Besitzbegriff im KaffeeStG richtet sich nach den Begrifflichkeiten der harmonisierten Verbrauchssteuern
FG Düsseldorf 18.4.2018, 4 K 123/16 VKIm September 2013 war anlässlich einer Kontrolle durch Beamte der Kontrolleinheit Verkehrswege im Transporter der Klägerin mit einem polnischen Kennzeichen knapp 1.500 kg Röstkaffee in Form von Kaffeepads festgestellt. Der Fahrer des Transporters legte einen CMR-Frachtbrief vor, wonach der Kaffee bei einer Firma in Belgien geladen und für eine Firma in Polen bestimmt war. Ein Mehrstück der gem. § 17 Abs. 4 S. 2 KaffeeStG erforderlichen Anzeige über die Durchfuhr durch das Steuergebiet konnte der Fahrer nicht vorlegen. Nach sofortiger Rücksprache durch die kontrollierenden Beamten lag eine solche Anzeige bei dem zuständigen Hauptzollamt auch zunächst nicht vor. Die noch am selben Tag dort zu einem späteren Zeitpunkt per Telefax eingegangene Anzeige (Vordruck 1843) erkannte das HZA nicht an, da diese unvollständig und zudem nicht rechtsverbindlich unterschrieben worden sei.
Das Finanzamt setzte daraufhin gegen die Klägerin Kaffeesteuer fest. Es war der Ansicht, die Klägerin habe als Frachtführerin mittelbaren Besitz an dem Kaffee gehabt. Die von ihr gegenüber dem HZA per Fax übermittelte Durchfuhranzeige sei erst nach der Zollkontrolle und daher verspätet vorgelegt worden. Die Klägerin verwies darauf, dass sie nicht direkt für die Firma arbeite. Verantwortlicher Spediteur sei eine Firma X in Polen. Diese habe auch die Durchfuhranzeige an das HZA gesendet. Sie sei hierfür verantwortlich gewesen. Sie selbst habe keine Informationen darüber gehabt, dass die aus Belgien nach Polen zu transportierende Ware Kaffee gewesen sei.
Das FG gab der gegen den Steuerbescheid gerichteten Klage statt. Allerdings wurde die Revision zum BFH zugelassen.
Die Gründe:
Es kann dahinstehen, ob die Steuer gem. § 17 Abs. 2 S. 1 KaffeeStG entstanden ist, denn jedenfalls schuldet die Klägerin die Steuer nicht gem. § 17 Abs. 2 S. 3 KaffeeStG.
Danach ist Steuerschuldner, wer den Kaffee versendet, in Besitz hält oder verwendet. Doch keine dieser Varianten ist vorliegend erfüllt. Denn anders als das Finanzamt meint, hat die Klägerin den Kaffee nicht i.S.d. § 17 Abs. 2 S. 3 Var. 2 KaffeeStG in Besitz gehalten. Zwar dürfte die Klägerin nach den zivilrechtlichen Regelungen nicht mittelbare, sondern unmittelbare Besitzerin des Kaffees gewesen sein, da der Fahrer des Transporters als weisungsgebundener und abhängig Beschäftigter der Klägerin lediglich als Besitzdiener i.S.d. § 855 BGB anzusehen ist. Jedoch ist diese zivilrechtliche Betrachtungsweise für den Besitzbegriff des § 17 Abs. 2 S. 3 KaffeeStG nicht maßgebend. Dieser setzt vielmehr die Möglichkeit des Inanspruchgenommenen voraus, über die Sache die tatsächliche Sachherrschaft auszuüben. Diese Sachherrschaft muss unmittelbarer Natur, der ungehinderte Zugriff auf die Sache also ohne weiteres möglich sein, was im vorliegenden Fall bei der Klägerin aber nicht gegeben war.
Dass die im nationalen Zivilrecht verankerten Regelungen, wie etwa Regelungen über die Besitzdienerschaft, wegen der unterschiedlichen Zweckrichtungen der jeweiligen Gesetze nicht zur Auslegung von Bestimmungen der harmonisierten Verbrauchsteuern herangezogen werden können, entspricht der gefestigten BFH-Rechtsprechung (vgl. BFH-Urt. v. 10.10.2007 - VII R 49/06; Beschl. v. 21.10.2015 - VII B 39/15). Zwar gehört die Kaffeesteuer nicht zu den harmonisierten Verbrauchsteuern, da Kaffee nicht zu den in Art. 1 Abs. 1 RL 2008/118 genannten Waren gehört. Der Senat überträgt diese zu den harmonisierten Verbrauchsteuern ergangene Rechtsprechung des BFH jedoch auf die Kaffeesteuer.
Hierfür spricht schon der Wortlaut des § 17 Abs. 2 S. 3 KaffeeStG. Danach ist Steuerschuldner, wer den Kaffee in Besitz "hält". Ferner würde eine zivilrechtlich geprägte Definition des Besitzbegriffs der Systematik des KaffeeStG widersprechen. So würde die Anwendung der Figur des mittelbaren Besitzers nach § 868 BGB im KaffeeStG Abgrenzungsfragen zu dem ebenfalls als Steuerschuldner in Betracht kommenden "Versender" aufwerfen. Wäre nämlich der Lieferant, der einer Spedition einen Transportauftrag erteilt, als zivilrechtlich mittelbarer Besitzer auch kaffeesteuerrechtlich als Besitzer einzuordnen, würde sich die Frage stellen, warum es der Regelung einer Steuerschuldnerschaft des Versenders überhaupt bedarf.
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