Darlehenszinsen für ein nießbrauchsbelastetes Grundstück können vorweggenommene Werbungskosten sein
FG Baden-Württemberg 25.4.2017, 5 K 763/15Der Kläger erwarb zusammen mit seiner Schwester im Wege der vorweggenommenen Erbfolge im Jahr 1995 von seiner Mutter sowie im Jahr 2008 von seiner Tante ein bebautes Grundstück zu Miteigentum i.H.v. je 50 %. Das aufstehende Gebäude umfasst eine kleinere Ladeneinheit und sechs Mietwohnungen.
Die Mutter des Klägers behielt sich und ihrem Ehemann den lebenslänglichen Nießbrauch vor. Die Tante des Klägers behielt sich ebenfalls den lebenslänglichen Nießbrauch vor. Nachdem der Vater des Klägers verstorben war, standen die Nießbrauchsrechte der Mutter und der Tante je zur Hälfte zu, die das Grundstück gemeinschaftlich vermieteten.
Im Jahr 2011 erwarb der Kläger von seiner Schwester deren hälftigen Miteigentumsanteil an dem nießbrauchsbelasteten Grundstück zum Kaufpreis von 250.000 €. Die für diesen Grundstücksanteil vom Kläger bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung als vorweggenommene Werbungskosten erklärten Absetzungen für Abnutzung (AfA) und Schuldzinsen erkannte das Finanzamt nicht an.
Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage teilweise statt. Die Revision zum BFH wurde wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen. Sie ist bereits anhängig und wird dort unter dem Az. IX R 20/17 geführt.
Die Gründe:
Die Darlehenszinsen, nicht jedoch die AfA sind als vorweggenommene Werbungskosten anzuerkennen.
In den vom BFH bisher entschiedenen Fällen zur Berücksichtigung von Werbungskosten bei einem mit einem lebenslangen Nießbrauch belasteten Grundstück ist die Berücksichtigung beim Grundstückseigentümer jeweils am Nachweis eines ausreichend bestimmten wirtschaftlichen Zusammenhangs zwischen den geltend gemachten Aufwendungen und der Einkunftsart gescheitert, in deren Rahmen der Abzug begehrt wurde. Laut BFH fehlt es regelmäßig an der Absicht, Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zu erzielen, wenn der Steuerpflichtige Aufwendungen für eine Immobilie tätigt, die eine andere Person zu nutzen berechtigt und ein Ende der Nutzung nicht absehbar ist. Die Ungewissheit über den genauen Beginn der Einkünfteerzielung ist bei der Beurteilung der Einkünfteerzielungsabsicht aber kein absolutes Ausschlusskriterium. Dem zeitlichen Zusammenhang zwischen den Aufwendungen und der späteren Vermietung kommt lediglich indizielle Bedeutung zu.
Insofern kann beim Steuerpflichtigen auch dann die Einkünfteerzielungsabsicht bejaht werden, wenn das konkrete Ende des Nießbrauchs im Streitjahr noch nicht absehbar ist. Dies ist der Fall, wenn trotz des noch nicht feststehenden Beginns der Einkünfteerzielung aufgrund weiterer äußerer Umstände keine Zweifel daran bestehen, dass der Steuerpflichtige bereits im Streitjahr beabsichtigt, nach dem Wegfall des rechtlichen Hindernisses steuerpflichtige Einkünfte zu erzielen. So liegt der Fall hier. Es bestehen nach dem glaubhaften Vortrag des Klägers keine Zweifel daran, dass der Kläger bereits im Streitjahr beabsichtigte, nach dem Wegfall der Nießbrauchrechte zugunsten seiner Mutter und seiner Tante mit dem streitgegenständlichen Grundstück Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zu erzielen.
Hätte der Kläger hingegen die Absicht gehabt, seinen Miteigentumsanteil an dem Grundstück zu veräußern, so hätte der Erwerb des hälftigen Miteigentumsanteils von seiner Schwester wenig Sinn gemacht, denn sie hätten das Grundstück auch gemeinsam veräußern können. Auch eine nicht zu steuerpflichtigen Einkünften führende zukünftige Nutzung des Grundstücks durch den Kläger (z.B. zu eigenen Wohnzwecken) kann ausgeschlossen werden. Im Gegensatz zu Erhaltungsaufwendungen, die sich bereits auf das Jahr ihrer Ausführung und damit auf einen Zeitraum beziehen, in dem noch nicht der Eigentümer des Grundstücks, sondern allein der Nießbrauchsberechtigte Vermietungseinkünfte erzielt, handelt es sich bei den Anschaffungskosten für das Grundstück und den damit im Zusammenhang stehenden Finanzierungskosten um Aufwendungen, die ausschließlich im Hinblick auf die in der Zukunft beabsichtigte Vermietung getätigt werden.
Die geltend gemachte AfA kann jedoch nicht bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung berücksichtigt werden. Die AfA bezieht sich auf die Abnutzung des Gebäudes. Im Streitjahr 2013 haben die Nießbrauchsberechtigten (Mutter und Tante des Klägers) das Gebäude zur Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung genutzt. Allein sie waren daher zur Geltendmachung von AfA auf das Gebäude berechtigt. Da der Kläger im Jahr 2013 (noch) keine Vermietungseinkünfte mit der entgeltlich erworbenen Grundstückshälfte erzielt hat, fehlt es bei ihm am wirtschaftlichen Zusammenhang zwischen dem durch die AfA abgebildeten Wertverzehr und den in der Zukunft beabsichtigten Vermietungseinkünften.
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