Besitz weiterer privater Pkw spricht gegen die Privatnutzung eines betrieblichen Großraumtaxis
FG Hamburg v. 11.12.2019 - 2 K 10/19
Der Sachverhalt:
Die Beteiligten streiten darüber, ob auf einen von dem Kläger als Taxi genutzten Pkw-1 die sog. 1 %-Regelung (§ 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 2 EStG) anwendbar ist. Der Kläger war im Streitjahr 2016 als Taxiunternehmer tätig. Zu seinem Betriebsvermögen gehörte seinerzeit der fragliche Pkw-1, welchen er als Großraumtaxi nutzte.
Privat standen der Familie des Klägers weitere Pkw zur Verfügung, was das FG in seiner Bewertung als ausreichende Erschütterung des Anscheinsbeweises der Privatnutzung des Großraumtaxis angesehen hat. Die Entscheidung ist rechtskräftig; die Revision wurde nicht zugelassen.
Die Gründe:
Der Gewinn aus gewerblichen Einkünften war nicht um 1 % des Bruttolistenpreises des von dem Kläger als Großraumtaxi genutzten Pkw-1 zu erhöhen.
Gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 2 EStG ist die private Nutzung eines Kfz, das zu mehr als 50 % betrieblich genutzt wird, für jeden Kalendermonat mit 1 % des inländischen Listenpreises zuzüglich der Kosten für Sonderausstattung im Zeitpunkt der Erstzulassung einschließlich Umsatzsteuer anzusetzen.
§ 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 2 EStG greift aber dann nicht, wenn eine private Nutzung nicht stattgefunden hat. Nach allgemeiner Lebenserfahrung werden dienstliche oder betriebliche Fahrzeuge, die zu privaten Zwecken zur Verfügung stehen, auch tatsächlich privat genutzt. Dafür spricht der Beweis des ersten Anscheins (BFH v. 4.12.2012 - VIII R 42/09; BFH v. 14.5.1999 - VI B 258/98). Auch Taxen unterfallen dem Anwendungsbereich des § 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 2 EStG, da es sich bei Taxen typischerweise um Fahrzeuge handelt, die für den Transport von Personen nebst einer gewissen Menge Gepäck und damit für private Zwecke verschiedenster Art geeignet sind. Es handelt sich somit um Fahrzeuge, die typischerweise auch für private Zwecke genutzt werden können (BFH v. 18.4.2013 - X B 18/12).
Der Beweis des ersten Anscheins kann aber durch den sog. Gegenbeweis entkräftet oder erschüttert werden. Dies ist dem Kläger vorliegend gelungen. Der Senat geht unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände des Einzelfalls und nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme davon aus, dass durch den Kläger keine private Nutzung des Pkw-1 stattgefunden hat.
Entgegen der Ansicht des Klägers handelt es sich bei dem fraglichen als Großraumtaxi genutzten Pkw-1 zwar nicht bereits aufgrund seiner Beschaffenheit um ein Kraftfahrzeug, auf welches die Grundsätze der privaten Nutzungsentnahme keine Anwendung finden, da ein Großraumtaxi nicht mit einem Lkw oder einer Zugmaschine gleichzusetzen ist. Das fragliche Kraftfahrzeug ist auch nicht aufgrund seiner Eigenschaft als Taxi von der Anwendung der Vorschriften zur Versteuerung einer privaten Nutzung ausgeschlossen.
Der Kläger hat jedoch zur Überzeugung des Gerichts den Anscheinsbeweis einer privaten Nutzung erfolgreich erschüttert bzw. entkräftet. Der Kläger hat einen Sachverhalt überzeugend darlegt und belegt, aus dem sich die ernsthafte Möglichkeit ergibt, dass auch eine gelegentliche Privatnutzung des betrieblichen Kraftfahrzeugs ausgeschlossen scheint.
So hat die Zeugin A glaubhaft geschildert, dass dem gemeinsamen Haushalt mit dem Kläger und ihrem Sohn neben dem fraglichen Pkw-1 dem Haushalt insgesamt drei weitere Fahrzeuge dauerhaft zur Verfügung (Pkw-3, Pkw-2 und Pkw-4) standen. Weiterhin hat die Zeugin A die Nutzung der Fahrzeuge dergestalt geschildert, dass sie selber so gut wie gar nicht mit den Autos fahre, sondern mit der Bahn oder dem Fahrrad ihre Arbeitsstätte aufsuche. Einkäufe für die Familie erledigte sie vornehmlich in dem nur etwa 50 Meter entfernten Supermarkt. Der Pkw-1 sei auch nicht für Urlaubsfahren genutzt worden, da sie und der Kläger im Streitjahr ein Wohnmobil besessen hätten, mit dem man in Urlaub gefahren sei. Im Übrigen hätten sie die gemeinsamen Urlaube vor allem an Orten verbracht, die für Pkw-Fahrten zu weit entfernt lagen, als dass sie mit dem Auto dorthin hätten fahren können.
Die Glaubhaftigkeit der geschilderten Umstände der Nutzung der Kraftfahrzeuge ergibt sich für den Senat auch daraus, dass die Zeugin A von sich aus erklärt hat, dass der Pkw-3 ein "Liebhaberstück" des Klägers sei und er diesen für den täglichen Gebrauch praktisch nicht verwende, sondern im Regelfall den Pkw-2 nutze. Diese Aussage, die die Zeugin von sich aus gegeben hat und die für sich betrachtet für den Kläger nicht vorteilhaft ist, erhöht aus Sicht des Senats jedoch die Glaubhaftigkeit der Aussagen der Zeugin A zur Nutzung der verschiedenen Kraftfahrzeuge.
Die von der Zeugin A eingeräumte gelegentliche Nutzung des Pkw-4 durch ihren Sohn und die vom Kläger bereits im Erörterungstermin eingeräumte gelegentliche Nutzung des Pkw-2 durch seine Tochter C, ändern nichts daran, dass dem Kläger und der Zeugin A durchgehend insgesamt drei Privatfahrzeuge zur Verfügung standen. Unter diesen Umständen ist für den Senat die Anscheinsvermutung für eine private Nutzung des Pkw-1 nachhaltig erschüttert. Dies gilt auch vor dem Hintergrund, dass es sich bei dem Pkw-1 nicht um ein "normales" Taxi handelt, sondern um ein Großraumfahrzeug, das besonders im Großstadtverkehr keinen besonderen Vorteil gegenüber einem Pkw bietet.
Die vom Kläger vorgelegten Schichtzettel, die einen Anteil von "Leerfahrten" in Höhe von teilweise mehr als 50 % pro Tag aufweisen, sind aus Sicht des Gerichts zwar nicht als Fahrtenbuch zu werten, sie sind aber auch nicht so auffällig hinsichtlich des Anteils an "Leerfahrten", dass sich aus den Schichtzetteln eine private Nutzung des Taxis für Privatfahrten ableiten ließe.
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Die Beteiligten streiten darüber, ob auf einen von dem Kläger als Taxi genutzten Pkw-1 die sog. 1 %-Regelung (§ 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 2 EStG) anwendbar ist. Der Kläger war im Streitjahr 2016 als Taxiunternehmer tätig. Zu seinem Betriebsvermögen gehörte seinerzeit der fragliche Pkw-1, welchen er als Großraumtaxi nutzte.
Privat standen der Familie des Klägers weitere Pkw zur Verfügung, was das FG in seiner Bewertung als ausreichende Erschütterung des Anscheinsbeweises der Privatnutzung des Großraumtaxis angesehen hat. Die Entscheidung ist rechtskräftig; die Revision wurde nicht zugelassen.
Die Gründe:
Der Gewinn aus gewerblichen Einkünften war nicht um 1 % des Bruttolistenpreises des von dem Kläger als Großraumtaxi genutzten Pkw-1 zu erhöhen.
Gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 2 EStG ist die private Nutzung eines Kfz, das zu mehr als 50 % betrieblich genutzt wird, für jeden Kalendermonat mit 1 % des inländischen Listenpreises zuzüglich der Kosten für Sonderausstattung im Zeitpunkt der Erstzulassung einschließlich Umsatzsteuer anzusetzen.
§ 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 2 EStG greift aber dann nicht, wenn eine private Nutzung nicht stattgefunden hat. Nach allgemeiner Lebenserfahrung werden dienstliche oder betriebliche Fahrzeuge, die zu privaten Zwecken zur Verfügung stehen, auch tatsächlich privat genutzt. Dafür spricht der Beweis des ersten Anscheins (BFH v. 4.12.2012 - VIII R 42/09; BFH v. 14.5.1999 - VI B 258/98). Auch Taxen unterfallen dem Anwendungsbereich des § 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 2 EStG, da es sich bei Taxen typischerweise um Fahrzeuge handelt, die für den Transport von Personen nebst einer gewissen Menge Gepäck und damit für private Zwecke verschiedenster Art geeignet sind. Es handelt sich somit um Fahrzeuge, die typischerweise auch für private Zwecke genutzt werden können (BFH v. 18.4.2013 - X B 18/12).
Der Beweis des ersten Anscheins kann aber durch den sog. Gegenbeweis entkräftet oder erschüttert werden. Dies ist dem Kläger vorliegend gelungen. Der Senat geht unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände des Einzelfalls und nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme davon aus, dass durch den Kläger keine private Nutzung des Pkw-1 stattgefunden hat.
Entgegen der Ansicht des Klägers handelt es sich bei dem fraglichen als Großraumtaxi genutzten Pkw-1 zwar nicht bereits aufgrund seiner Beschaffenheit um ein Kraftfahrzeug, auf welches die Grundsätze der privaten Nutzungsentnahme keine Anwendung finden, da ein Großraumtaxi nicht mit einem Lkw oder einer Zugmaschine gleichzusetzen ist. Das fragliche Kraftfahrzeug ist auch nicht aufgrund seiner Eigenschaft als Taxi von der Anwendung der Vorschriften zur Versteuerung einer privaten Nutzung ausgeschlossen.
Der Kläger hat jedoch zur Überzeugung des Gerichts den Anscheinsbeweis einer privaten Nutzung erfolgreich erschüttert bzw. entkräftet. Der Kläger hat einen Sachverhalt überzeugend darlegt und belegt, aus dem sich die ernsthafte Möglichkeit ergibt, dass auch eine gelegentliche Privatnutzung des betrieblichen Kraftfahrzeugs ausgeschlossen scheint.
So hat die Zeugin A glaubhaft geschildert, dass dem gemeinsamen Haushalt mit dem Kläger und ihrem Sohn neben dem fraglichen Pkw-1 dem Haushalt insgesamt drei weitere Fahrzeuge dauerhaft zur Verfügung (Pkw-3, Pkw-2 und Pkw-4) standen. Weiterhin hat die Zeugin A die Nutzung der Fahrzeuge dergestalt geschildert, dass sie selber so gut wie gar nicht mit den Autos fahre, sondern mit der Bahn oder dem Fahrrad ihre Arbeitsstätte aufsuche. Einkäufe für die Familie erledigte sie vornehmlich in dem nur etwa 50 Meter entfernten Supermarkt. Der Pkw-1 sei auch nicht für Urlaubsfahren genutzt worden, da sie und der Kläger im Streitjahr ein Wohnmobil besessen hätten, mit dem man in Urlaub gefahren sei. Im Übrigen hätten sie die gemeinsamen Urlaube vor allem an Orten verbracht, die für Pkw-Fahrten zu weit entfernt lagen, als dass sie mit dem Auto dorthin hätten fahren können.
Die Glaubhaftigkeit der geschilderten Umstände der Nutzung der Kraftfahrzeuge ergibt sich für den Senat auch daraus, dass die Zeugin A von sich aus erklärt hat, dass der Pkw-3 ein "Liebhaberstück" des Klägers sei und er diesen für den täglichen Gebrauch praktisch nicht verwende, sondern im Regelfall den Pkw-2 nutze. Diese Aussage, die die Zeugin von sich aus gegeben hat und die für sich betrachtet für den Kläger nicht vorteilhaft ist, erhöht aus Sicht des Senats jedoch die Glaubhaftigkeit der Aussagen der Zeugin A zur Nutzung der verschiedenen Kraftfahrzeuge.
Die von der Zeugin A eingeräumte gelegentliche Nutzung des Pkw-4 durch ihren Sohn und die vom Kläger bereits im Erörterungstermin eingeräumte gelegentliche Nutzung des Pkw-2 durch seine Tochter C, ändern nichts daran, dass dem Kläger und der Zeugin A durchgehend insgesamt drei Privatfahrzeuge zur Verfügung standen. Unter diesen Umständen ist für den Senat die Anscheinsvermutung für eine private Nutzung des Pkw-1 nachhaltig erschüttert. Dies gilt auch vor dem Hintergrund, dass es sich bei dem Pkw-1 nicht um ein "normales" Taxi handelt, sondern um ein Großraumfahrzeug, das besonders im Großstadtverkehr keinen besonderen Vorteil gegenüber einem Pkw bietet.
Die vom Kläger vorgelegten Schichtzettel, die einen Anteil von "Leerfahrten" in Höhe von teilweise mehr als 50 % pro Tag aufweisen, sind aus Sicht des Gerichts zwar nicht als Fahrtenbuch zu werten, sie sind aber auch nicht so auffällig hinsichtlich des Anteils an "Leerfahrten", dass sich aus den Schichtzetteln eine private Nutzung des Taxis für Privatfahrten ableiten ließe.