01.12.2016

Bewertung einer Gesellschafterforderung für Zwecke der Erbschaftsteuer

Erwirbt der Erbe eine Kommanditbeteiligung des Erblassers, ist eine zum Sonderbetriebsvermögen des Erblassers gehörende Forderung gegenüber der Gesellschaft im Fall des Fortbestehens der Gesellschaft grundsätzlich mit dem Nennwert der Besteuerung zugrunde zu legen, selbst wenn die Forderung zum Zeitpunkt des Ablebens des Erblassers wertlos ist. Die Forderung ist nicht anzusetzen, wenn die ihr gegenüberstehende Verbindlichkeit der Gesellschaft wegen einer vom Erblasser geschlossenen qualifizierten Rangrücktrittsvereinbarung nicht zu bilanzieren ist (Rechtslage bis zum 31.12.2008).

BFH 2.8.2016, VIII R 37/14
Der Sachverhalt:
Die Klägerin ist die Alleinerbin ihres im Mai 2002 verstorbenen Ehemanns. Dieser war mit einer Einlage von 49 % des Kapitals Kommanditist einer GmbH & Co. KG. Diese hatte in der Bilanz zum Ende 2001 eine ihm gegenüber bestehende Verbindlichkeit von über 2,5 Mio. € passiviert. In der Sonderbilanz wurde eine entsprechende Forderung des Ehemanns gegen die KG ausgewiesen. Die von ihm im November 2001 mit der durch ihn vertretenen KG getroffene Vereinbarung, nach der er mit seiner Forderung im Rang hinter alle übrigen Gläubiger der Gesellschaft zurücktrat und verpflichtet war, seine Forderung nur geltend zu machen, wenn sie aus künftigem Nettovermögen (Jahresüberschüsse oder sonstiges die Schulden übersteigendes Vermögen) befriedigt werden kann, blieb bei der Bilanzierung unberücksichtigt.

Das Finanzamt berücksichtigte den Kommanditanteil des Ehemanns bei der Festsetzung der Erbschaftsteuer gegen die Klägerin mit einem Wert von rund 2,2 Mio. €. Es setzte dabei die Forderung des Ehemanns gegen die KG in voller Höhe sowohl als Verbindlichkeit der KG als auch als Forderung gegen die KG an. Der Berechnung des nach § 5 Abs. 1 S. 1 ErbStG abziehbaren fiktiven Anspruchs auf Zugewinnausgleich legte das Finanzamt ebenfalls diesen Wert zugrunde. Dem Begehren der Klägerin, die Forderung des Ehemanns gegen die KG lediglich mit dem von ihr angenommenen tatsächlichen Wert von 750.000 € anzusetzen, folgte es nicht. Im finanzgerichtlichen Verfahren beantragte die Klägerin zuletzt, den Erbschaftsteuerbescheid aufzuheben, soweit bei der Bewertung des Kommanditanteils des Ehemanns an der KG eine ihm gegen die KG zustehende Forderung mit mehr als 750.000 € berücksichtigt wurde.

Das FG wies die Klage ab. Auch die Revision der Klägerin vor dem BFH blieb erfolglos.

Gründe:
Das FG hat zu Recht angenommen, dass die Forderung des verstorbenen Ehemanns der Klägerin gegen die KG und die dieser Forderung gegenüberstehende Verbindlichkeit der KG jeweils mit dem Nominalwert anzusetzen sind.

Für die Bestands- und Wertermittlung des Betriebsvermögens für Zwecke der Erbschaftsteuer sind bis zum 31.12.2008 die Steuerbilanzwerte maßgebend, die unter Zugrundelegung der ertragsteuerrechtlichen Bilanzierungs- und Gewinnermittlungsvorschriften zutreffend sind. Erwirbt der Erbe eine Kommanditbeteiligung des Erblassers, ist eine zum Sonderbetriebsvermögen des Erblassers gehörende Forderung gegenüber der Gesellschaft im Fall des Fortbestehens der Gesellschaft grundsätzlich mit dem Nennwert der Besteuerung zugrunde zu legen, selbst wenn die Forderung zum Zeitpunkt des Ablebens des Erblassers wertlos ist.

Der Verlust im Sonderbetriebsvermögen wird grundsätzlich erst im Zeitpunkt der Beendigung der Mitunternehmerschaft realisiert. Dieser Grundsatz der korrespondierenden Bilanzierung gilt auch bei Forderungen eines Gesellschafters gegen die Gesellschaft, die wie etwa Darlehensforderungen oder Ausgleichsansprüche nicht auf Sondervergütungen beruhen. Der Grundsatz der korrespondierenden Bilanzierung ist auch gewahrt, wenn weder die Forderung des Gesellschafters gegen die Gesellschaft noch die dieser gegenüberstehende Verbindlichkeit der Gesellschaft bilanziert werden. Die Forderung ist nicht anzusetzen, wenn die ihr gegenüberstehende Verbindlichkeit der Gesellschaft wegen einer vom Erblasser geschlossenen qualifizierten Rangrücktrittsvereinbarung nicht zu bilanzieren ist.

Infolgedessen konnte die (etwaige) Minderung des Werts der Forderung des Ehemanns gegen die KG nach dem Grundsatz der korrespondierenden Bilanzierung nicht berücksichtigt werden. Der vom Finanzamt angesetzte Wert des Kommanditanteils war auch nicht in der Weise zu ändern, dass die Forderung des Ehemanns weder in der Sonderbilanz als Aktivposten noch bei der KG als Verbindlichkeit bilanziert wurde. Die vom Ehemann mit der KG getroffene Rangrücktrittsvereinbarung erfüllte nicht die Anforderungen des § 5 Abs. 2a EStG. Nach der Vereinbarung war die Forderung des Ehemanns nicht nur aus künftigen Einnahmen oder Gewinnen der KG oder einem etwaigen Liquidationserlös zu tilgen, sondern auch aus sonstigem die Schulden übersteigendem Vermögen. Es handelte sich somit nicht um einen zur Anwendung dieser Vorschrift führenden "qualifizierten" (spezifizierten) Rangrücktritt.

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