09.05.2016

Betrugs- und Untreuehandlungen eines Arbeitnehmers mittels fiktiver Geschäfte können keine Umsatzsteuer auslösen

Begeht ein Arbeitnehmer gemeinschaftlich mit einem externen Dritten zu Lasten seines Arbeitgebers Betrugs- und Untreuehandlungen unter Vortäuschung fiktiver Geschäfte, kann das Finanzamt hierfür keine Umsatzsteuer festsetzen. Leistungen, die ausschließlich der Erreichung eines gemeinschaftlichen Zwecks dienen sowie durch die Beteiligung am Gewinn abgegolten werden und nicht in einem konkreten Einzel- bzw. Sonderinteresse liegen, stellen keine umsatzsteuerpflichtigen Leistungen gegen ein Sonderentgelt dar.

Hessisches FG 16.2.2016, 1 K 2513/12
Der Sachverhalt:
Der Kläger war als Arbeitnehmer bei einer GmbH für Vergabe, Abrechnung und Steuerung von Aufträgen an externe Firmen für Bau- und Sanierungsarbeiten an Liegenschaften seines Arbeitgebers zuständig. Im Jahr 2007 hatte er zusammen mit dem Geschäftsführer eines externen Bauunternehmens und mit dem Ziel der Abzweigung von Geldern seines Arbeitgebers fiktive Angebote, Aufträge sowie Rechnungen für tatsächlich nicht erbrachte Leistungen in den Geschäftsablauf seines Arbeitgebers eingeschleust. Die vom Arbeitgeber insofern ausgezahlten Rechnungsbeträge teilten der Kläger und der Geschäftsführer des Bauunternehmens unter sich auf. Dabei schrieb der Kläger zur Verschleierung der Auszahlung der auf ihn absprachegemäß entfallenden Anteile Abdeckrechnungen ohne Umsatzsteuerausweis über tatsächlich nie erhaltene und durchgeführte Aufträge. Diese Machenschaften blieben bis Ende 2011 unentdeckt.

Das Finanzamt ging von sonstigen Leistungen des Klägers im Rahmen eines umsatzsteuerpflichtigen Leistungsaustausches zwischen ihm und dem externen Bauunternehmen aus und erließ entsprechende Umsatzsteuerbescheide. Der Kläger war der Ansicht, die streitgegenständlichen Vorgänge enthielten keinen umsatzsteuerpflichtigen Leistungsaustausch. Er sei im Rahmen seiner Haupttätigkeit nur als Arbeitnehmer und nicht selbstständig tätig gewesen. Sein Tatbeitrag zu den Betrugshandlungen sei nur als Bestandteil seiner nichtselbstständigen Tätigkeit denkbar, so dass es an der Unternehmereigenschaft fehle.

Das FG gab der Klage statt. Das Urteil ist rechtskräftig.

Die Gründe:
Die vom Kläger gemeinschaftlich mit dem Geschäftsführer des externen Bauunternehmens begangenen Betrugs- und Untreuehandlungen gegenüber seinem damaligen Arbeitgeber stellten keine umsatzsteuerpflichtigen Leistungen des Klägers i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 1 S. 1 UStG dar.

Die insofern maßgebliche Rechtsbeziehung hatte nicht zwischen dem Kläger und dem Bauunternehmen, sondern ausschließlich zwischen dem Kläger und dem insoweit im eigenen Namen und im eigenen Interesse handelnden Geschäftsführer des Bauunternehmens bestanden. Durch die Manipulationen des Klägers hatte das Bauunternehmen keinerlei nutzbare Vorteile, insbesondere in Form von Aufträgen, erlangt.

Außerdem waren die auf dem Geschäftskonto des Bauunternehmens eingegangenen Gelder nicht für dessen unternehmerische Zwecke verbraucht worden, sondern umgehend von dessen Geschäftsführer für eigene Zwecke abgezogen und verwendet worden. Damit unterschied sich der vorliegende Fall maßgeblich von Schmiergeld- und Bestechungsfällen, denen - im Gegensatz zum Streitfall - reale wirtschaftliche bzw. geschäftliche Betätigungen zu Grunde lagen.

Schließlich führten die Manipulationen des Klägers auch nicht zu umsatzsteuerpflichtigen Leistungen an den Geschäftsführer des Bauunternehmens. Denn die einzelnen Tatbeiträge der beiden Personen waren jeweils nicht Entgelt für den jeweiligen Tatbeitrag des anderen gewesen. Leistungen, die ausschließlich der Erreichung eines gemeinschaftlichen Zwecks dienen sowie durch die Beteiligung am Gewinn abgegolten werden und nicht in einem konkreten Einzel- bzw. Sonderinteresse liegen, stellen keine umsatzsteuerpflichtigen Leistungen gegen ein Sonderentgelt dar.

Linkhinweis:

Hessisches FG PM v. 9.5.2016
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