27.07.2015

Berücksichtigung von Vermögen bei der Opfergrenze nach § 33a Abs. 1 EStG

Einsatzfähiges, nicht nur geringes Vermögen des Unterhaltsverpflichteten ist bei der Berechnung der Opfergrenze für Unterhaltszahlungen an die Kinder mit einzubeziehen. In der finanzgerichtlichen Rechtsprechung wurde die Problematik des Einsatzes von eigenem Vermögen zur Befriedigung eines Unterhaltsanspruchs jedoch noch nicht abschließend geklärt.

Niedersächsisches FG 19.2.2015, 16 K 10187/14
Der Sachverhalt:
Der Kläger war im Streitjahr 2012 zusammen mit seiner Ehefrau zur Einkommensteuer veranlagt worden. Er selbst erzielte im Streitjahr als selbständiger Steuerberater Einkünfte i.H.v. 425.642 €; seine Ehefrau aus nichtselbständiger Arbeit i.H.v. 23.105 €. Daneben fielen bei den Eheleuten noch Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung i.H.v. 4.190 € bzw. 2.934 € an. Für Unterhaltsleistungen an die beiden volljährigen Söhne des Klägers und Stiefsöhne der Klägerin hatten sie in der Einkommensteuererklärung beantragt, gem. § 33 a Abs. 1 EStG als außergewöhnliche Belastungen jeweils 8.004 € anzusetzen.

Die beiden Söhne studierten im Streitjahr und wohnten nicht mehr zuhause. Eigene Einkünfte und Bezüge oder öffentliche Ausbildungshilfen waren nach den Angaben in der Steuererklärung bei beiden nicht angefallen. Des Weiteren lebte der Sohn der Ehefrau und Stiefsohn des Klägers im Haushalt der Kläger; für diesen bezog die Ehefrau Kindergeld.

Das Finanzamt berücksichtigte jedoch die geltend gemachten Unterhaltsleistungen nicht, da die sog. Opfergrenze unterschritten worden sei. Der Kläger wies darauf hin, dass er die im Streitjahr angefallenen Steuerzahlungen zum größten Teil mit angesparten liquiden Mitteln i.H.v. etwa 410.000 € auf zwei Girokonten abgedeckt hätte.

Das FG gab der Klage statt. Allerdings wurde die Revision zugelassen. Das Verfahren ist beim BFH unter dem Az.: VI R 21/15 anhängig.

Die Gründe:
Die Unterhaltsleistungen an die beiden volljährigen Söhne im Streitjahr 2012 hätten als außergewöhnliche Belastungen nach § 33 a Abs. 1 EStG berücksichtigt werden müssen.

Zwar hatte das Finanzamt bei der Berechnung der sog. Opfergrenze die verschiedenen Einkünfte der Eheleute und auch die in Abzug zu bringenden Aufwendungen insbesondere für die im Streitjahr 2012 erfolgten Zahlungen der verschiedenen Steuerschulden korrekt berücksichtigt. Es ergaben sich lediglich insoweit Bedenken, als die Ehefrau gegenüber ihren beiden Stiefsöhnen nicht gesetzlich zum Unterhalt verpflichtet war. Deshalb waren zumindest ihre Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, ihre Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung und das von ihr bezogene Kindergeld auszuklammern. Dennoch war der Kläger leistungsfähig gewesen. Schließlich hatte er zur Abdeckung der gemeinsamen Steuerschulden von ihm angesparte Mittel i.H.v. etwa 410.000 € eingesetzt.

In der finanzgerichtlichen Rechtsprechung wurde die Problematik des Einsatzes von eigenem Vermögen zur Befriedigung eines Unterhaltsanspruchs allerdings bisher noch nicht abschließend geklärt. Der BFH hat in seinem Urteil v. 4.4.1986 (Az.: III R 19/85) diese Frage hinsichtlich einer Einbeziehung von Abhebungen von einem Sparbuch eines Unterhaltsverpflichteten nur dahingehend beantwortet, dass eine derartige Einbeziehung jedenfalls dann nicht geboten ist, wenn der Unterhaltsverpflichtete nur über ein geringes Vermögen verfügt. Begründet wurde dieses Ergebnis mit einer systematischen Auslegung des § 33a Abs. 1 S. 1 EStG im Vergleich zu § 33a Abs. 1 S. 4 EStG, aus dem sich ergebe, dass der Unterhaltsberechtigte auch nicht verpflichtet werden könne, eigenes geringes Vermögen zur Bestreitung seines Lebensunterhalts einzusetzen.

Stellt man dagegen insgesamt auf eine Gleichstellung von Unterhaltsberechtigtem und Unterhaltsverpflichtetem ab und berücksichtigt man, dass nach § 33a Abs. 1 S. 4 EStG der Unterhaltsberechtigte auch sein eigenes nicht nur geringfügiges Vermögen einzusetzen hat mit der Folge der fehlenden Unterhaltsbedürftigkeit, so ergibt sich für den Unterhaltsverpflichteten eine gleichlautende Verpflichtung mit der Folge, dass sich sein Nettoeinkommen entsprechend erhöhen muss. Im vorliegenden Fall erschien dem Senat die Einbeziehung der "Steuerrücklage" des Klägers i.H.v. 410.000 € gerade wegen ihrer Funktion und ihrer bestimmungsgemäßen Auflösung im Streitjahr, die der Kläger glaubhaft dargelegt hatte, geboten.

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