür spricht auch, dass die Regelungen über den Progressionsvorbehalt an die tarifliche Einkommensteuer anknüpfen, die für Kapitaleinkünfte gerade nicht gilt. Die Kläger sind für Zwecke des Progressionsvorbehalts vielmehr so zu stellen, als ob sie die Kapitaleinkünfte im Inland bezogen hätten.
In diesem Fall wäre der Abgeltungssteuersatz anwendbar gewesen, denn ein Ausnahmetatbestand hätte nicht eingegriffen. Insbesondere kann nicht von der Ausübung des Wahlrechts zur Anwendung des tariflichen Einkommensteuersatzes ausgegangen werden, da ein solcher Antrag einer Fiktion nicht zugänglich ist. Im Übrigen hätten die Kläger keinen Progressionsvorteil erlangt, weil die Kapitaleinkünfte in Österreich mit 25 % besteuert worden sind. Für die Anwendung des Progressionsvorbehalts besteht daher kein Bedürfnis.
Linkhinweis:
- Der Volltext der Entscheidung ist in der Rechtsprechungsdatenbank NRW veröffentlicht.
- Um direkt zum Volltext zu kommen, klicken Sie bitte hier.