05.06.2018

Auslegung des Begriffs "des mit einem Familienheim bebauten Grundstücks" i.S.d. § 13 Abs. 1 Nr. 4b S. 1 ErbStG

Ein Grundstück im zivilrechtlichen Sinn ist der räumlich abgegrenzte Teil der Erdoberfläche, der im Bestandsverzeichnis eines Grundbuchblatts auf einer eigenen Nummer eingetragen ist. Somit ist ein Flurstück, das an ein mit einem Familienheim bebautes Grundstück angrenzt und im Grundbuch auf einer eigenen Nummer eingetragen ist, nicht nach § 13 Abs. 1 Nr. 4b S. 1 ErbStG begünstigt.

FG Düsseldorf 16.5.2018, 4 K 1063/17 Erb
Der Sachverhalt:
Die Klägerin ist die Ehefrau des Erblassers. Dieser war u.a. Eigentümer eines von ihm bewohnten und mit einem Einfamilienhaus, einem Schwimmbad sowie einer Doppelgarage bebauten Grundstücks. Das Grundstück mit einer Größe von 1.810 qm war im Grundbuch von Z Blatt 1 eingetragen. Der Erblasser war ferner Eigentümer des unbebauten Grundstücks Gemarkung Z Flur 1 Flurstück 2. Dieses Grundstück mit einer Größe von 1.722 qm grenzt nordöstlich an das Grundstück Gemarkung Z Flur 1 Flurstück 1 und war im Grundbuch von Z Blatt 10 eingetragen. Der Stadtdirektor der Stadt Z hatte dem Erblasser im Oktober 1969 eine Baugenehmigung für die Errichtung einer einheitlichen Grundstückseinfriedung auf beiden Grundstücken erteilt.

Der Erblasser verstarb im Oktober 2014. Er wurde von der Klägerin allein beerbt. Diese nutzt die Grundstücke Gemarkung Z Flur 1 Flurstücke 1 und 2 zu eigenen Wohnzwecken. Im Juni 2015 machte die Klägerin beim beklagten Finanzamt für die Grundstücke Gemarkung Z Flur 1 Flurstücke 1 und 2 die Steuerbefreiung nach § 13 Abs. 1 Nr. 4b S. 1 ErbStG geltend. Das Finanzamt setzte gegen die Klägerin erstmals im November 2015 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung Erbschaftsteuer fest und gewährte es die Steuerbefreiung.

Im März 2017 setzte das Finanzamt die Erbschaftsteuer gegen die Klägerin neu fest und berücksichtigte die Steuerbefreiung des § 13 Abs. 1 Nr. 4b S. 1 ErbStG nur noch für das Grundstück Gemarkung Z Flur 1 Flurstück 1. Zur Begründung führte es aus: Die Steuerbefreiung könne nicht für Grundstücke gewährt werden, bei denen es sich um selbständige wirtschaftliche Einheiten handele und die nicht bebaut seien. Die Klägerin hielt dagegen, die Grundstücke Gemarkung Z Flur 1 Flurstücke 1 und 2 seien ursprünglich Eigentum der Stadt Z gewesen und einheitlich als "Bürgermeistergrundstück" bezeichnet worden. Die Grundstücke seien seit jeher einheitlich als Wohnhausgrundstück mit Garten genutzt worden. Auf die Eintragung der Grundstücke in unterschiedlichen Grundbüchern könne es deshalb nicht ankommen.

Das FG wies die Klage ab. Allerdings wurde die Revision zum BFH zugelassen.

Die Gründe:
Das Finanzamt hat es zu Recht abgelehnt, für das unbebaute Grundstück Gemarkung Z Flur 1 Flurstück 2 die Steuerbefreiung gem. § 13 Abs. 1 Nr. 4b S. 1 ErbStG zu berücksichtigen. Die Klägerin kann diese Steuerbefreiung für das unbebaute Grundstück nicht in Anspruch nehmen, denn hierbei handelt es sich nicht um ein mit einem Familienheim bebautes Grundstück i.S.d. § 13 Abs. 1 Nr. 4b S. 1 ErbStG. Die Bestimmung verweist zwar auf § 181 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 BewG. Dieser Regelung lässt sich jedoch nur entnehmen, wie das bebaute Grundstück genutzt werden muss.

Für die Beantwortung der Frage, wie der Begriff des mit einem Familienheim bebauten Grundstücks in § 13 Abs. 1 Nr. 4b S. 1 ErbStG auszulegen ist, kann auch nicht die Bestimmung des § 2 Abs. 1 S. 1 u. 3 BewG herangezogen werden, denn die Steuerbefreiung knüpft nicht an den Begriff der wirtschaftlichen Einheit an. Es geht zudem nicht um die Bewertung eines Grundstücks (§ 12 Abs. 3 ErbStG). Deshalb kommt es auch nicht darauf an, ob die Grundstücke Gemarkung Z Flur 1 Flurstücke 1 und 2 nach den Anschauungen des Verkehrs als eine wirtschaftliche Einheit anzusehen sind, was als zutreffend unterstellt werden kann.

Der Begriff des mit einem Familienheim bebauten Grundstücks ist nach Auffassung des Senats in einem zivilrechtlichen Sinn zu verstehen. Denn auch die Begriffe des Eigentums und des Miteigentums in § 13 Abs. 1 Nr. 4b S. 1 ErbStG sind in einem zivilrechtlichen Sinn zu verstehen (BFH-Urt. v. 3.6.2014, Az.: II R 45/12 sowie v. 29.11.2017, Az.: II R 14/16). Demgemäß bezieht sich die Steuerbefreiung des § 13 Abs. 1 Nr. 4b S. 1 ErbStG nicht nur auf das Gebäude, sondern auch auf das Grundstück, dessen wesentlicher Bestandteil das Gebäude gem. § 94 Abs. 1 S. 1 BGB.

Ein Grundstück im zivilrechtlichen Sinn ist somit der räumlich abgegrenzte Teil der Erdoberfläche, der im Bestandsverzeichnis eines Grundbuchblatts auf einer eigenen Nummer eingetragen ist. Somit ist ein Flurstück, das an ein mit einem Familienheim bebautes Grundstück angrenzt und im Grundbuch auf einer eigenen Nummer eingetragen ist, nicht nach § 13 Abs. 1 Nr. 4b S. 1 ErbStG begünstigt. Und da das mit dem Familienheim bebaute Grundstück Gemarkung Z Flur 1 Flurstück 1 im Grundbuch von Z Blatt 1 eingetragen ist, während das daran angrenzende unbebaute Grundstück Gemarkung Z Flur 1 Flurstück 2 im Grundbuch von Z Blatt 10 eingetragen ist, scheidet eine Steuerbefreiung für das letztgenannte Grundstück aus.

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