Avalprovisionen als Schuldzinsen
Kurzbesprechung
BFH v. 31. 8. 2022 - X R 15/21
EStG § 4 Abs 4a S 1, § 9 Abs 1 S 3 Nr. 1 S 1
BGB § 488 Abs 1 S 1, § 675
Der Begriff der Schuldzinsen, den das EStG in seiner aktuellen Fassung neben § 4 Abs. 4a Satz 1 EStG insbesondere auch in § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 Satz 1 EStG verwendet, ist nicht legaldefiniert. Die Rechtsprechung des BFH hat jenen Begriff für Zwecke des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 Satz 1 EStG seit jeher nicht in einem zivilrechtlichen ‑ engen ‑ Verständnis i.S. von § 488 Abs. 1 Satz 2 BGB, sondern wirtschaftlich ‑ und somit weiter ‑ ausgelegt. Schuldzinsen sind danach alle Leistungen in Geld oder Geldeswert, die ein Schuldner für die Überlassung (Nutzung) von Kapital an den Gläubiger zu erbringen hat und darüber hinaus alle Aufwendungen zur Erlangung oder Sicherung eines Kredits, d.h. Kosten, die bei wirtschaftlicher Betrachtung des Vorgangs als Vergütung für die Überlassung von Kapital angesehen werden können.
Maßgebend ist somit die Zweckbestimmung der Aufwendungen, ein Darlehen zu erlangen oder zu sichern, sodass es unerheblich ist, ob diese dem Geldgeber oder einer dritten Person zufließen.
Diese ertragsteuerrechtlich weite Auslegung des Schuldzinsenbegriffs hat der IV. Senat des BFH auch für Zwecke des § 4 Abs. 4a Satz 1 EStG übernommen, sie wird von der Finanzverwaltung (BMF -Schreiben v. 2.11.2018 - IV C 6 - S 2144/07, BStBl I 2018, 1207, Rz 19) sowie im Schrifttum geteilt. Der X. Senat des BFH hat sich nun dieser Auffassung angeschlossen. Hierfür spricht insbesondere das Gebot einer einheitlichen Auslegung nicht legaldefinierter Rechtsbegriffe, die innerhalb desselben Gesetzes mehrfach verwendet werden, zumal sowohl § 4 Abs. 4a als auch § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 EStG systematisch als Einkünfteermittlungsvorschriften einzuordnen sind.
Ein engeres Verständnis stünde zudem im Widerspruch zur Grundkonzeption des § 4 Abs. 4a EStG, wonach nur bei ‑ periodenübergreifend betrachteten ‑ Liquiditätsüberschüssen des Betriebs Entnahmen des Steuerpflichtigen ohne steuerliche Auswirkung auf den betrieblichen Schuldzinsenabzug zu belassen sind.
Im Streitfall lagen der rechtlichen Würdigung des FG, die gezahlten Avalprovisionen nebst Kontoführungsgebühren seien als Schuldzinsen gemäß § 4 Abs. 4a Satz 1 EStG zu qualifizieren, keine ausreichenden tatsächlichen Feststellungen zugrunde, so dass der BFH den Streitfall zur weiteren Sachaufklärung und erneuten Entscheidung an das FG zurückverwies.
Verlag Dr. Otto Schmidt
EStG § 4 Abs 4a S 1, § 9 Abs 1 S 3 Nr. 1 S 1
BGB § 488 Abs 1 S 1, § 675
Der Begriff der Schuldzinsen, den das EStG in seiner aktuellen Fassung neben § 4 Abs. 4a Satz 1 EStG insbesondere auch in § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 Satz 1 EStG verwendet, ist nicht legaldefiniert. Die Rechtsprechung des BFH hat jenen Begriff für Zwecke des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 Satz 1 EStG seit jeher nicht in einem zivilrechtlichen ‑ engen ‑ Verständnis i.S. von § 488 Abs. 1 Satz 2 BGB, sondern wirtschaftlich ‑ und somit weiter ‑ ausgelegt. Schuldzinsen sind danach alle Leistungen in Geld oder Geldeswert, die ein Schuldner für die Überlassung (Nutzung) von Kapital an den Gläubiger zu erbringen hat und darüber hinaus alle Aufwendungen zur Erlangung oder Sicherung eines Kredits, d.h. Kosten, die bei wirtschaftlicher Betrachtung des Vorgangs als Vergütung für die Überlassung von Kapital angesehen werden können.
Maßgebend ist somit die Zweckbestimmung der Aufwendungen, ein Darlehen zu erlangen oder zu sichern, sodass es unerheblich ist, ob diese dem Geldgeber oder einer dritten Person zufließen.
Diese ertragsteuerrechtlich weite Auslegung des Schuldzinsenbegriffs hat der IV. Senat des BFH auch für Zwecke des § 4 Abs. 4a Satz 1 EStG übernommen, sie wird von der Finanzverwaltung (BMF -Schreiben v. 2.11.2018 - IV C 6 - S 2144/07, BStBl I 2018, 1207, Rz 19) sowie im Schrifttum geteilt. Der X. Senat des BFH hat sich nun dieser Auffassung angeschlossen. Hierfür spricht insbesondere das Gebot einer einheitlichen Auslegung nicht legaldefinierter Rechtsbegriffe, die innerhalb desselben Gesetzes mehrfach verwendet werden, zumal sowohl § 4 Abs. 4a als auch § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 EStG systematisch als Einkünfteermittlungsvorschriften einzuordnen sind.
Ein engeres Verständnis stünde zudem im Widerspruch zur Grundkonzeption des § 4 Abs. 4a EStG, wonach nur bei ‑ periodenübergreifend betrachteten ‑ Liquiditätsüberschüssen des Betriebs Entnahmen des Steuerpflichtigen ohne steuerliche Auswirkung auf den betrieblichen Schuldzinsenabzug zu belassen sind.
Im Streitfall lagen der rechtlichen Würdigung des FG, die gezahlten Avalprovisionen nebst Kontoführungsgebühren seien als Schuldzinsen gemäß § 4 Abs. 4a Satz 1 EStG zu qualifizieren, keine ausreichenden tatsächlichen Feststellungen zugrunde, so dass der BFH den Streitfall zur weiteren Sachaufklärung und erneuten Entscheidung an das FG zurückverwies.