Befreiung von der Körperschaftsteuer für die Abgabe von Zytostatika durch eine Krankenhausapotheke
BFH 31.7.2013, I R 82/12 u.a.Die Klägerin im Verfahren I R 82/12 ist eine katholische rechtsfähige Stiftung des privaten Rechts. Nach ihrer Satzung und tatsächlichen Geschäftsführung dient sie der Förderung der öffentlichen Gesundheitspflege und ist nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG 2002 von der Körperschaftsteuer befreit. Sie unterhält ein Hospital, das durch die eigene Krankenhausapotheke mit Arzneimitteln versorgt wird. Den Krebspatienten werden ambulant Zytostatika im Hospital verabreicht. Die zur Durchführung der ambulanten Chemotherapie erforderlichen Zytostatika holen die Patienten zwecks unmittelbarer Verabreichung in der ambulanten Onkologie aus der Krankenhausapotheke ab.
Die Klägerin behandelte die Abgabe der Medikamente in den Streitjahren 2003 bis 2006 als dem Zweckbetrieb Krankenhaus zugehörig. Das Finanzamt vertrat hingegen die Ansicht, die Erträge aus der Abgabe der Zytostatika seien nicht dem Zweckbetrieb Krankenhaus, sondern dem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb der Krankenhausapotheke zuzurechnen und erließ entsprechende Körperschaftsteuerbescheide.
Das Verfahren I R 31/12 war im Wesentlichen inhaltsgleich. Auch hier stritten die Beteiligten, ob die Abgabe von Medikamenten zur Behandlung von Krebserkrankungen (sog. Zytostatika) durch eine Krankenhausapotheke an Patienten zur anschließenden ambulanten Behandlung Teil des Zweckbetriebs der Klägerin i.S.v. § 67 AO a.F. ist.
In beiden Verfahren gab das jeweilige FG den gegen die Steuerbescheide gerichteten Klagen statt. Die Revisionen der Finanzämter blieben vor dem BFH ohne Erfolg.
Die Gründe:
Zu Recht war das FG im Verfahren I R 82/12 davon ausgegangen, dass die Klägerin von der Körperschaftsteuer befreit ist, soweit die Krankenhausapotheke in den Streitjahren 2003 bis 2006 an die Patienten Zytostatika zur unmittelbaren Verabreichung in der onkologischen Ambulanz ausgegeben hatte.
Bei einem gemeinnützigen Krankenhaus ist die Steuerbefreiung nicht auf die unmittelbare ärztliche und pflegerische Betätigung begrenzt. Sie erstreckt sich vielmehr auf alle typischerweise von einem Krankenhaus gegenüber seinen Patienten erbrachten Leistungen. Steuerfrei sind demnach jedenfalls alle Einkünfte aus Tätigkeiten, die den Krankenhäusern gesetzlich zur Sicherstellung ihres Versorgungsauftrags übertragen sind und für die der Sozialversicherungsträger als Kostenträger für seine Versicherten deshalb grundsätzlich eintreten muss.
Ob die Krankenhausapotheke zu öffentlichen Apotheken in Wettbewerb tritt, ist für den Umfang der Steuerbefreiung nach deutschem Recht ohne Belang. Das Gemeinnützigkeitsrecht unterliegt allerdings aufgrund der Wettbewerbsrelevanz beihilferechtlichen Bedenken. Diese Bedenken erlaubten im vorliegenden Fall zwar nicht, die gesetzlich vorgesehene Steuerbefreiung zu verweigern. Es steht auf der anderen Seite aber fest, dass die EU-Kommission berufen wäre, die Steuerbefreiungen auf ihre Vereinbarkeit mit dem Unionsrecht zu prüfen und den Gesetzgeber gegebenenfalls zu einer Anpassung der deutschen Rechtslage aufzufordern.
Die Steuerbefreiung erstreckt sich nicht nur auf die Körperschaftsteuer sondern auch auf die Gewerbesteuer, wie sich im Verfahren I R 31/12 gezeigt hat.
Hintergrund:
Den Entscheidungen konnte allerdings keine Aussage zu der vergleichbaren umsatzsteuerrechtlichen Problematik entnommen werden. Der BFH hat in dem dazu anhängigen Revisionsverfahren (Az.: V R 19/11) das Verfahren ausgesetzt und die Frage der Steuerbefreiung dem EuGH zur Vorabentscheidung vorgelegt (Az.: C-366/12). Der Ausgang jenes Verfahrens bleibt insoweit abzuwarten.
Linkhinweis:
- Der Volltext der Entscheidung ist auf der Homepage des BFH veröffentlicht.
- Um direkt zum Volltext von Az.: I R 82/12 zu gelangen, klicken Sie bitte hier.
- Um direkt zum Volltext von Az.: I R 31/12 zu gelangen, klicken Sie bitte hier.