29.09.2016

Bestellung zum Leiter einer Beratungsstelle setzt Bestehen einer Abschlussprüfung voraus

Die an den Leiter einer Beratungsstelle eines Lohnsteuerhilfevereins zu stellenden Anforderungen in Bezug auf dessen fachliche Qualifikation sind in § 23 Abs. 3 S. 1 StBerG abschließend festgelegt und setzen das Bestehen einer Abschlussprüfung voraus. Der Besitz eines Vordiploms in einem wirtschaftswissenschaftlichen Studiengang reicht für eine "andere gleichwertige Vorbildung" i.S.d. § 23 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 StBerG nicht aus.

BFH 15.6.2016, VII R 26/15
Der Sachverhalt:
Der Kläger ist ein von der zuständigen Finanzbehörde anerkannter und überregional tätiger Lohnsteuerhilfeverein, der im gesamten Bundesgebiet Beratungsstellen unterhält, die in das Verzeichnis der Lohnsteuerhilfevereine eingetragen wurden. Seinen Antrag auf Eintragung einer neuen Beratungsstelle in S. unter Leitung des hierfür vorgesehenen Beratungsstellenleiters B. lehnte das Finanzministerium mit der Begründung ab, B. erfülle nicht die in § 23 Abs. 3 S. 1 StBerG normierten Voraussetzungen.

Der B. hatte erfolgreich eine Ausbildung zum Bauzeichner abgeschlossen. Zusätzlich hatte er an einer Fernuniversität im Fachbereich Wirtschaftswissenschaften das Vordiplom erhalten, das ihm den Zugang zum Hauptstudium mit Diplomprüfung eröffnete. Von 1999 bis 2012 war er bei einer Steuerberatungskanzlei beschäftigt, bei der er ausweislich insgesamt 159 Wochen mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 16 Stunden auf dem Gebiet der von den Bundes- und Landesfinanzbehörden verwalteten Steuern tätig war.

Das FG wies die gegen die Ablehnung der Eintragung gerichtete Klage ab. Die Revision des Klägers vor dem BFH blieb erfolglos.

Gründe:
Das FG hatte zu Recht entschieden, dass der Kläger keinen Anspruch auf Eintragung der Beratungsstelle in S. mit B. als deren Leiter hat. § 23 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 StBerG ist dahin auszulegen, dass die Erfüllung des Tatbestandsmerkmals einer anderen gleichwertigen Vorbildung den Nachweis des Bestehens einer Abschlussprüfung in einem Beruf voraussetzt, der aufgrund der vermittelten Lerninhalte einem kaufmännischen Beruf als gleichwertig erachtet werden kann.

Die an den Leiter einer Beratungsstelle eines Lohnsteuerhilfevereins zu stellenden Anforderungen in Bezug auf dessen fachliche Qualifikation sind in § 23 Abs. 3 S. 1 StBerG abschließend festgelegt. Diese erfüllt der B. nicht, so dass er zum Beratungsstellenleiter nur unter den Voraussetzungen des § 23 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 StBerG bestellt werden könnte. Danach darf der Lohnsteuerhilfeverein zum Leiter einer Beratungsstelle nur Personen bestellen, die eine Abschlussprüfung in einem kaufmännischen Ausbildungsberuf bestanden haben oder eine gleichwertige Vorbildung besitzen und nach Abschluss der Ausbildung drei Jahre in einem Umfang von mindestens 16 Wochenstunden auf dem Gebiet der von den Bundes- oder Landesbehörden verwalteten Steuern praktisch tätig gewesen sind.

Eine Abschlussprüfung in einem kaufmännischen Ausbildungsberuf hat der B. nicht abgelegt; vielmehr hat er erfolgreich eine Ausbildung in einem eher technisch orientierten Beruf als Bauzeichner abgeschlossen. Es kann aber nicht davon ausgegangen werden, dass die Ausbildung zum Bauzeichner Qualifikationen vermittelt, die ohne Weiteres den Qualifikationen gleichgesetzt werden können, die im Rahmen einer kaufmännischen Ausbildung erworben werden. Auch das in einem Fernstudium erworbene Vordiplom im Fachbereich Wirtschaftswissenschaft kann die von Gesetzes wegen geforderte Abschlussprüfung in einem kaufmännischen Ausbildungsberuf nicht ersetzen.

Zu Recht hatte das FG auch entschieden, dass B. keine "andere gleichwertige Vorbildung" i.S.d. § 23 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 StBerG besitzt. Der Besitz eines Vordiploms in einem wirtschaftswissenschaftlichen Studiengang reicht für eine solche Vorbildung nicht aus. Erforderlich ist vielmehr das Bestehen einer Abschlussprüfung. Der B. ist jedoch lediglich im Besitz eines Diplom-Vorprüfungszeugnisses im integrierten Studiengang Wirtschaftswissenschaft, so dass die Voraussetzung einer Abschlussprüfung nicht erfüllt ist. Daran kann auch der Umstand nichts ändern, dass er nachweislich 159 Wochen mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 16 Stunden auf dem Gebiet der von den Bundes- und Landesfinanzbehörden verwalteten Steuern tätig war. Denn die praktische Tätigkeit wird zusätzlich zum Nachweis einer Abschlussprüfung gefordert und kann infolgedessen diese nicht ersetzen.

Linkhinweis:

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