Dauertestamentsvollstreckung: Veranlassung der Kosten durch die Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung
BFH 8.11.2017, IX R 32/16Die Klägerin war Alleinerbin ihrer im Juni 2002 verstorbenen Mutter. Im Nachlass befanden sich zwei vermietete Mehrfamilienhäuser und umfangreiches Kapitalvermögen. Die Erblasserin hatte Testamentsvollstreckung für die Dauer von 20 Jahren angeordnet und bestimmt, dass der Testamentsvollstrecker als Vergütung für jedes Jahr 1,5 % vom Bruttonachlass erhalten sollte. Der Nachlass hatte im Zeitpunkt des Erbfalls einen Bruttowert von über 5 Mio. €. Davon entfielen 19,33 % auf den Grundbesitz und 80,67 % auf das Kapitalvermögen.
Der Testamentsvollstrecker berechnete der Klägerin von Anfang an monatlich 5.000 € zuzgl. Umsatzsteuer und bestimmte selbst den Zeitpunkt der Fälligkeit. Dadurch kam es zu unterschiedlich hohen jährlichen Belastungen. Die Klägerin machte die Vergütung des Testamentsvollstreckers als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen und bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung geltend und teilte sie zunächst (bis 2008) nach dem Verhältnis der Nachlasswerte im Zeitpunkt des Erbfalls auf. Ab 2009 begehrte sie die Berücksichtigung von 90 % der Aufwendungen bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung, da 90% der vom Testamentsvollstrecker aufgewandten Zeit auf die Verwaltung der Mehrfamilienhäuser entfallen würde.
Das FG hielt hingegen eine Aufteilung der Vergütung für die Testamentsvollstreckung nach den Wertverhältnissen im Zeitpunkt des Erbfalls für allein zutreffend. Auf die Revision der Klägerin hat der BFH das Urteil aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückverwiesen.
Gründe:
Das FG hatte die einheitliche Vergütung für die Testamentsvollstreckung zu Unrecht nach den Wertverhältnissen im Zeitpunkt des Erbfalls aufgeteilt und eine davon abweichende Aufteilung abgelehnt.
Maßnahmen der Verwaltungsvollstreckung können mit den aus dem Nachlass zu erzielenden Einnahmen in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen und je nach Einkunftsart entweder als Werbungskosten oder als Betriebsausgaben berücksichtigt werden. Da im Streitfall Dauertestamentsvollstreckung angeordnet war, bestand die Aufgabe des Testamentsvollstreckers im Hinblick auf die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in der ordnungsgemäßen Verwaltung des Nachlasses (vgl. § 2216 Abs. 1 BGB). Der Testamentsvollstrecker hatte insofern ähnliche Aufgaben wie ein Hausverwalter. Die dafür anfallenden Kosten führen daher bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zu Werbungskosten. Soweit dem Hausverwalter auch die Erhaltung der Substanz obliegt, dient dies vor allem der im Vordergrund stehenden Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung. Eine Aufteilung findet insofern nicht statt.
Entsprechendes gilt auch für die Veranlassung der Vergütung durch die Erzielung von Einkünften aus Kapitalvermögen. Auch insofern führen die Gebühren für eine Dauertestamentsvollstreckung zu Werbungskosten, die allerdings seit 2009 nicht mehr abgezogen werden dürfen (§ 20 Abs. 9 S, 1 EStG). Sind Aufwendungen durch mehrere Einkunftsarten veranlasst, sind sie nach Maßgabe ihrer jeweiligen Veranlassung auf die Einkunftsarten aufzuteilen. Ist eine anteilige Zuordnung nicht möglich, sind sie der Einkunftsart zuzuordnen, die im Vordergrund steht und die Beziehungen zu den anderen Einkünften verdrängt. Maßgebend sind insoweit die Gesamtumstände des jeweiligen Einzelfalls.
Im vorliegenden Fall war die einheitliche Vergütung für die Testamentsvollstreckung in erster Linie veranlasst durch die Höhe des Verwaltungsvermögens, denn danach richtet sich der Anspruch des Testamentsvollstreckers. Eine Aufteilung nach dem Zeitaufwand des Testamentsvollstreckers kommt dagegen ebenso nicht in Betracht wie eine Aufteilung nach der Höhe der Einkünfte. Allerdings ist der maßgebliche Veranlassungszusammenhang nicht statisch zu verstehen, sondern die Zusammensetzung des Nachlasses in jedem einzelnen Veranlagungszeitraum. zu berücksichtigen. Dabei ist auf die Verkehrswerte des im Nachlass befindlichen Vermögens abzustellen. Soweit diese Werte im Einzelfall nicht sicher genug ermittelt werden können, sind (nur) sie zu schätzen (§ 162 AO).
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