Betreuungsleistungen einer unternehmerisch oder freiberuflich tätigen sozialpädagogischen Familienhelferin sind umsatzsteuerpflichtig
FG Köln 20.4.2012, 4 K 3627/09Die Klägerin war in den Streitjahren als sozialpädagogische Familienhelferin unternehmerisch tätig. Im Veranlagungszeitraum 2003 übte sie diese Tätigkeit als freie Mitarbeiterin und im Veranlagungszeitraum 2006 sowohl als freie Mitarbeiterin als auch als Beteiligte einer GbR aus. Für die Auftraggeber, welche direkt mit dem Jugendamt abrechneten, war die Klägerin in beiden Streitjahren als Subunternehmerin tätig. Die entsprechenden Verträge der Klägerin wurden mit diesen Auftraggebern abgeschlossen und die Klägerin wurde somit auch durch sie vergütet.
Die Umsätze wurden durch die Klägerin gem. § 4 Nr. 23 UStG steuerfrei belassen. Eine bei der Klägerin durchgeführte Umsatzsteuer-Sonderprüfung führte zu dem Ergebnis, dass die bisher steuerfrei belassenen Umsätze nunmehr der Umsatzsteuer unterworfen wurden. Zur Begründung wurde auf das BFH-Urteil 08.11.2007 (Az.: V R 2/06) verwiesen, wonach es für die Steuerbefreiung nicht ausreiche, wenn ein Unternehmer lediglich als Subunternehmer für eine anerkannte Einrichtung tätig geworden sei. Die Umsätze für die Streitjahre wurden der Besteuerung unterworfen. Die Vorsteuern wurden anhand der in der Einnahme-Überschussrechnungen aufgeführten Betriebsausgaben mit geschätzt.
Die Klägerin war der Ansicht, ihre Tätigkeit sei nach § 4 Nr. 23 UStG, hilfsweise nach Art. 13 Teil A Abs. 1g der Richtlinie 77/388/EWG, steuerfrei. Das FG wies die Klage ab. Die Revision zum BFH wurde nicht zugelassen.
Die Gründe:
Die Betreuungsleistungen der Klägerin waren weder nach § 4 Nr. 23 UStG noch nach § 4 Nr. 25 UStG von der Umsatzsteuer befreit, da sich die Leistungen unter keine der beiden genannten Befreiungsvorschriften subsumieren ließen.
Aber auch Art. 13 Teil A Abs. 1g und h der Richtlinie 77/388/EWG war im Streitfall nicht auf die Betreuungsleistungen der Klägerin anwendbar. Diese Befreiungen waren im Streitjahr, wie der BFH auch im Urteil vom 8.11.2007 ausgeführt hat, nicht hinreichend in innerstaatliches Recht umgesetzt worden. Nach ständiger EuGH-Rechtsprechung kann ein Mitgliedstaat zwar einem Steuerpflichtigen, der beweisen kann, dass er steuerrechtlich unter einen Befreiungstatbestand der Richtlinie fällt, nicht entgegenhalten, dass er die Vorschriften, die die Anwendung eben dieser Steuerbefreiung erleichtern sollen, nicht erlassen hat. Die Steuerbefreiung gem. Art. 13 Teil A Abs. 1g und h der Richtlinie 77/388/EWG ist allerdings an zwei Voraussetzungen geknüpft, von denen die Klägerin eine nicht erfüllte.
Zum einen muss es sich um Leistungen handeln, die eng mit der Fürsorge und sozialen Sicherheit (Buchst. g) oder der Kinder- und Jugendbetreuung (Buchst. h) verbunden sind. Diese Voraussetzung erfüllte die Klägerin, denn ihre Leistungen sind eng mit der Sozialfürsorge bzw. der Kinder- und Jugendbetreuung verbunden. Sie hat an gemeinnützige Vereine, der ihrerseits im Auftrag des Jugendamtes im Rahmen der Kinder- und Jugendhilfe nach Maßgabe der §§ 27 bis 41 SGB VIII tätig werden und die Entgelte für diese Leistungen vom Jugendamt erhalten, die entsprechenden Leistungen in Abstimmung mit dem Jugendamt erbracht. Es fehlte jedoch an der erforderlichen "Anerkennung als Einrichtung mit sozialem Charakter".
Der Einzelne kann die Eigenschaft einer Einrichtung mit sozialem Charakter nicht schon dadurch erlangen, dass er sich auf diese Bestimmung beruft. Vielmehr ist es Sache der nationalen Behörden, nach dem Gemeinschaftsrecht und unter der Kontrolle der nationalen Gerichte, insbesondere unter Berücksichtigung der Praxis der zuständigen Verwaltung in ähnlichen Fällen zu bestimmen, welche Einrichtungen als Einrichtungen mit sozialem Charakter anzuerkennen sind. Die Klägerin wurde nicht selbst auf vertraglicher Grundlage mit dem örtlichen Träger der sozialen Sicherheit, dem Jugendamt, sondern nur aufgrund ihrer Verträge mit den Vereinen tätig. Dass sie ihre Leistungen an die Vereine möglicherweise nach Absprache mit dem Jugendamt erbracht hatte, änderte nichts daran. Die Anerkennung ließ sich auch nicht daraus ableiten, dass die Einrichtungen (hier die Vereine), an die die Klägerin als deren Subunterunternehmer ihre Leistungen erbracht hat, vom Mitgliedstaat ausdrücklich oder zumindest aufgrund unmittelbarer vertraglicher Beziehungen zu dem örtlichen Träger der Sozialversicherung anerkannt wurden.
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