08.05.2018

Bekanntgabe eines Vorsteuervergütungsbescheides per einfacher E-Mail zulässig

Die Bekanntgabe eines Vorsteuervergütungsbescheides per E-Mail ohne qualifizierte elektronische Signatur und ohne Verschlüsselung ist rechtmäßig und steht der Wirksamkeit des Verwaltungsakts nicht entgegen. Die einfache elektronische Übermittlung erfüllt die gesetzlichen und unionsrechtlichen Vorgaben an die Bekanntgabe eines Vorsteuervergütungsbescheids.

FG Köln 13.12.2017, 2 K 837/17
Der Sachverhalt:
Die Klägerin ist ein in den Niederlanden ansässiges Unternehmen. Am 8.2.2016 stellte sie beim Finanzamt einen Antrag in elektronischer Form über das hierzu von der niederländischen Finanzverwaltung bereitgestellte Portal auf Vorsteuervergütung im besonderen Verfahren nach § 18 Abs. 9 UStG i.V.m. §§ 59 ff. UStDV i.H.v. rd. 4.700 € für den Zeitraum Januar bis Dezember 2015. Im Vergütungsantrag gab die Klägerin als Adresse für die elektronische Kommunikation ihre E-Mail-Adresse an. Das Finanzamt forderte bei der Klägerin über die angegebene E-Mail-Adresse weitere Informationen an. Als daraufhin keine Rückmeldung erging, erließ das Finanzamt am 5.4.2016 einen Vorsteuervergütungsbescheid und lehnte die beantragte Vorsteuervergütung mit der Begründung ab, dass der Sachverhalt wegen unzureichender Mitwirkung der Klägerin nicht aufgeklärt werden konnte. Dieser Bescheid wurde der Klägerin wieder per einfacher E-Mail übersandt.

Am 7.6.2016 beantragte die Klägerin erneut im elektronischen Verfahren die Vorsteuervergütung in gleicher Höhe für denselben Zeitraum. Das Finanzamt teilte der Klägerin daraufhin am 11.7.2016 und am 20.9.2016 mit, dass es sich bei dem erneuten Antrag um einen Änderungsantrag handele, der als Einspruch gegen den Bescheid vom 5.4.2016 gewertet werde. Allerdings sei dieser Einspruch verfristet, so dass eine Abänderung der Entscheidung über die Vorsteuervergütung nicht mehr möglich sei. Die Klägerin war mit der Ablehnung des Einspruchs nicht einverstanden und behauptete, das Schreiben des Finanzamts vom 11.7.2016 nicht erhalten zu haben. Das Finanzamt wies den Einspruch am 6.1.2017 aufgrund der Fristversäumnis zurück.
Die dagegen eingereichte Klage hatte vor dem FG keinen Erfolg.

Die Gründe:
Die von der Klägerin begehrte Abänderung des Vorsteuervergütungsbescheids vom 5.4.2016 scheidet aus, da dieser bestandskräftig geworden ist. Die ablehnende Vorsteuervergütungsentscheidung erging am 5.4.2016. Die Frist betrug im Streitfall einen Monat ab Bekanntgabe des Verwaltungsakts gem. § 355 Abs. 1 AO. Bekanntgegeben wurde er gem. § 122 Abs. 2a AO am 8.4.2016, drei Tage nach Absendung der E-Mail. Die Einspruchsfrist endete mithin am 8.5.2016.Die Klägerin bekundete jedoch erstmals mit dem erneuten Vergütungsantrag am 7.6.2016, dass sie mit der Ablehnung nicht einverstanden ist.

Eine fristgerechte Einspruchseinlegung ist auch nicht ausnahmsweise entbehrlich, weil es an einer ordnungsgemäßen Bekanntgabe des Vergütungsbescheides fehlt. Die Bekanntgabe des Vorsteuervergütungsbescheides vom 5.4.2016 mit E-Mail ohne qualifizierte elektronische Signatur und ohne Verschlüsselung ist rechtmäßig erfolgt. Die Übermittlung elektronsicher Dokumente seitens des Finanzamts an die Klägerin ist zunächst zulässig, da die Klägerin ihm insoweit gem. § 87a Abs. 1 AO hierfür einen Zugang eröffnet hat, als sie im Antragsverfahren ihre E-Mail-Adresse für die elektronische Kommunikation angegeben hat. Der elektronisch übermittelte Bescheid genügt zudem den gesetzlichen Anforderungen an Form und Inhalt eines Steuerbescheids sowie den allgemeinen Formerfordernissen eines Verwaltungsakts gem. §§ 119 Abs. 22, Abs. 3 S. 1 und 2, § 157 Abs. 1 AO.

Insbesondere wurde er schriftlich erteilt. Die Wirksamkeit eines schriftlich zu erlassenden Steuerbescheids setzt keine qualifizierte elektronische Signatur nach dem Signaturgesetz voraus. Das Erfordernis der Schriftlichkeit ist nicht ohne Weiteres gleichzusetzen mit dem Erfordernis der Schriftform nach § 87a Abs. 4 S. 2 AO. Es verbleibt bei der Grundregel des § 87a Abs. 1 S. 1 AO, wonach die Übermittlung elektronsicher Dokumente zulässig ist, soweit der Empfänger hier einen Zugang eröffnet hat.

Schließlich steht auch ein Verstoß gegen die Verschlüsselungspflicht der Wirksamkeit der Bekanntgabe eines Steuerbescheids nicht entgegen, auch wenn dies streitig ist. Für die Wirksamkeit kommt es auf den Zeitpunkt der Bekanntgabe an, unabhängig davon, ob er verschlüsselt oder unverschlüsselt übermittelt wurde. Es ist kein Nichtigkeitsgrund gem. § 125 AO. Nach Sinn und Zweck des § 87a Abs. 1 S. 3 AO ist die Missachtung einem Verfahrens- und Formfehler gleichzusetzen, der allein nicht die Aufhebung des Verwaltungsakts rechtfertigen kann.

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