28.09.2023

Betriebsausgaben-Abzugsverbot für Gästehäuser im Sinne des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 EStG

1. Das Abzugsverbot des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 EStG greift nicht ein, wenn sich das Gästehaus am Ort eines Betriebs des Steuerpflichtigen befindet.
2. Ein Betrieb des Steuerpflichtigen am Ort des Gästehauses muss nicht üblicherweise von den beherbergten Geschäftsfreunden aufgesucht werden.

Kurzbesprechung
BFH v. 24.5.2023 - XI R 37/20

EStG § 4 Abs. 4, § 4 Abs 5 S. 1 Nr. 3
AO § 12


Streitig war im Wesentlichen, ob Aufwendungen für ein Gästehaus im Inland dem Abzugsverbot des § 4 Abs. 5 EStG unterliegt. Nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 EStG dürfen Aufwendungen für Einrichtungen des Steuerpflichtigen, soweit sie der Bewirtung, Beherbergung oder Unterhaltung von Personen, die nicht Arbeitnehmer des Steuerpflichtigen sind, dienen (Gästehäuser) und sich außerhalb des Orts eines Betriebs des Steuerpflichtigen befinden, den Gewinn nicht mindern.

§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 EStG verlangt jedoch nicht, dass eine Stelle, eine Betriebsstätte oder ein Betrieb des Steuerpflichtigen in der räumlichen Nähe der Einrichtung auch üblicherweise von den beherbergten Geschäftsfreunden aufgesucht werden muss. Dabei ist bei Prüfung des Merkmals, ob sich das Gästehaus "außerhalb des Orts eines Betriebs des Steuerpflichtigen" befindet, auf das Vorliegen einer Betriebsstätte (§ 12 AO) abzustellen. Über die Tatbestandsmerkmale des § 12 AO hinausgehende Anforderungen sind an den Begriff des "Betriebs" im Sinne des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 EStG nicht zu stellen. Insbesondere muss die Betriebsstätte nicht, wie die Finanzverwaltung in R 4.10 Abs. 10 Satz 3 EStR meint, üblicherweise von Geschäftsfreunden besucht werden.

Für diese Auslegung spricht nach Auffassung des BFH bereits der Gesetzeswortlaut. Nach dem Wortlaut der Vorschrift ist lediglich erforderlich, dass sich das Gästehaus außerhalb des Orts "eines Betriebs" des Steuerpflichtigen befindet. Der Wortlaut lässt es zu, dass ein Unternehmen mehrere "Betriebe" haben kann, wenn der unbestimmte Artikel "eines" statt des bestimmten Artikels "des" verwendet wird. Der als Rückausnahme mögliche Abzug der Betriebsausgaben knüpft danach nur an die Existenz "eines" Betriebs an dem Ort an, an dem sich das Gästehaus befindet, und an keine weiteren Umstände Dass zusätzlich "ein" Betrieb in der räumlichen Nähe der Einrichtung auch üblicherweise von den beherbergten Geschäftsfreunden aufgesucht werden müsse, also eine "besondere Betriebsbezogenheit" vorliegen müsse, lässt sich dem Wortlaut nicht entnehmen. Hierfür sprechen auch die historische Auslegung sowie die systematische Auslegung für dieses Verständnis.

Der Betriebsausgabenabzug ist die Regel (§ 4 Abs. 4 EStG), das Abzugsverbot für Gästehäuser (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 EStG) die Ausnahme und die Belegenheit des Gästehauses am Ort eines Betriebs des Steuerpflichtigen die Rückausnahme, die zum Regelfall zurückführt. Rückausnahmen sind weit auszulegen. Der der Klage stattgebende BFH stellte heraus, dass die vom FG angenommene weitere Einschränkung, wonach die Betriebsstätte "üblicherweise von Geschäftsfreunden besucht" werden müsse, sich auch nicht mit dem Vereinfachungszweck der Norm vereinbaren lässt.

Auch der Zweck des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 EStG gebietet keine andere Auslegung. Dies ergibt sich schon daraus, dass für den Fall, dass ein Gästehaus nicht unter das Abzugsverbot des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 EStG fällt, nach der zutreffenden Auffassung der Finanzverwaltung (R 4.10 Abs. 10 Satz 2 i.V.m. Abs. 12 Nr. 2 EStR) die Betriebsausgaben für das Gästehaus nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 7 EStG vom Abzug ausgeschlossen sein können.
Verlag Dr. Otto Schmidt
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