12.12.2014

Der Betrieb einer Kampfsportschule ist umsatzsteuerfrei

Umsätze aus einer Kampfsportschule sind umsatzsteuerfrei, soweit die erbrachten Leistungen der Kampfsportschule nicht lediglich den Charakter bloßer Freizeitgestaltung haben und vergleichbare Leistungen an Schulen und Hochschulen erbracht werden. Dabei sind Kurse auch dann als "Schul- oder Hochschulunterricht" im Sinne der einschlägigen EWG-Richtlinie anzuerkennen, wenn sie keinen direkten Bezug zu einem Beruf aufweisen und/oder nicht Teil einer gesetzlich geregelten Berufsaus- oder Berufsfortbildung sind.

FG Rheinland-Pfalz 9.10.2014, 6 K 2249/12
Der Sachverhalt:
Der Kläger betreibt eine Kampfsportschule, die als Betrieb zur Ausbildung zum/zur Sport- und Fitnesskaufmann/-frau und Sport- und Fitnessfachmann/-frau staatlich anerkannt ist (IHK). Der Kläger hat in den Streitjahren (2005-2008) folgende Kurse angeboten: Karate, Kickboxen, Brazilian Jiu Jitsu, Selbstverteidigung, Leitfaden für angehende Kampfsporttrainer und berufsvorbereitende Kurse für Fitness-Fachleute und Sicherheitskräfte.

Im Oktober 2010 bzw. März 2011 bescheinigte die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion Rheinland-Pfalz (ADD), dass ein Teil der Kurse (Aus-, Fort- und Weiterbildung zum/zur Sport- und Fitnesskaufmann/-frau bzw. Sport- und Fitnessfachmann/-frau sowie Selbstverteidigung und Gewaltprävention für Kinder und für Sicherheitsberufe) berufsvorbereitende und deshalb umsatzstreuerfreie Leistungen (i.S.d. § 4 Nr. 21 a, bb UStG) seien.

Das beklagte Finanzamt vertrat demgegenüber die Auffassung, dass die angebotenen Kurse nicht auf einen Beruf vorbereiten bzw. nicht zur Ausübung eines Berufes notwendig seien. Die Kurse dienten der Freizeitgestaltung von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen und seien daher umsatzsteuerpflichtig. Hiergegen richtet sich die Klage des Klägers.

Das FG gab der Klage statt. Das Urteil ist rechtskräftig.

Die Gründe:
Sämtliche Umsätze aus der Kampfsportschule sind umsatzsteuerfrei.

Es ist zwar fraglich, ob die Leistungen des Klägers nach dem UStG umsatzsteuerfrei sind. Dies kann jedoch offen bleiben, denn der Kläger kann sich unmittelbar auf die Mehrwertsteuervorschriften der EU berufen. Danach sind die Leistungen der Kampfsportschule deshalb umsatzsteuerfrei, weil sie nicht lediglich den Charakter bloßer Freizeitgestaltung haben und vergleichbare Leistungen an Schulen und Hochschulen erbracht werden.

Der EuGH legt den Begriff "Schul- und Hochschulunterricht" weit aus, weil aufgrund der unterschiedlichen Unterrichtssysteme in den Mitgliedstaaten ansonsten die Gefahr bestehen würde, dass das Mehrwertsteuersystem je nach Unterrichtssystem unterschiedlich angewendet wird. Der BFH folgt dieser Auffassung und erkennt Kurse auch dann als "Schul- oder Hochschulunterricht" im Sinne der einschlägigen EWG-Richtlinie an, wenn sie keinen direkten Bezug zu einem Beruf aufweisen und/oder nicht Teil einer gesetzlich geregelten Berufsaus- oder Berufsfortbildung sind. Damit sind alle vom Kläger in den Streitjahren angebotenen Kurse (also auch Karate, Kickboxen, Brazilian Jiu Jitsu usw.) unter die in der Bescheinigung der ADD aufgeführten Aus- und Fortbildungsmaßnahmen zu subsumieren.

Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung nochmals anschaulich ausgeführt, dass die Selbstverteidigung in jedem Kampfsportkurs, der von ihm angeboten wird, eine der Hauptkomponenten ist. Dies gilt auch für Kickboxen, das fachübergreifend für alle Kampfsportarten angeboten wird. Auch die Fitnesskurse sind mit den Kampfsportkursen inhaltlich verwoben und dienen damit auch der Selbstverteidigung und Gewaltprävention. Die vermittelten Kenntnisse in Gewaltprävention und Selbstverteidigung werden - u.a. vom Kläger selbst - in vergleichbarer Weise auch an Schulen erbracht.

FG Rheinland-Pfalz PM vom 12.12.2014
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