Beschränkte Abziehbarkeit von Kinderbetreuungskosten ist verfassungsgemäß
BFH 9.2.2012, III R 67/09Die Kläger sind Eheleute, die im Streitjahr 2006 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt wurden. Der Kläger war ganzjährig nichtselbständig beschäftigt. Die Klägerin war wegen des Mutterschutzes teilweise berufstätig. Eines der beiden Kinder besuchte einen Kindergarten. Dem Kläger erwuchsen daraus Betreuungskosten i.H.v. 837 €. Bei der Festsetzung der Einkommensteuer berücksichtigte das Finanzamt erwerbsbedingte Kinderbetreuungskosten von zwei Dritteln der getätigten Aufwendungen (558 €). Auch das FG entsprach nicht dem Begehren der Kläger, die Betreuungskosten in voller Höhe wie Werbungskosten abzuziehen.
Die Kläger waren der Ansicht, die in § 9 Abs. 5 S. 1 EStG i.V.m. § 4f S. 1 EStG vorgesehene doppelte Einschränkung der Abziehbarkeit auf zwei Drittel der Aufwendungen und einen Höchstbetrag von 4.000 € sei weder durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt noch mit dem objektiven Nettoprinzip in Einklang zu bringen. Das BVerfG habe die um die zumutbare Eigenbelastung gekürzte Abziehbarkeit der Betreuungskosten als verfassungswidrig beurteilt. Demzufolge sei auch die Kürzung um ein Drittel verfassungswidrig.
Die Revision der Kläger blieb vor dem BFH allerdings erfolglos.
Die Gründe:
Der Senat war nicht davon überzeugt, dass die mit dem Gesetz zur steuerlichen Förderung von Wachstum und Beschäftigung vom 26.4.2006 eingeführten Vorschriften der §§ 4f und 9 Abs. 5 S. 1 EStG mit der darin enthaltenen Beschränkung des Abzugs erwerbsbedingter Kinderbetreuungskosten verfassungswidrig sind.
Zusammenlebende, beiderseits erwerbstätige Eltern, denen Kinderbetreuungskosten erwachsen, wurden im Veranlagungszeitraum 2006 pro Kind bis zu einer Höhe von 6.160 € entlastet. Hinzu kam der Abzug gem. § 4f EStG mit einem Höchstbetrag von 4.000 € je Kind, der bei der gesetzlich vorgesehenen Beschränkung auf zwei Drittel der Aufwendungen bei Betreuungskosten von 6.000 € und mehr erreicht wurde. Angesichts der Tatsache, dass das BVerfG die weit ungünstigeren Abzugsmöglichkeiten nach § 33c EStG a.F. als verfassungskonform erachtet hatte, sprach nichts dafür, dass die vom Gesetzgeber im Jahr 2006 gewährte steuerliche Entlastung bei typisierender Betrachtung nicht ausreichend wäre, um die notwendigen Kinderbetreuungskosten zu decken.
Die Auffassung der Kläger, die erwerbsbedingten Kinderbetreuungskosten seien ab dem Inkrafttreten der §§ 4f und 9 Abs. 5 S. 1 EStG als Betriebsausgaben oder Werbungskosten zu qualifizieren, die daher ohne Verstoß gegen das objektive Nettoprinzip nur in voller Höhe zum Abzug zugelassen werden könnten, rechtfertigte keine abweichende verfassungsrechtliche Würdigung. Das BVerfG hat seine Anforderungen zum Abzug erwerbsbedingter Betreuungskosten unabhängig von der einfach-rechtlichen Ausgestaltung des Abzugs erwerbsbedingter Kinderbetreuungskosten formuliert und darauf hingewiesen, dass dem Gesetzgeber die einfach-rechtliche Zuordnung grundsätzlich freisteht.
Es musste hier somit nicht entschieden werden, ob der Gesetzgeber mit §§ 4f und 9 Abs. 5 S. 1 EStG die Aufwendungen angesichts des Gesetzeswortlauts "wie Betriebsausgaben" und der dem Nettoprinzip fremden Abzugsbeschränkungen überhaupt als "normalen" Erwerbsaufwand qualifiziert wissen wollte. Jedenfalls wären auch bei einer Zuordnung zu den Erwerbsaufwendungen die gesetzlichen Abzugsbeschränkungen, insbesondere eine Obergrenze, verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, weil ein Abzug in realitätsgerechter Höhe gewährleistet ist und der Gesetzgeber die doppelte steuerliche Berücksichtigung des Betreuungsaufwands versagen darf.
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