04.09.2012

Das Ausstellen von Presseausweisen durch einen Berufsverband an Nichtmitglieder gegen Entgelt ist ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb

Ein Berufsverband ist insoweit körperschaftsteuerpflichtig, als er einen wirtschaftlichen Geschäftbetrieb unterhält. Das Ausstellen von Presseausweisen an Nichtmitglieder gegen Entgelt ist ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb.

FG Düsseldorf 10.7.2012, 6 K 218/10 K
Der Sachverhalt:
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Ausgabe von Presseausweisen gegen Entgelt an Nichtmitglieder einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb (§ 14 AO) eines Berufsverbandes begründet.

Die Klägerin ist ein Zusammenschluss von Zeitungsverlegern und - unstreitig - nach § 5 Abs. 1 Nr. 5 KStG körperschaftsteuerbefreit. Gestützt auf den Runderlass des Innenministeriums vom 25.11.1993 (Ministerialblatt NRW Nr. 76 vom 23.12.1993, 1854) gibt sie an Verbandsmitglieder ohne weiteres, aber auch an Nichtmitglieder nach besonderer Prüfung Presseausweise aus.

Das Finanzamt sieht in der Ausgabe von Presseausweisen gegen eine Gebühr an Nichtmitglieder einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb (§ 14 AO) der Klägerin, der zur partiellen Steuerpflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 5 S. 2 Buchst. a KStG führe. Dementsprechend erließ das Finanzamt für die Streitjahre 2004 bis 2006 Körperschaftsteuerbescheide.

Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Die Revision zum BFH wurde wegen grundsätzlicher Bedeutung nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zugelassen, weil der Streitfall die umstrittene Auslegung des § 14 S. 1 AO und damit eine grundsätzliche Frage des Steuerrechts steuerbegünstigter Körperschaften aufwirft.

Die Gründe:
Die Klägerin ist als Berufsverband insoweit körperschaftsteuerpflichtig, als sie einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb unterhält (§ 5 Abs. 1 Nr. 5 S. 2 a KStG). Das Ausstellen von Presseausweisen an Nichtmitglieder gegen Entgelt ist ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb.

Den Begriff des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs bestimmt allgemein § 14 AO. Die Auslegung dieser Vorschrift für steuerbegünstigte (gemeinnützige) Körperschaften ist auf die partielle Steuerpflicht von Berufsverbänden nach § 5 Abs. 1 Nr. 5 S. 2 KStG insgesamt übertragbar. Die Ausstellung von Presseausweisen an Nichtmitgliedern des Berufsverbandes nach besonderer Prüfung der Voraussetzungen erfolgte auch selbständig. Der Klägerin ist zwar zuzugeben, dass das Merkmal der Selbständigkeit umstritten ist. Soweit ein Teil der Literatur Selbständigkeit mit guten Gründen allein als Abgrenzungsmerkmal des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs zur unselbständigen Arbeit und als Bezugnahme auf die Organschaft begreift, folgt die persönliche Selbständigkeit der Klägerin bereits aus ihrer Eigenschaft als Körperschaft.

Allerdings hat der BFH dieses persönliche Verständnis der Selbständigkeit im Sinne der Abgrenzung zur nichtselbständigen Tätigkeit für den wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb explizit abgelehnt und stattdessen sachliche Selbständigkeit der Betätigung im Sinne einer Abgrenzbarkeit von einem steuerbegünstigten Wirkungsbereich gefordert. Dieses sachliche Verständnis Selbständigkeit der Tätigkeit entspricht auch der überwiegenden Ansicht der Literatur. Der Senat hält indes den sachlichen Abgrenzungsansatz der herrschenden Ansicht für überprüfungsbedürftig. Denn das wettbewerbsbezogene Konzept der partiellen Steuerpflicht steht einer Qualifikation und Differenzierung einheitlicher oder verbundener Tätigkeiten allein aus der organisatorischen Perspektive der steuerbegünstigten Körperschaft entgegen.

Der bezweckte Wettbewerbsschutz spricht vielmehr dafür, die Einzelmerkmale des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs wirkungsorientiert und - im Einklang mit dem Wortlaut - allein tätigkeitsbezogen zu bestimmen. Dass die Klägerin die Ausstellung der Presseausweise an Nichtmitglieder besonders prüft und gesondert abrechnet, spricht für die Selbständigkeit der Tätigkeit und deckt sich mit der Behandlung bei der Umsatzsteuer. Überdies ist bei der Auslegung der zusammengehörigen Tatbestandsmerkmale "selbständige Tätigkeit" zu bedenken, dass der Gesetzgeber in § 14 AO im Gegensatz zum Betrieb gewerblicher Art (§ 4 Abs. 1 S. 1 KStG) bewusst auf irgendeine organisatorische Verselbständigung oder besondere Gewichtigkeit verzichtet hat. Darum sind besondere Anforderungen im Sinne einer gesetzlichen nicht geforderten "Eigenständigkeit" verfehlt. Selbständig bedeutet nicht eigenständig. Insbes. ist kein besonderes Personal für die Ausstellung der Presseausweise an Nichtmitglieder erforderlich.

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