17.06.2019

Besteuerung nach § 6 Abs. 1 S. 2 AStG bei einer teilentgeltlichen Übertragung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft i.S.d. Art. 13 Abs. 2 b) DBA-USA

Ob der Gesetzgeber Art. 13 DBA-USA, der bei Erlass des § 6 AStG bereits existierte, gesehen und berücksichtigt hat, ist unerheblich. Zudem verstößt § 6 Abs. 1 Satz 2 AStG nicht gegen Art 3 GG. Die Frage der Besteuerung nach § 6 Abs. 1 Satz 2 AStG bei der Übertragung von Anteilen an einer Gesellschaft i.S.d. Art 13 Abs. 2 b) DBA USA ist allem Anschein nach bisher höchstrichterlich nicht entschieden, weshalb die Revision zum BFH zugelassen wurde.

FG Köln v. 28.3.2019 - 15 K 2159/15
Der Sachverhalt:
Der inzwischen verstorbene P. hatte im September 2009 an seinen Sohn (S.), einen Geschäftsanteil i.H.v. 28.000 € am - insgesamt 50.000 € betragenden - Stammkapital der U-Gesellschaft mit Sitz im Ausland teils entgeltlich übertragen. Das Vermögen der Gesellschaft bestand im Zeitpunkt der Übertragung überwiegend aus Grundvermögen. In unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang hatte P. weitere Geschäftsanteile an der Gesellschaft i.H.v. nominal 12.000 € an seine Ehefrau, die Klägerin, übertragen.

Der S. besaß aufgrund seiner Geburt in den USA die US-amerikanische Staatsbürgerschaft und war im Zeitpunkt der Übertragung in den USA ansässig. Das Finanzamt behandelte die vorstehenden Übertragungen als teilentgeltliche Erwerbe und setzte für P. einen steuerpflichtigen Übertragungsgewinn an. Es war für den unentgeltlichen Teil der Übertragung an den Sohn der Auffassung, die Voraussetzungen für eine "Wegzugsbesteuerung" nach § 6 AStG seien gegeben und setzte die Einkommensteuer für P. entsprechend fest.

Hiergegen hat der P. Klage erhoben, ist dann aber nach Klageerhebung verstorben. Alleinerbin ist seine Ehefrau geworden, die den Prozess fortführte. Das FG hat die Klage abgewiesen. Allerdings wurde die Revision zum BFH zugelassen.

Die Gründe:
Bei einer natürlichen Person, die insgesamt mindestens zehn Jahre nach § 1 Abs. 1 des EStG unbeschränkt steuerpflichtig war und deren unbeschränkte Steuerpflicht durch Aufgabe des Wohnsitzes oder gewöhnlichen Aufenthalts endet, ist auf Anteile i.S.d. § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG im Zeitpunkt der Beendigung der unbeschränkten Steuerpflicht § 17 EStG auch ohne Veräußerung anzuwenden, wenn im Übrigen für die Anteile zu diesem Zeitpunkt die Voraussetzungen dieser Vorschrift erfüllt sind (§ 6 Abs. 1 Satz 1 AStG). Der Beendigung der unbeschränkten Steuerpflicht i.S.d. Satzes 1 stehen die Übertragung der Anteile durch ganz oder teilweise unentgeltliches Rechtsgeschäft unter Lebenden oder durch Erwerb von Todes wegen auf nicht unbeschränkt steuerpflichtige Personen gleich (§ 6 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AStG).

Diese Voraussetzungen waren im vorliegenden Fall sämtlich erfüllt. Insbesondere bestand kein Grund für eine teleologische Reduktion des § 6 AStG. Denn es ist nicht ersichtlich dass der Gesetzgeber, hätte er die vorliegende Fallkonstellation erkannt, den Vorgang von der Besteuerung ausgenommen hätte. Ob der Gesetzgeber Art. 13 DBA-USA, der bei Erlass des § 6 AStG bereits existierte, gesehen und berücksichtigt hat, ist unerheblich. Zudem verstößt § 6 Abs. 1 Satz 2 AStG nicht gegen Art 3 GG. Insbesondere stellt die unterschiedliche Behandlung der Übertragung der Anteile auf die (unbeschränkt einkommensteuerpflichtige) Ehefrau und den (nicht unbeschränkt steuerpflichtigen) Sohn keinen Verstoß gegen Art 3 GG dar. Art 3 GG gebietet nämlich nicht - wie hier - die gleiche Behandlung unterschiedlicher Sachverhalte. Denn im Fall der unbeschränkt einkommensteuerpflichtigen Ehefrau, der Klägerin, verbleibt das Besteuerungssubstrat in Deutschland, im Fall des Sohnes wird es in die USA transferiert. Gerade für diesen Fall wurde der Ersatztatbestand geschaffen.

Schließlich lag auch kein Verstoß gegen Art. 24 DBA-USA vor. Zwar verbietet dieser jedem Vertragsstaat, Staatsangehörige des jeweils anderen Vertragsstaats unter ansonsten gleichen Verhältnissen höher als seine eigenen Staatsangehörigen zu besteuern. Dieses Verbot greift jedoch im hier zu entscheidenden Fall schon deshalb nicht ein, weil die Steuerpflicht des P. nicht an eine Staatsangehörigkeit, sondern ausschließlich an den Wohnsitz und den gewöhnlichen Aufenthalt des Sohnes als Erwerber anknüpft. Die Besteuerung würde unter ansonsten gleichen Umständen in derselben Weise erfolgen, wenn S. nicht Staatsbürger der USA wäre, sondern (ausschließlich) die deutsche Staatsangehörigkeit hätte. Angesichts dessen liegt ein Verstoß gegen Art. 24 Absatz 1 DBA-USA jedenfalls nicht vor. Insofern war auch nicht Art. XI des Freundschafts-, Handels- und Schifffahrtsvertrages zwischen Deutschland und den USA nicht einschlägig.

Soweit ersichtlich ist die Frage der Besteuerung nach § 6 Abs. 1 Satz 2 AStG bei der Übertragung von Anteilen an einer Gesellschaft i.S.d. Art 13 Abs. 2 b) DBA USA bisher höchstrichterlich nicht entschieden, weshalb die Revision zum BFH zugelassen wurde.

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