25.09.2018

Benachbarte Garagen: Ermittlung der Rechtsmittelbeschwer nach den durch eine Eigentumsstörung entstehenden Kosten

Bei Abweisung einer Klage auf Beseitigung einer Eigentumsstörung richtet sich das für die Rechtsmittelbeschwer maßgebliche Interesse des Eigentümers, wenn sich die Störung nach Art bzw. Umfang nicht in einer Wertminderung der Sache niederschlägt, ausnahmsweise nach den Kosten, die dem Eigentümer durch die Störung entstehen und die ohne diese nicht angefallen wären.

BGH 12.7.2018, V ZB 218/17
Der Sachverhalt:

Die Parteien sind Grundstücksnachbarn. Die auf dem Grundstück der Beklagten 1970/1971 errichtete Garage ragt 42 bis 50 cm in das Grundstück des Klägers hinein. Etwa parallel zu dieser Garage steht in einem Abstand von ca. 15 cm die Garage des Klägers.

Im Oktober 2013 führten die Beklagten Arbeiten an ihrer Garage durch, die zu einer Erhöhung des Daches führten. An der zur Garage des Klägers gelegenen Seite des Daches befindet sich nunmehr eine Attika mit Zinkblechabdeckung. Die Attika ist mit einer Dachpappe versehen, die mit einer Bitumenmasse auf der Zinkblechabdeckung der Garage des Klägers fest verklebt worden ist. An der zur Straße gelegenen Seite der Garage der Beklagten ist eine Dachrinne angebracht.

Gestützt auf die Behauptung, die Beklagen hätten im Zuge der Arbeiten 2013 die Attika unter Inanspruchnahme der Zinkblechabdeckung der Garage des Klägers errichtet und dabei den Spalt zwischen den Garagen geschlossen, verlangt der Kläger mit der Klage die Entfernung der Attika und der Dachrinne in der Weise, dass beides nicht über die auf seinem Grundstück liegende Seite des Dachs der Garage der Beklagten hinaus ragt, sondern bündig mit diesem abschließt.

Das AG wies die Klage ab. Den Streitwert setzte es auf 3.000 € fest. Das LG verwarf die Berufung als unzulässig. Auf die Rechtsbeschwerde des Klägers hob der BGH den Beschluss des LG auf und verwies die Sache zur erneuten Entscheidung dorthin zurück.

Die Gründe:

Entgegen der Ansicht des LG übersteigt die Beschwer des Klägers 600 €. Seine Berufung ist daher zulässig.

Maßgebend für den Wert der Beschwer im Rechtsmittelverfahren ist das Interesse des Rechtsmittelklägers an der Abänderung der angefochtenen Entscheidung. Der Wert einer Beseitigungsklage wird allgemein durch das Interesse des Klägers an der Beseitigung bestimmt. Dieses bemisst sich bei der Störung von Grundeigentum grundsätzlich nach dem Wertverlust, den die Sache durch die Störung erleidet. Daran gemessen hält es rechtlicher Prüfung zunächst stand, dass das LG für die Ermittlung des Wertverlustes, den das Grundstück des Klägers infolge der von dem Beklagten im Jahr 2013 durchgeführte Baumaßnahme erleidet, den Verkehrswert des Grundstücks vor mit demjenigen nach der baulichen Maßnahme vergleicht und sodann eine nennenswerte Wertminderung verneint.

Das bedeutet aber nicht, dass eine 600 € übersteigende Beschwer des Klägers i.S.d. § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO zwingend zu verneinen ist. Bei Abweisung einer Klage auf Beseitigung einer Eigentumsstörung richtet sich das für die Rechtsmittelbeschwer maßgebliche Interesse des Eigentümers, wenn sich die Störung nach Art bzw. Umfang nicht in einer Wertminderung der Sache niederschlägt, nämlich ausnahmsweise nach den Kosten, die dem Eigentümer durch die Störung entstehen und die ohne diese nicht angefallen wären. Ist das Fehlen einer Wertminderung trotz Beeinträchtigung des Eigentums - wie hier - evident oder glaubhaft gemacht, können zur Bestimmung des Interesses des Grundstückseigentümers an der Beseitigung der Störung andere Kriterien herangezogen werden. Ein solches Kriterium kann eine Belastung mit Kosten sein, die der Eigentümer allein aufgrund der Störung erleidet.

So ist es hier. Der Kläger hat dargelegt, aufgrund der neu errichteten Attika habe er nicht mehr die Möglichkeit, Arbeiten an seiner eigenen Garage, insbesondere an der Zinkblechabdeckung (Zink-Abschlussprofil) auszuführen. Deshalb drohten weitere Schäden. Das Zink-Abschlussprofil leide altersbedingt an Korrosion und müsse erneuert werden. Zum Austausch des Abschlussprofils müsse die von den Beklagten angebrachte Attikaüberbebauung nebst Bitumenverklebung entfernt und nach der Reparatur wieder errichtet werden. Dafür entstünden Mehrkosten von rd. 1.300 € brutto. Die Beschwer des Klägers beläuft sich jedenfalls in Höhe dieser Brutto-Kosten und übersteigt damit 600 €. Der Betrag ist auch nicht auf mehrere Jahre umzulegen, denn der Kläger muss bei der Erneuerung des Zink-Abschlussprofils den Betrag in voller Höhe aufwenden.

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