05.06.2018

Betrieb gewerblicher Art durch Beteiligung an Personengesellschaft

Die Beteiligung einer Stadt an einer gewerblich geprägten vermögensverwaltenden Personengesellschaft ist kein Betrieb gewerblicher Art. § 4 Abs. 1 S. 1 KStG enthält eine eigenständige, von den einkommensteuerrechtlichen Begriffen des Gewerbebetriebs und gewerblicher Einkünfte unabhängige und ausschließlich tätigkeitsbezogene Definition des Betriebs gewerblicher Art. Die Fiktion gewerblicher Einkünfte nach § 15 Abs. 3 Nr. 2 S. 1 EStG wird durch § 4 Abs. 1 KStG nicht aufgegriffen.

BFH 29.11.2017, I R 83/15
Der Sachverhalt:
Die Klägerin ist eine Stadt. Sie war im Streitjahr 2008 alleinige Kommanditistin der im Jahr 2000 gegründeten A-AG & Co. KG (A-KG). Komplementärin der A-KG war die nicht am Kapital beteiligte A-AG. Die A-KG hielt im Streitjahr Beteiligungen an drei kommunalen Gesellschaften, nämlich der Stadtwerke-Gesellschaft (StW-GmbH - 74,9 %), an der Stadtverkehr-Gesellschaft (StV-GmbH - 100 %) und an der Stadtbäder-Gesellschaft (StB-GmbH - 100 %). Zwischen der A-KG und den drei Beteiligungsgesellschaften bestand jeweils ein Gewinnabführungsvertrag. Die zuständige Finanzbehörde behandelte die Beteiligungsgesellschaften als Organgesellschaften der A-KG und erließ entsprechende Feststellungsbescheide.

Das Verluste erwirtschaftende städtische Hallenbad wurde von der Klägerin in eigener Trägerschaft betrieben und als BgA behandelt (BgA Hallenbad). Die StB-GmbH führte die Geschäfte des Hallenbads im Namen und auf Rechnung der Klägerin. Diese erfasste die Kommanditbeteiligung an der A-KG als gewillkürtes Betriebsvermögen des BgA Hallenbad und gelangte dadurch im Rahmen der Gewinnermittlung des BgA Hallenbad zu einer Saldierung der Verluste aus dem Betrieb des Hallenbads mit den Erträgen aus der Beteiligung an der A-KG.

Das Finanzamt akzeptierte diese Sachbehandlung bis einschließlich 2007. Für das Streitjahr kam es nach einer Außenprüfung zu dem Ergebnis, dass die Beteiligung an der A-KG als ein eigenständiger BgA erfasst und besteuert werden müsse und erließ einen entsprechenden Körperschaftsteuerbescheid betreffend den BgA "Halten einer Kommanditbeteiligung an der (A-KG)", in dem die Verluste aus dem Betrieb des Hallenbads nicht gewinnmindernd zum Ansatz kamen und mit dem die Körperschaftsteuer für das Streitjahr festgesetzt wurde.

Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Auf die Revision der Klägerin hob der BFH das Urteil auf und wies die Sache an das FG zurück.

Gründe:
Im zweiten Rechtsgang müssen die erforderlichen Feststellungen zu Art und Umfang der wirtschaftlichen Betätigung der A-KG getroffen werden.

Betriebe gewerblicher Art (BgA) sind nach der Legaldefinition des § 4 Abs. 1 S. 1 KStG - mit Ausnahme der Hoheitsbetriebe (vgl. § 4 Abs. 5 KStG) - alle Einrichtungen, die einer nachhaltigen wirtschaftlichen Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen außerhalb der Land- und Forstwirtschaft dienen und die sich innerhalb der Gesamtbetätigung der juristischen Person wirtschaftlich herausheben. Beteiligt sich eine juristische Person des öffentlichen Rechts an einer gewerblich tätigen Personengesellschaft, wird hierdurch ein Betrieb gewerblicher Art begründet. Mit der Erzielung von Einkünften aus Gewerbebetrieb werden regelmäßig die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 KStG erfüllt, insbesondere ist auch der Rahmen einer Vermögensverwaltung überschritten.

Im vorliegenden Fall war jedoch unklar, ob die KG, an der sich die Stadt beteiligt hatte, im Streitjahr i.S.d. § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 i.V.m. Abs. 2 EStG gewerblich tätig gewesen ist. Denn nach den Feststellungen des FG war die KG lediglich an mehreren Kapitalgesellschaften beteiligt. Das Halten von Kapitalgesellschaftsanteilen ist jedoch grundsätzlich noch keine wirtschaftliche Betätigung, sondern ist dem Bereich der Vermögensverwaltung zuzuordnen. Eine andere Beurteilung kann allerdings in Betracht kommen, wenn die Körperschaft über eine Zusammenfassung mehrerer Beteiligungen in einer Holding planmäßig Unternehmenspolitik betreibt (sog. geschäftsleitende Holding) oder in anderer Weise entscheidenden Einfluss auf die laufende Geschäftsführung der Kapitalgesellschaft ausübt und damit durch sie unmittelbar selbst am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr teilnimmt. Allein das Streben nach Einfluss auf die Beteiligungsgesellschaften reicht jedoch nicht aus.

Die Beteiligung an der KG konnte auch nicht unabhängig von einer tatsächlichen wirtschaftlichen Betätigung dieser Gesellschaft deshalb als BgA i.S.d. § 4 KStG angesehen werden, weil die einzige persönlich haftende Gesellschafterin der KG eine AG ist. Die Fiktion des § 15 Abs. 3 Nr.2 S. 1 EStG, der zufolge die mit Einkünfteerzielungsabsicht unternommene Tätigkeit einer Personengesellschaft, die keine originär gewerbliche Betätigung ausübt und bei der ausschließlich eine oder mehrere Kapitalgesellschaften persönlich haftende Gesellschafter sind und nur diese oder Personen, die nicht Gesellschafter sind, zur Geschäftsführung befugt sind (gewerblich geprägte Personengesellschaft), in vollem Umfang als Gewerbebetrieb gilt, ist im Rahmen des § 4 KStG nicht anwendbar. § 4 Abs. 1 S. 1 KStG enthält vielmehr eine eigenständige, von den einkommensteuerrechtlichen Begriffen des Gewerbebetriebs und gewerblicher Einkünfte unabhängige und ausschließlich tätigkeitsbezogene Definition des Betriebs gewerblicher Art. Die Fiktion gewerblicher Einkünfte nach § 15 Abs. 3 Nr. 2 S. 1 EStG wird durch § 4 Abs. 1 KStG nicht aufgegriffen.

Auch der Zweck des § 4 KStG gebietet keine Besteuerung der von einer juristischen Person des öffentlichen Rechts durch die Beteiligung an einer ausschließlich vermögensverwaltend tätigen, gewerblich geprägten Personengesellschaft erzielten Einkünfte. Denn die Besteuerung der BgA von juristischen Personen des öffentlichen Rechts soll in erster Linie Wettbewerbsverzerrungen zu Lasten der privaten Wirtschaft verhindern, die entstehen würden, wenn sich die öffentliche Hand außerhalb ihrer hoheitlichen Tätigkeit wirtschaftlich betätigen könnte, ohne besteuert zu werden. Den vermögensverwaltenden Tätigkeiten misst der Gesetzgeber demgegenüber offenkundig keine Bedeutung im Hinblick auf die Wettbewerbsneutralität zu. Soweit aus Gründen der Gleichbehandlung mit der Privatwirtschaft eine Besteuerung der öffentlichen Hand auch im Hinblick auf die Beteiligung an lediglich gewerblich geprägten Personengesellschaften für geboten erachtet wird, ist hierfür mangels wettbewerblicher Relevanz der Vermögensverwaltung kein hinreichenden Grund zu sehen.

Eine wirtschaftliche Betätigung der KG kann sich letztlich auch nicht allein daraus ergeben, dass diese mit den drei gewerblich tätigen Beteiligungsgesellschaften Gewinnabführungsverträge geschlossen hatte, um im Rahmen von körperschaftsteuerrechtlichen Organschaften gemäß § 14 Abs. 1 S. 1 KStG die Zurechnung der Einkommen zu erreichen. Das ergibt sich schon daraus, dass ein Organschaftsverhältnis mit einer Personengesellschaft als Organträgerin gem. § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 2 KStG voraussetzt, dass die Personengesellschaft ihrerseits eine Tätigkeit i.S.d. § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 i.V.m. Abs. 2 EStG ausübt, d.h. originär gewerblich tätig ist. Fehlt es an dieser Voraussetzung, treten die Rechtsfolgen einer Organschaft nicht ein.

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