30.07.2018

Besorgungsleistungen im Zusammenhang mit Opern-Eintrittskarten steuerfrei

Beschafft der einen Hotelservice anbietende Unternehmer im eigenen Namen, jedoch für Rechnung des ihn jeweils beauftragenden Hotelgastes Eintrittskarten, die zum Besuch einer Oper berechtigen, liegt eine Besorgungsleistung i.S.v. § 3 Abs. 11 UStG vor, die steuerfrei ist, wenn die Umsätze der Oper der Steuerbefreiungsvorschrift des § 4 Nr. 20 Buchst. a S. 1 UStG unterliegen.

BFH 25.4.2018, XI R 16/16
Der Sachverhalt:

Der Kläger ist alleiniger Rechtsnachfolger einer GbR, die in den Streitjahren 2011 und 2012 einen Hotelservice betrieb. Die GbR besorgte Eintrittskarten für Veranstaltungen einer Oper. Sie bestellte nach Bestätigung des Kundenauftrags die gewünschten Eintrittskarten. Auf ein vom Veranstalter vorgehaltenes Kontingent mit Abnahmeverpflichtung konnte die GbR nicht zurückgreifen. Die Eintrittskarten wurden von ihr bezahlt und nach Aushändigung an den Auftraggeber per Post oder persönlich weitergegeben. Der Auftraggeber wiederum zahlte an die GbR.

Bei kurzfristigen Besorgungsaufträgen erhielt die GbR entweder eine Barzahlung unmittelbar mit der Beauftragung durch den jeweiligen Hotelgast oder ein Entgelt, das als Auslage auf das Hotelzimmer des Auftraggebers gebucht wurde. Die Vergütung umfasste den Preis der Eintrittskarten und ein variables Entgelt für den Aufwand der GbR. Ein Recht auf Rückvergütung für den Fall, dass der Auftraggeber die von der GbR besorgten Eintrittskarten nicht mehr benötigte, bestand nicht. Bei Stornierung des Besorgungsauftrags nach Ankauf von Eintrittskarten hatte der Auftraggeber die Kosten zu tragen.

Die GbR sah in ihren Umsatzsteuerjahreserklärungen für die Streitjahre 2011 und 2012 die mit der Besorgung von Eintrittskarten zusammenhängenden Umsätze als steuerfrei an. Das Finanzamt unterwarf die Umsätze hingegen im Zusammenhang mit der Beschaffung von Eintrittskarten (gem. § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a UStG) dem ermäßigten Steuersatz von 7 %. Die GbR habe beim Kauf der Eintrittskarten auf eigene Rechnung gehandelt. Selbst wenn man ein Handeln auf fremde Rechnung unterstelle, seien die betreffenden Umsätze der GbR steuerpflichtig. Denn sie habe das personenbezogene Merkmal für eine Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 20 Buchst. a S. 1 UStG, dass der Umsatz von einer kulturellen Einrichtung einer Gebietskörperschaft oder eines mittels Bescheinigung gleichgestellten Trägers erbracht werde, nicht erfüllt.

Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage statt. Die Revision des Finanzamts hatte vor dem BFH keinen Erfolg.

Die Gründe:

Das FG hat zu Recht entschieden, dass die von der GbR als Rechtsvorgängerin des Klägers erzielten Umsätze im Zusammenhang mit der Besorgung von Opern-Eintrittskarten gem. § 4 Nr. 20 Buchst. a S. 1 i.V.m. § 3 Abs. 11 UStG steuerfreie Besorgungsleistungen sind.

Nach § 3 Abs. 11 UStG liegt eine sog. Dienstleistungskommission vor, wenn ein Unternehmer in die Erbringung einer sonstigen Leistung eingeschaltet wird und er im eigenen Namen, jedoch für fremde Rechnung handelt. In diesem Fall gilt die besorgte sonstige Leistung als an ihn und von ihm erbracht. Steuerpflichtige, die bei der Erbringung von Dienstleistungen im eigenen Namen, aber für Rechnung Dritter tätig werden, werden danach behandelt, als ob sie diese Dienstleistungen selbst erhalten und erbracht hätten. § 3 Abs. 11 UStG fingiert eine Leistungskette. Die aus Sicht des Zivilrechts erbrachte Geschäftsbesorgungsleistung des eingeschalteten Unternehmers wird mithin umsatzsteuerrechtlich negiert und eine bestimmte sonstige Leistung - hier: die Berechtigung zum Besuch einer Oper - zwischen dem eingeschalteten Unternehmer und seinem Auftraggeber (den beauftragenden Hotelgästen) fingiert.

Das FG hat im Streitfall zu Recht angenommen, dass solche Besorgungsleistungen i.S.v. § 3 Abs. 11 UStG vorliegen. Die von der GbR besorgten Eintrittskarten berechtigten jeweils zum Besuch einer Oper. Hierbei handelt es sich um eine sonstige Leistung. Denn mit einer Eintrittskarte erwirbt der Inhaber das Recht, eine bestimmte Leistung des Verpflichteten in Empfang zu nehmen. Der wesentliche Inhalt des Geschäfts ist der mit dem Erwerb der Eintrittskarte verbundene Anspruch auf eine Dienstleistung. Der wirtschaftliche Gehalt der Leistung ist auf den Besuch einer bestimmten Veranstaltung gerichtet. Der Verkauf einer Eintrittskarte stellt daher keine Lieferung, sondern eine sonstige Leistung dar.

Die GbR war in die Erbringung der von der Oper ausgeführten sonstigen Leistungen i.S.v. § 3 Abs. 11 UStG auch eingeschaltet worden. Denn die GbR hat die Eintrittskarten für Veranstaltungen der Oper im Kundenauftrag besorgt. Die Eintrittskarten wurden von ihr bezahlt und nach Aushändigung an den Auftraggeber, der wiederum an die GbR zahlte, per Post oder persönlich weitergegeben. Für die Anwendung des § 3 Abs. 11 UStG ist allein das Auftreten nach außen entscheidend. Nur wenn der eingeschaltete Unternehmer im eigenen Namen auftritt, kann er als Kommissionär auftreten. Tritt er dagegen im fremden Namen auf, handelt er als Vermittler, die Leistungsbeziehung kommt dann allein zwischen seinem Auftraggeber und dem Dritten zustande.

Vorliegend waren die Voraussetzungen des § 3 Abs. 11 UStG erfüllt. Diese sonstigen Leistungen i.S.v. § 3 Abs. 11 UStG unterlagen im Streitfall der Steuerbefreiungsvorschrift des § 4 Nr. 20 Buchst. a S. 1 UStG. Denn die Leistungen der Oper als begünstigte bestimmte kulturelle Leistungen (Theater) eines bestimmten Leistungserbringers (Land) unterlagen der Steuerbefreiungsvorschrift des § 4 Nr. 20 Buchst. a S. 1 UStG. Diese Steuerbefreiung kann der Veranstalter in Anspruch nehmen. Die Leistungen der Leistungskette, d.h. die an den Auftragnehmer erbrachte und die von ihm ausgeführte Leistung, werden bzgl. ihres Leistungsinhalts gleich behandelt. Die für die besorgte Leistung geltenden Vorschriften sind mithin auch auf die Besorgungsleistung entsprechend anzuwenden. Soweit § 4 Nr. 20 Buchst. a S. 1 oder Buchst. b UStG nur für den Veranstalter gilt, steht dies einer Steuerbefreiung der fraglichen Leistungen nicht entgegen. Denn diese Veranstaltereigenschaft wird für die Leistungen in der Leistungskette nach § 3 Abs. 11 UStG ebenso fingiert.

Linkhinweis:

  • Der Volltext der Entscheidung ist auf der Homepage des BFH veröffentlicht.
  • Um direkt zum Volltext zu kommen, klicken Sie bitte hier.
BFH online
Zurück