Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer bei einem weiteren Flächenerwerb nach dem AusglLeistG
BFH 17.5.2017, II R 7/15Der Kläger erwarb im September 2006 durch notariell beurkundeten Vertrag nach § 3 Abs. 5 AusglLeistG mehrere Grundstücksflächen (Grundstücke 1) zu einem Kaufpreis von rd. 270.000 €. Der Kaufpreis wurde vollständig entrichtet. Das Finanzamt setzte für diesen Erwerb ausgehend von einer Bemessungsgrundlage von 270.000 € bestandskräftig Grunderwerbsteuer fest.
Nachdem durch eine gesetzliche Neuregelung (vgl. § 3 Abs. 7b S. 2 i.V.m. Abs. 7a AusglLeistG in der ab dem 31.3.2011 geltenden Fassung (AusglLeistG n.F.) die Möglichkeit eröffnet worden war, den Verkehrswert der Grundstücke 1 nach den Verhältnissen im Jahr 2004 zu ermitteln und nach Maßgabe der Wertdifferenz zum gezahlten Kaufpreis weitere Flächen zu erwerben, erwarb der Kläger mit notariell beurkundeter Nachtragsvereinbarung von März 2012 zusätzliche Grundstücksflächen (Grundstücke 2). Hierfür war ein Kaufpreisaufschlag (§ 3 Abs. 7a S. 3 AusglLeistG n.F.) i.H.v. rd. 10.000 € zu zahlen. In der Nachtragsvereinbarung wurde der Kaufpreis von 270.000 € i.H.v. rd. 58.000 € den Grundstücken 2 zugeordnet.
Das Finanzamt setzte für den Erwerb der Grundstücke 2 Grunderwerbsteuer i.H.v. rd. 2.400 € gegen den Kläger fest. Als Bemessungsgrundlage legte es den auf die Grundstücke 2 anteilig entfallenden Kaufpreis von 58.000 € sowie den Kaufpreisaufschlag von rd. 10.000 € zugrunde. Mit seiner Klage wendet sich der Kläger gegen die Einbeziehung des anteiligen Kaufpreises von 58.000 € in die Bemessungsgrundlage.
Das FG gab der Klage statt. Auf die Revision der Klägerin hob der BFH das Urteil auf und gab der Klage teilweise statt.
Die Gründe:
Das FG hat für den Erwerb der Grundstücke 2 zu Recht den anteilig zugeordneten Kaufpreis nicht als Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer herangezogen.
Der in der Nachtragsvereinbarung den Grundstücken 2 anteilig zugeordnete Kaufpreis i.H.v. rd. 58.000 € ist nicht in die Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer einzubeziehen. Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer ist gem. § 8 Abs. 1 GrEStG die Gegenleistung. Bei einem Grundstückskauf gilt nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG als Gegenleistung u.a. der Kaufpreis einschließlich der vom Käufer übernommenen sonstigen Leistungen. Danach gehören alle Leistungen des Erwerbers zur grunderwerbsteuerrechtlichen Gegenleistung, die dieser als Entgelt für den Erwerb des Grundstücks gewährt oder die der Veräußerer als Entgelt für die Veräußerung des Grundstücks empfängt.
Der den Grundstücken 2 anteilig zugeordnete Kaufpreis von 58.000 € ist keine Gegenleistung i.S.d. § 8 Abs. 1 i.V.m. § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG für den Erwerb dieser Grundstücke. Maßgebend für den Umfang der Gegenleistung ist das tatbestandserfüllende Rechtsgeschäft, bei § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG regelmäßig die kaufvertraglich begründete Übereignungsverpflichtung. Nach der Auslegung des FG bildete die Nachtragsvereinbarung mit dem Kaufvertrag eine Einheit. Für den Erwerb der Grundstücke 1 und der Grundstücke 2 ist ein Gesamtkaufpreis gebildet worden. Der Kläger musste aufgrund der Nachtragsvereinbarung keinen zusätzlichen Kaufpreis für den Erwerb der Grundstücke 2 zahlen. Zu entrichten war nur der vereinbarte Kaufpreisaufschlag nach § 3 Abs. 7a S. 3 AusglLeistG n.F.
Diese Vertragsauslegung bindet den Senat. Sie ist möglich und verstößt nicht gegen Denkgesetze, Erfahrungssätze oder die Grundsätze der Vertragsauslegung. Beim Erwerb weiterer Flächen aufgrund eines gesetzlichen Anspruchs nach § 3 Abs. 7b S. 2 i.V.m. Abs. 7a AusglLeistG gegen Zahlung eines Kaufpreisaufschlags führt die nur wertmäßige Zuordnung eines Teils des bereits für andere Flächen entrichteten Kaufpreises zu den neuen Flächen nicht zur Erhöhung der Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer.
Vorliegend hatte der Kläger nach § 3 Abs. 7b S. 2 i.V.m. Abs. 7a AusglLeistG n.F. einen Anspruch auf einen weiteren Erwerb von Flächen. Der zusätzliche Erwerb der Grundstücke 2 laut Nachtragsvereinbarung von März 2012 beruht damit auf einem gesetzlichen Anspruch. Aufgrund der niedrigeren, auf die Verhältnisse im Jahr 2004 abgestellten Wertermittlung für die Grundstücke reichte der im Vertrag von September 2006 vereinbarte Kaufpreis für den Erwerb weiterer Grundstücksflächen aus. Die in der Nachtragsvereinbarung von März 2012 vorgenommene Zuordnung eines anteiligen Kaufpreises zum Erwerb der Grundstücke 2 ist nicht als Vereinbarung eines Kaufpreises zu verstehen. Durch die Zuordnung wird vielmehr nur dokumentiert, dass mit der Übereignung der Grundstücke 2 der Anspruch des Klägers auf den Hinzuerwerb erfüllt ist. Dass sich der Anspruch des Klägers gerade auf einen solchen Hinzuerwerb bezogen hat, wird durch den Umstand bestätigt, dass eine Abfindung des Erwerbsanspruchs in Geld gesetzlich nicht vorgesehen ist.
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