Besteuerung trotz außerhalb der Veräußerungsfrist liegendem Zeitpunkt des Eintritts der aufschiebenden Bedingung
BFH 10.2.2015, IX R 23/13Der Kläger hatte mit Kaufvertrag vom 3.3.1998 ein bebautes Grundstück - Betriebsanlage einer Eisenbahn - erworben und veräußerte dieses mit notariell beurkundetem Kaufvertrag vom 30.1.2008. Der Vertrag wurde unter der aufschiebenden Bedingung geschlossen, dass die zuständige Behörde dieses Grundstück von Bahnbetriebszwecken freistellt. Diese Freistellung erteilte die Behörde am 10.12.2008.
In der Folgezeit stritt der Kläger mit dem Finanzamt darüber, ob der Gewinn aus der Veräußerung des bebauten Grundstücks zu versteuern war, weil die Bedingung in Form der Entwidmung erst nach Ablauf der zehnjährigen Veräußerungsfrist eingetreten war. Die Steuerbehörde war der Auffassung, für die Berechnung des Zehnjahreszeitraums gem. § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG sei der Zeitpunkt maßgebend, in dem der obligatorische Vertrag abgeschlossen werde. Der Übergang von Nutzen und Lasten sei unerheblich.
Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage statt. Das Gericht war der Ansicht, die zehnjährige Veräußerungsfrist sei überschritten, da im Zeitpunkt der Unterzeichnung des notariellen Kaufvertrages am 30.1.2008 noch keine Veräußerung vorgelegen habe. Der Vertrag sei zu diesem Zeitpunkt zivilrechtlich noch nicht wirksam gewesen. Auf die Revision des Finanzamtes hob der BFH das Urteil auf und wies die Klage ab.
Die Gründe:
Entgegen der Auffassung des FG lag hier ein zu versteuerndes privates Veräußerungsgeschäft gem. § 22 Nr. 2 EStG i.V.m. § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG vor.
Private Veräußerungsgeschäfte sind u.a. Veräußerungsgeschäfte bei Grundstücken, bei denen der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als zehn Jahre beträgt. Entsprechend dem Normzweck, innerhalb der Veräußerungsfrist nur realisierte Werterhöhungen eines bestimmten Wirtschaftsgutes im Privatvermögen der Einkommensteuer zu unterwerfen, ist für den Zeitpunkt der Veräußerung die beidseitige zivilrechtliche Bindungswirkung des Rechtsgeschäfts, das den einen Vertragspartner zur Übertragung des Eigentums auf den anderen verpflichtet, und nicht der Zeitpunkt des Bedingungseintritts entscheidend.
Im vorliegenden Fall bestand ab dem Vertragsschluss am 30.1.2008 für keinen der Vertragspartner die Möglichkeit, sich einseitig von der Vereinbarung zu lösen. Infolgedessen war damit gem. dem Normzweck des § 23 EStG die Voraussetzungen für eine Realisierung der Wertsteigerungen verbindlich eingetreten. Entgegen der Auffassung des Klägers war es unerheblich, dass der Zeitpunkt des Eintritts der aufschiebenden Bedingung außerhalb der Veräußerungsfrist lag. Dementsprechend wurde auch der Kaufpreis dem Kläger schon vor dem vereinbarten Rechtsübergang überwiesen.
Dieses Ergebnis steht auch im Einklang mit den im BFH-Urteil v. 2.10.2001 (Az.: IX R 45/99) dargelegten Rechtsgrundsätzen. Dort hatte der BFH bei einem wegen vollmachtloser Vertretung auf der Erwerberseite schwebend unwirksamen - genehmigungsbedürftigen - Rechtsgeschäft auf den Zeitpunkt der Genehmigung und nicht auf den Zeitpunkt der zivilrechtlich rückwirkenden Wirksamkeit des Vertragsabschlusses abgestellt. Anders als im Streitfall lagen dort aber keine bindenden Vertragserklärungen beider Vertragspartner innerhalb der Spekulationsfrist vor. Denn die erforderliche beidseitige schuldrechtliche Bindung ist bei einem Handeln des Vertreters ohne Vertretungsmacht gerade nicht gegeben, da der Vertretene die Genehmigung jederzeit ablehnen kann.
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