Bordellbesitzer haben keinen Anspruch auf Erstattung von im sog. "Düsseldorfer Verfahren" gezahlten Beträgen
FG Köln 15.5.2014, 3 K 2923/11Der Kläger betrieb in den Streitjahren 2004 bis 2010 einen Sauna- und Erotik-Club. Dieser verfügte über eine Bar und 14 Zimmer, in denen weibliche Prostituierte auf Honorarbasis ihre Dienste anboten. Die Damen waren nicht in den Betrieb des Clubs eingegliedert, sondern arbeiteten selbständig. Die Honorare mussten sofort mit Bargeld bezahlt werden. Zu diesem Zweck sowie zur Bezahlung der Getränkerechnungen ließen sich viele Kunden beim Betreten des Clubs vom Kläger gegen Vorlage ihrer Kreditkarten Bargeld auszahlen. Die Honorare wurden später zwischen den Damen und dem Kläger aufgeteilt. Die Empfangs- und Bardamen, die Reinigungskräfte und der Hausmeister des Clubs waren beim Kläger fest angestellt.
Nach einer Umsatzsteuer-Nachschau durch die Steuerbehörde machten die Prüfer der Steuerberaterin des Klägers den Vorschlag, der Kläger solle am Düsseldorfer Verfahren teilnehmen. Ziel des Düsseldorfer Verfahrens ist die vereinfachte Erhebung von Steuervorauszahlungen bei selbständig tätigen Prostituierten. Erstmals im Dezember 2004 übersandte die Steuerberaterin dem Finanzamt die erbetene Aufstellung. Der Kläger nahm bis Ablauf des Monats November 2010 durchgehend am Düsseldorfer Verfahren teil. Er zahlte im Streitzeitraum insgesamt 113.047 € an das Finanzamt.
Danach übernahm der Prozessbevollmächtigte die steuerliche Beratung des Klägers. Er stellte sich auf den Standpunkt, für das Düsseldorfer Verfahren bestehe keine Rechtsgrundlage, und beantragte im März 2011 die Erstattung der gezahlten Beträge, was das Finanzamt ablehnte.
Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Allerdings wurde die Revision zum BFH zugelassen.
Die Gründe:
Eine eigenständige gesetzliche Regelung für das Düsseldorfer Verfahren gibt es bisher nicht, es ist in der Praxis jedoch weit verbreitet. Die Voraussetzungen für das Düsseldorfer Verfahren lagen im Streitzeitraum vor. Die Prostituierten arbeiteten selbständig. Sie waren nicht in den Betrieb des Clubs eingegliedert und entschieden selbst, ob, an welchem Tag und wie viele Stunden sie arbeiten wollten. Die Beteiligung des Klägers an den Honoraren änderte an der Selbständigkeit der Damen nichts. Der Kläger hatte an dem Düsseldorfer Verfahren teilgenommen. Einer schriftlichen Vereinbarung darüber bedurfte es nicht. Durch die Teilnahme ist ein Rechtsverhältnis auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts begründet worden.
Der Erstattungsanspruch aus § 37 Abs. 2 S. 1 AO stand dem Kläger jedoch nicht zu. Einen solchen Anspruch hat derjenige, auf dessen Rechnung die Zahlung bewirkt wurde. Für die Frage, ob der Leistende i.S.v. § 37 Abs. 2 S. 1 AO für eigene oder fremde Rechnung gezahlt hat, ist nicht entscheidend, von wem und mit wessen Mitteln gezahlt wurde, sondern wessen Schuld nach dem Willen des Zahlenden, wie er im Zeitpunkt der Zahlung dem Zahlungsempfänger gegenüber erkennbar hervorgetreten ist, getilgt werden sollte. Den Finanzbehörden soll nämlich bei der Entscheidung über einen steuerlichen Erstattungsanspruch nicht zugemutet werden, im Einzelfall die zivilrechtlichen Beziehungen zwischen den Beteiligten daraufhin zu überprüfen, wer von ihnen auf die zu erstattenden Beträge im Innenverhältnis einen Anspruch hat.
Davon ausgehend konnte dem Kläger der Anspruch schon deshalb nicht zustehen, weil er selbst aus den Einnahmen der Prostituierten keine Steuer zu zahlen hatte und die Zahlung deshalb jedenfalls nicht auf eigene Rechnung bewirkt wurde. Nach den Umständen des Streitfalls stand außer Frage, dass die Einnahmen der Prostituierten nicht dem Kläger zuzurechnen waren, sondern von den Damen selbst versteuert werden mussten. Gegen einen Erstattungsanspruch des Klägers sprach schließlich, dass der Kläger das überwiesene Geld aus der hier maßgeblichen Sicht des Finanzamtes von den Damen einbehalten hatte und diese dadurch einen Anspruch gegen den Beklagten erworben haben, dass die Vorauszahlungen auf ihre etwaigen Jahressteuern angerechnet werden. Dass die Damen mit der Einbehaltung nicht einverstanden waren und der Kläger deshalb dem Beklagten eigene Mittel überweisen würde, war im Rahmen des Düsseldorfer Verfahrens weder vorgesehen noch für den Beklagten erkennbar. Der Umstand kann nachträglich nicht mehr berücksichtigt werden.
Allerdings war die Revision zuzulassen. Denn, ob und ggf. unter welchen Voraussetzungen derjenige, der im Rahmen des Düsseldorfer Verfahrens Beiträge an das Finanzamt abgeführt hat, einen Anspruch auf Rückzahlung hat, ist bisher ‑ soweit ersichtlich - nicht Gegenstand eines Verfahrens vor dem BFH gewesen.
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