27.10.2016

BFH fordert im Geltungsbereich des § 7g EStG i.d.F. des UntStRefG keinen Finanzierungszusammenhang mehr

Der Steuerpflichtige trägt die Darlegungs- und Feststellungslast für die Investitionsabsicht gem. § 7g EStG i.d.F. des UntStRefG. Die Durchführung einer Investition ist ein Indiz für die Existenz einer entsprechenden Investitionsabsicht. Ein Finanzierungszusammenhang ist im Geltungsbereich des § 7g EStG i.d.F. des UntStRefG nicht mehr zu fordern.

BFH 6.4.2016, X R 15/14
Der Sachverhalt:
Die Kläger werden als Eheleute zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger erzielt u.a. mit einem Taxiunternehmen Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Im Streitjahr 2008 ermittelte er seinen Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG. Die Einkommensteuer wurde zunächst unter dem Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzt.

In einer Betriebsprüfung Ende des Jahres 2011 kam das Finanzamt zu der Auffassung, dass für das Streitjahr der Gewinn um rd. 19.000 € zu erhöhen sei. Im Rahmen einer Besprechung der Prüfungsfeststellungen erwog der Steuerberater des Klägers, nachträglich für das Jahr 2008 nach § 7g Abs. 1 EStG i.d.F. des UntStRefG 2008 (EStG), einen Investitionsabzugsbetrag für ein 2010 angeschafftes Firmenfahrzeug geltend zu machen. Im November 2011 stellte er einen solchen Antrag über 10.800 €, der sich auf einen im August 2010 zu einem Nettokaufpreis von rd. 27.000 € erworbenen Pkw bezog. Den Kaufpreis hatte der Kläger über ein Darlehen mit vierjähriger Laufzeit finanziert. Das Finanzamt berücksichtigte den Investitionsabzugsbetrag nicht, da der erforderliche Finanzierungszusammenhang fehle.

Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Auf die Revision der Kläger hob der BFH das Urteil auf und verwies die Sache an das FG zurück.

Die Gründe:
Der Senat vermag nicht abschließend zu beurteilen, ob der Kläger den Investitionsabzugsbetrag zu Recht gebildet hat. Dies betrifft insbesondere die Frage, ob es an der erforderlichen Investitionsabsicht gefehlt hat. Ein Finanzierungszusammenhang ist hingegen - anders als im Geltungsbereich des § 7g Abs. 1, Abs. 3 EStG i.d.F. vor Inkrafttreten des UntStRefG (EStG a.F.) - nicht mehr zu fordern.

Mit der in § 7g Abs. 1 S. 2 Nr. 2 EStG i.d.F. des UntStRefG (EStG) enthaltenen Formulierung "beabsichtigt" ist die Investitionsabsicht Teil des gesetzlichen Tatbestands. Es handelt sich um eine der wesentlichen Neuerungen des § 7g EStG gegenüber § 7g EStG a.F., unter dessen Geltung die Investitionsabsicht kein gesetzliches Tatbestandsmerkmal war, der BFH zwischenzeitlich auf die Glaubhaftmachung einer Investitionsabsicht ganz verzichtet und sich zuletzt auf ein Mindestmaß an Plausibilität beschränkt hatte. Die Investitionsabsicht hat sich auf den Gewinnermittlungsstichtag sowie den gesamten Investitionszeitraum zu beziehen. Da sie zu den gesetzlichen Tatbestandsmerkmalen für die Inanspruchnahme einer Steuervergünstigung gehört, trägt der Steuerpflichtige für ihr Vorliegen die Darlegungs- und Feststellungslast.

Der Zeitpunkt, zu dem der Investitionsabzugsbetrag geltend gemacht wird, lässt für sich genommen im Allgemeinen keine Rückschlüsse auf das Vorliegen oder Fehlen der Investitionsabsicht zu. Der Investitionsabzugsbetrag muss i.Ü. nicht bereits bei erstmaliger Einreichung der Steuererklärung geltend gemacht werden. Soweit das BMF weiter gehende zwingende Anforderungen an die Investitionsabsicht stellt, folgt der Senat dem nicht. Wird eine Investition tatsächlich nicht vorgenommen, kann dies zwar ein Indiz für das Fehlen der Investitionsabsicht von Beginn an sein. Die Motive und Begleitumstände für die Geltendmachung des Investitionsabzugsbetrags führen für sich genommen noch keinen Beweis für das Vorliegen oder Nichtvorliegen der Investitionsabsicht selbst.

Ein zwingender und ausnahmsloser Schluss von einer Zeitdifferenz zwischen Investition und Geltendmachung oder von einem erkennbaren Kompensationszweck auf eine fehlende Investitionsabsicht ist unzutreffend. So ist es ohne weiteres möglich, dass ein Investitionsabzugsbetrag unter derartigen Umständen geltend gemacht wird, die Investitionsabsicht aber zum Ende des maßgebenden Gewinnermittlungszeitraums nachweislich und unzweifelhaft vorlag, nachgewiesen etwa durch die Vorlage einer verbindlichen Bestellung. Das durch die Rechtsprechung zu § 7g Abs. 1, Abs. 3 EStG a.F. entwickelte Ausschlusskriterium fehlenden Finanzierungszusammenhangs ist hingegen im Geltungsbereich des § 7g EStG nicht mehr zu fordern.

Der Senat konnte nach alldem nicht abschließend entscheiden, ob dem Kläger der geltend gemachte Investitionsabzugsbetrag zusteht. Das betrifft zunächst die Frage, ob der Kläger im Streitjahr die erforderliche Investitionsabsicht hatte, was das FG verneint hat. Soweit sich das FG keine Überzeugung von der Investitionsabsicht des Klägers hat bilden können, ist die Würdigung lückenhaft und weist zudem einen Verstoß gegen Denkgesetze auf. Der Kläger hat das Fahrzeug, für dessen Anschaffung der Investitionsabzugsbetrag gebildet wurde, innerhalb des Investitionszeitraums angeschafft. Das beweist, dass der Kläger zuvor auch die Absicht hatte, dieses Fahrzeug anzuschaffen. Nur den Zeitpunkt, zu dem er diese Absicht gebildet hat, beweist es nicht. Diese zwingend erforderliche Differenzierung hat das FG nicht vorgenommen. Es hat vielmehr den Umstand, dass der Kläger das Fahrzeug tatsächlich angeschafft hat, im Rahmen seiner Überzeugungsbildung überhaupt nicht berücksichtigt und insoweit eine lückenhafte Würdigung vorgenommen.

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