Betriebsvermögen kann auch ohne Missbrauchsabsicht begünstigungsschädliches "junges Verwaltungsvermögen" sein
BFH v. 22.1.2020 - II R 8/18 u.a.
Der Sachverhalt:
Die Erbschaft- und Schenkungsteuer kennt Begünstigungen für den Erwerb von Betriebsvermögen, die das Produktivvermögen schützen sollen. Besonderen Regelungen unterliegt das sog. Verwaltungsvermögen, zu dem u.a. Wertpapiere gehören. Verwaltungsvermögen, das dem Betrieb im Zeitpunkt von Erbfall oder Schenkung weniger als zwei Jahre zuzurechnen war (junges Verwaltungsvermögen), ist von der Begünstigung ausgenommen. Das soll Missbrauch verhindern. Andernfalls könnte etwa Privatvermögen kurzfristig in den Betrieb eingelegt werden, um es an der Begünstigung für das Betriebsvermögen teilhaben zu lassen.
Die Kläger in den Verfahren Az.: II R 8/18, II R 13/18, II R 18/18, II R 21/18 und II R 41/18 waren der Auffassung, dass der Begünstigungsausschluss nicht für solche Wirtschaftsgüter des Verwaltungsvermögens gelten dürfe, die ohne erkennbare Missbrauchsabsicht innerhalb der Zwei-Jahres-Frist aus anderweit liquiden Mitteln des Betriebs oder sogar im Rahmen einer reinen Umschichtung gleichartiger Wirtschaftsgüter angeschafft worden seien. Die jeweils von den Klägern angerufenen Finanzgerichte teilten deren Auffassung allerdings nicht und wiesen die Klagen ab. Der BFH bestätigte die Urteile der Finanzgerichte.
Gründe:
In sämtlichen Fällen war bei der Festsetzung der Erbschaftsteuer die Begünstigung für Betriebsvermögen um den Anteil für junges Verwaltungsvermögen zu kürzen.
Im Hinblick auf die gesetzliche Typisierung ist eine Missbrauchsprüfung im Einzelfall nicht zuzulassen. Maßgebend ist allein, ob das einzelne Wirtschaftsgut des Verwaltungsvermögens, so auch das einzelne Wertpapier, tatsächlich innerhalb der Frist dem Betriebsvermögen zugeführt wurde. Es kommt nicht darauf an, ob dies ein Einlage- oder Anschaffungsvorgang war, wie die Anschaffung finanziert wurde und welche Zielsetzung dem Vorgang zugrunde lag.
Die Entscheidungen sind zu Rechtsvorschriften ergangen, die nach dem Urteil des BVerfG vom 17.12.2014 (1 BvL 21/12) mit der Verfassung wegen Verstoßes gegen den Gleichheitssatz unvereinbar, aber bis zum 30.06.2016 weiter anzuwenden waren. Das anschließend in Kraft getretene Recht enthält zum Verwaltungsvermögen eine Reihe detaillierter Neuerungen.
BFH PM Nr. 34 vom 13.8.2020
Die Erbschaft- und Schenkungsteuer kennt Begünstigungen für den Erwerb von Betriebsvermögen, die das Produktivvermögen schützen sollen. Besonderen Regelungen unterliegt das sog. Verwaltungsvermögen, zu dem u.a. Wertpapiere gehören. Verwaltungsvermögen, das dem Betrieb im Zeitpunkt von Erbfall oder Schenkung weniger als zwei Jahre zuzurechnen war (junges Verwaltungsvermögen), ist von der Begünstigung ausgenommen. Das soll Missbrauch verhindern. Andernfalls könnte etwa Privatvermögen kurzfristig in den Betrieb eingelegt werden, um es an der Begünstigung für das Betriebsvermögen teilhaben zu lassen.
Die Kläger in den Verfahren Az.: II R 8/18, II R 13/18, II R 18/18, II R 21/18 und II R 41/18 waren der Auffassung, dass der Begünstigungsausschluss nicht für solche Wirtschaftsgüter des Verwaltungsvermögens gelten dürfe, die ohne erkennbare Missbrauchsabsicht innerhalb der Zwei-Jahres-Frist aus anderweit liquiden Mitteln des Betriebs oder sogar im Rahmen einer reinen Umschichtung gleichartiger Wirtschaftsgüter angeschafft worden seien. Die jeweils von den Klägern angerufenen Finanzgerichte teilten deren Auffassung allerdings nicht und wiesen die Klagen ab. Der BFH bestätigte die Urteile der Finanzgerichte.
Gründe:
In sämtlichen Fällen war bei der Festsetzung der Erbschaftsteuer die Begünstigung für Betriebsvermögen um den Anteil für junges Verwaltungsvermögen zu kürzen.
Im Hinblick auf die gesetzliche Typisierung ist eine Missbrauchsprüfung im Einzelfall nicht zuzulassen. Maßgebend ist allein, ob das einzelne Wirtschaftsgut des Verwaltungsvermögens, so auch das einzelne Wertpapier, tatsächlich innerhalb der Frist dem Betriebsvermögen zugeführt wurde. Es kommt nicht darauf an, ob dies ein Einlage- oder Anschaffungsvorgang war, wie die Anschaffung finanziert wurde und welche Zielsetzung dem Vorgang zugrunde lag.
Die Entscheidungen sind zu Rechtsvorschriften ergangen, die nach dem Urteil des BVerfG vom 17.12.2014 (1 BvL 21/12) mit der Verfassung wegen Verstoßes gegen den Gleichheitssatz unvereinbar, aber bis zum 30.06.2016 weiter anzuwenden waren. Das anschließend in Kraft getretene Recht enthält zum Verwaltungsvermögen eine Reihe detaillierter Neuerungen.